Computereinsatz in der Schule: Lehrkräfte glauben nicht an digitale Medien
Schüler fühlen sich durch digitales Lernen aktiviert, Lehrer dagegen überfordert. Eine Bertelsmann-Umfrage zeigt, wo es bei der Digitalisierung hakt.
Wenn es um die Nutzung von Computern und Laptops in der Schule geht, liegen Welten zwischen den Einstellungen von Lehrerinnen und Lehrern und ihren Schülern. Nur knapp ein Viertel (23 Prozent) der Lehrkräfte glaubt, digitale Medien könnten dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche besser lernen.
Die allermeisten Schülerinnen und Schüler dagegen sind von den für sie nicht mehr ganz so „neuen Medien“ überzeugt: 80 Prozent glauben, dass Lernvideos, Internetrecherchen und Präsentationsprogramme sie aktiver und aufmerksamer machen. Das geht aus dem am Freitag veröffentlichten „Monitor digitale Bildung“ der Bertelsmann-Stiftung hervor. Befragt wurden rund 2000 Schüler, Lehrkräfte, Schulleitungen sowie Experten aus Politik und Verwaltung.
Nur zehn Prozent der Lehrkräfte setzen digitale Lernspiele ein
Auf den von den Schülern gewünschten vielseitigeren Einsatz digitaler Medien warten die meisten von ihnen bislang vergebens. Lern-Apps, Lernspiele oder Simulationen setzen nicht einmal zehn Prozent der Lehrkräfte im Unterricht ein. Die Mehrzahl der Schulen sei dafür auch gar nicht ausgerüstet, kritisiert die Bertelsmann-Stiftung, es fehle an Geräten und Internet-Anschlüssen. Trotzdem erlauben es 62 Prozent der Schulen den Schülerinnen und Schülern nicht, eigene Smartphones und Laptops im Unterricht zu benutzen.
Dass Deutschlands Schulen bei der Digitalisierung im internationalen Vergleich abgehängt sind, zeigt auch eine am Donnerstag von der Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlichte Expertise. Birgit Eickelmann, Professorin für Schulpädagogik an der Universität Paderborn, stellte aber auch fest, dass sich die Bundesländer mit neuen Vorhaben von E-Learning Plattformen bis zu Lehrplänen für das digitale Lernen „auf den Weg gemacht“ haben. Nach dem ebenfalls am Donnerstag veröffentlichten ifo-Bildungsbarometer wünscht sich die überwältigende Mehrheit der Deutschen in der Digitalisierung der Schulen einen Sprung nach vorne.
Klagen über unzureichende Medientechnik und IT-Support
Mit der technischen Ausstattung ihrer Schulen unzufrieden sind der Bertelsmann-Umfrage zufolge auch die Lehrkräfte: 74 Prozent klagen über unzureichende Medientechnik, 62 Prozent vermissen professionellen IT-Support. An jeder fünften Schule gibt es der Befragung zufolge nicht einmal WLAN.
Bessere Technik erhoffen sich die meisten Lehrkräfte und Schulleitungen aber nicht etwa für den Einsatz im Unterricht. 81 beziehungsweise 88 Prozent sehen die Chancen des digitalen Wandels vor allem darin, „administrative Aufgaben besser bewältigen zu können“, heißt es. Und nur acht Prozent der Direktorinnen und Direktoren setzen sich Digitalisierung als strategisches Ziel für die Entwicklung ihrer Schule. Gleichwohl sind etwa 70 Prozent der Pädagogen davon überzeugt, dass digitale Medien die Attraktivität ihrer Schule steigern werden. Und 90 Prozent rechnen mit Digitalisierung als festem Bestandteil der Lehrerausbildung.
Die wenigsten Lehrkräfte sind selber versierte Nutzer
Woher kommt diese Ambivalenz? Die Pädagogen würden die Digitalisierung „vor allem als zusätzliche Herausforderung wahrnehmen“, erklärt die Bertelsmann-Stiftung. So verstehen sich nur 15 Prozent der Lehrkräfte selber als „versierte Nutzer“ digitaler Medien. Andererseits heißt es, dass digitales Lernmaterial - Open Educational Resources (OER) - von vielen genutzt wird, am liebsten, wenn es kostenlos ist.
Knapp die Hälfte der Lehrkräfte klage aber über den großen Zeitaufwand bei der Suche nach geeignetem Material. Deshalb fordert die Stiftung eine deutschlandweite Plattform für gutes Lernmaterial. Tatsächlich wird die Entwicklung einer solchen zentralen „Schul-Cloud“ durch das Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam bereits vom Bundesbildungsministerium mit einer Million Euro gefördert. Ab diesem Sommer sollen in der ersten Pilotphase 26 ausgewählte Schulen die Cloud testen.
Digitales als "Pflichtprogramm" im Studium
Auch an den Haltungen und Kompetenzen der Lehrkräfte müsse noch gearbeitet werden, resümiert die Bertelsmann-Stiftung. Deshalb sollte der Einsatz digitaler Medien zum Pflichtprogramm im Lehramtsstudium und in der Weiterbildung gehören, erklärte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung.
Mit dem „Monitor digitale Bildung“ sondiert die Stiftung auch ein wichtiges Geschäftsfeld des Bertelsmann-Konzerns. Die 2016 gegründete „Bertelsmann Education Group“ etwa hat zahlreiche Bildungsanbieter hinzugekauft, vor allem solche, die auf digitale Bildung spezialisiert sind.