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Sonnige Aussichten? Die TU Berlin diskutiert über die Viertelparität. Gelingt es, die Professorinnen und Professoren zu entmachten, könnte sie sich bald mit endlosen Debatten lähmen.
© TU Berlin/Dahl

Die TU Berlin und die Viertelparität: Muffige Talare gibt’s längst nicht mehr

An der TU Berlin will man die Professoren entmachten – das ist überflüssig und riskant. Ein Kommentar

An der TU Berlin geht es „sehr undemokratisch“ zu, hat neulich ein Studierendenvertreter der Uni erklärt. 31.000 Studierende hätten gerade mal zehn von 61 Stimmen im Erweiterten Akademischen Senat, während nur 400 Professoren 31 Stimmen hätten. Diese Machtfülle werde den Professoren übertragen, obwohl es unter ihnen vielleicht mehr „Vollpfosten“ als in der Normalbevölkerung gebe, wie sogar ein TU-Professor in der Debatte argwöhnte.

Also fordert nun ein Teil der Gremienmitglieder die Entmachtung der Professoren. Alle vier Gruppen sollen die gleiche Stimmenzahl haben, wenn der Präsident oder die Präsidentin gewählt wird. Am 6. Juli soll der Beschluss gefasst werden. Gut möglich, dass es so kommt. Denn mehreren Professorinnen und Professoren ist es peinlich, bei Abstimmungen privilegiert zu werden. Sie wollen darum bei ihrer Entmachtung mithelfen.

Staatliche Hochschulen sind Behörden - kein demokratischer Staat in Miniaturausführung

Aber müssen Professoren sich wirklich als schlechte Demokraten fühlen, weil sie die Mehrheit in den Unigremien haben? Überhaupt nicht! Denn Unis sind ja kein kleiner Staat im Staat. Sie müssen das demokratische System keineswegs in Miniaturausführung in sich abbilden. Vielmehr sind staatliche Hochschulen nachgeordnete Behörden, denen im Gemeinwesen bestimmte Aufgaben zugewiesen werden: nämlich für die höhere Bildung zu sorgen und die Forschung voranzubringen. Die Hochschulen müssen so verfasst sein, dass sie ihre Aufgaben erfüllen können – und so, dass die garantierte Freiheit der Wissenschaft so wenig wie möglich eingeschränkt wird.

Zweckmäßig ist es dabei ganz sicher, wenn Professoren bei Fragen von Forschung und Lehre besonderen Einfluss nehmen können. Schließlich haben sie sich dafür qualifiziert, weshalb der Staat diesen Beamten besonders viel Verantwortung für seine Unis überträgt.

Allmächtige Ordinarien sind zu Recht abgeschafft worden

Die allmächtigen Ordinarien, die in miefigen Talaren von thronartigen Lehrstühlen herab regieren, sind aber zu Recht vor fünf Jahrzehnten abgeschafft worden. Seit der Einführung der Gruppenuniversität bringen Studierende und Mitarbeiter ihre Perspektiven ebenfalls zur Geltung. Überstimmt werden können sie von den Professoren nur, wenn diese mit einer Stimme sprechen – was selten vorkommt. Zusätzlich entmachtet wurden die Professoren seit den Neunzigern durch neue Kuratorien, in denen externe Mitglieder wichtige Entscheidungen treffen.

Interessenkonflikte sollten nicht auf die Spitze getrieben werden

Als Ziel für Klassenkämpfer taugen die Professoren also nicht mehr. Das Bestreben linker Gruppen an der TU, die rechtlichen Spielräume zu testen, wirkt darum aus der Zeit gefallen. Haben sie dennoch Erfolg, könnte die TU wieder politisiert werden. Sie wird es bei der viertelparitätischen Präsidiumswahl vermutlich nicht belassen und sich bald mit Debatten über die Grundordnung lähmen.

Zwischen Gruppen und Personen an einer Uni wird es immer Interessenkonflikte geben. Es ist gut, sie nicht auf die Spitze zu treiben. Als übertrieben muss darum auch der aktuelle Vorstoß von TU-Präsident Christian Thomsen gelten: Die Amtszeit des Präsidenten soll von vier auf sechs Jahre angehoben werden, eine Dauer, die nicht mal dem Bundespräsidenten vergönnt ist. So gibt man den Freunden der Viertelparität noch neue Nahrung.

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