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Immunisierung von Hochschulpersonal: Auf der Impfstraße zurück an die Uni

Die Priorisierung wird aufgehoben, aber geplant wurde bislang nur für die Impfung von Hochschul-Beschäftigten. Doch Studierenden sollen nicht vergessen werden.

Regionale Impfzentren, sagte Berlins Regierender Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller (SPD) Ende April, würden bundesweit noch lange gebraucht. Und sprach von „großen Bevölkerungsgruppen, die wir dann auch schnell impfen wollen, wenn man an die Jüngeren denkt, die Studierenden, die Auszubildenden“.

Dieses noch sehr vage Versprechen könnte Vorbote einer Impfstrategie für Studierende sein – zumal der Weg mit der Aufhebung der Priorisierung ab Montag theoretisch frei wäre.

„Wenigstens 30 Prozent der Veranstaltungen wieder auf dem Campus!“, hatte Peter-André Alt, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), unlängst in Aussicht gestellt. Wünschenswert sei dafür „eine Situation, in der die Inzidenzen weit unten und auch Studierende bereits geimpft sind“. Weil das leider wenig wahrscheinlich sei, brauche es Testkonzept für alle, die die Uni betreten.

Mit Testzentren, die in Berlin etwa an der Technischen Universität und an der Hochschule für Technik und Wirtschaft bereits existieren, dürfte der tägliche Corona-Check weniger Probleme machen, sobald der Uni-Lockdown gelockert wird. Doch wie sieht es mit einer Impfstrategie für die Hochschulen aus?

In den USA kommt schon die Impfpflicht an Unis

In den USA haben US-Eliteuniversitäten wie Havard, Yale und Princeton, aber auch staatliche Unis eine Impfpflicht für Studierende ausgerufen, die ab Herbst auf dem Campus studieren wollen. Internationalen Gästen, die zu Hause noch nicht geimpft wurden, bietet Harvard eine Immunisierung gleich nach der Ankunft an.

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Das wäre wohl auch der Weg für die allermeisten Gaststudierenden aus Deutschland. Denn bisher hatten nur die Lehrenden und sonstigen Hochschulmitarbeitenden die staatliche Lizenz zum rettenden Pieks – mit der am 30. April erfolgten Aufnahme in die Prioritätsgruppe 3.

Gefordert wurde dies auch für die Studierenden, etwa vom stellvertretenden GEW-Vorsitzenden Andreas Keller: „Wer die Hochschulen wieder öffnen will, muss für ein Impfangebot für Beschäftigte und Studierende (...) sorgen.“ Im dritten Corona- und Online-Semester sehnten sich alle nach Präsenzstudium und einer Rückkehr zur Normalität an den Hochschulen. „Lehre und Studium leben von der persönlichen Begegnung auf dem Campus und im Hörsaal“, so Keller.

Die TU Berlin will Impfstraßen ab Mitte Juni in Betrieb nehmen

Doch jetzt sollen erst einmal die Beschäftigten der Hochschulen dran sein, so jedenfalls lauteten die Pläne vor der Aufhebung der Priorisierung. An der Technischen Universität Berlin wird bereits der Aufbau von ein bis zwei Impfstraßen und eventuell einer Drive-in-Impfstelle in Kooperation mit anderen Unternehmen geplant, die ab Mitte Juni in Betrieb genommen werden könnten.

„Die Impfungen sollen durch unseren betriebsärztlichen Dienst erfolgen“, erklärt eine TU-Sprecherin auf Anfrage. Bei rund 8000 Beschäftigten sei davon auszugehen, dass bis zu 50 Prozent bereits die erste Impfung bekommen haben – und auch die zweite außerhalb der Uni bekommen. Das kalkulierte Impfaufkommen an der TU selber liege dann bei zwei mal 3000 Impfungen.

Vor dem Hauptgebäude der TU Berlin steht ein Zelt, in dem ein Testzentrum eingerichtet wurde.
Ein Testzentrum existiert an der Technischen Universität Berlin bereits, Impfstraßen sollen folgen.
© Felix Noak/TUB

Wer schon vor Mitte Juni/Anfang Juli sein Impf-Glück bei Hausärzt:innen und in den Impfzentren des Landes Berlin versuchen will, bekommt an der TU und an der Humboldt-Universität seit der ersten Maiwoche eine Arbeitgeberbescheinigung als Nachweis der Zugehörigkeit zur Priorisierungsgruppe 3. Ähnlich ist es dem Vernehmen nach auch an den anderen Berliner Hochschulen.

Ziel des Senats: Impfangebote für alle an den Hochschulen

Offen seien dagegen noch die Planungen für die Studierenden, teilte die TU-Sprecherin am Mittwoch mit. Der betriebsärztliche Dienst sei nur für die Beschäftigten zuständig, gleichwohl solle mit der Senatsverwaltung geklärt werden, „ob den Hochschulen beim Impfen der Studierenden eine Rolle zukommen soll“.

Die TU jedenfalls würde „sehr gerne dabei unterstützen, um so auch wieder mehr sichere Präsenz auf dem Campus zu ermöglichen“. Aus der Senatskanzlei Wissenschaft heißt es dazu: „Ziel ist es, Hochschulbeschäftigten und Studierenden im Rahmen der geltenden Vorgaben möglichst schnell ein Impfangebot machen zu können.“ Zu allen damit verbundenen Fragen stimme man sich derzeit mit der Gesundheitsverwaltung ab.

[Bleibt für die Jugend nur noch Astrazeneca? Lesen Sie auch diesen T+-Text(€): "Ich habe das Gefühl, dass wir als Generation komplett vergessen werden"]

Damit aber auch nur die Impfkampagne für die Beschäftigten anlaufen kann, muss ausreichend Impfstoff her. Die Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten der Hochschulen (LKRP) hat sich deshalb mit der Bitte an Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) gewandt, den Betriebsärzt:innen ab Anfang Juli ausreichend Impfstoff zur Verfügung zu stellen, sagt ein Sprecher der Humboldt-Uni, deren Präsidentin derzeit den LKRP-Vorsitz führt. Das müsse dann alsbald auch für die Studierenden gelten: „Alle Hochschulen wollen, dass die Studierenden nicht vergessen und schnell geimpft werden, damit sie endlich in die Seminarräume und Labore zurückkehren können.“

Die Hälfte der Medizinstudierenden ist schon geimpft

Allerdings warten nicht mehr alle Studierenden händeringend auf ihre Impfdosen. Aufgrund von chronischen Erkrankungen konnten sich bereits etliche immunisieren lassen. Laut der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks von 2016 sind sieben Prozent gesundheitlich eingeschränkt. Hinzu kommen jene, die sich um Pflegebedürftige kümmern und ihre Impfpriorität wahrgenommen haben.

Am höchsten ist die Impfquote laut "Ärzteblatt" mit 50 Prozent unter Medizinstudierenden, wie eine Blitzumfrage des Marburger Bunds unter den 5000 studentischen Mitgliedern im April ergab. Sie erhalten Impfungen, wenn sie etwa am Krankenbett hospitieren und in Krankenhäusern – vielfach auch auf Corona-Stationen – arbeiten.

Die Impfbereitschaft unter Studierenden liegt nach einer internationalen Umfrage des britischen Bildungsunternehmens Quacquarelli Symonds (QS) bislang bei 68 Prozent, wie „Forschung&Lehre“ berichtet. Befragt wurden mehr 100 000 Studierende aus 191 Ländern.

Die Chance, mit der allgemeinen Freigabe aller Impfstoffe in der allernächsten Zeit tatsächlich immunisiert zu werden, könnte diese Quote in Deutschland sicher noch erhöhen. Dann könnten sich allein in Berlin knapp 200 000 Studierende ihr lange entbehrtes studentisches Leben zurückholen.

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