Zahnersatz: Längeres Leben für künstliche Zähne
Zahnimplantate sind aufwändig und teuer. Marburger Wissenschaftler haben untersucht, was ihnen ein dauerhaftes Dasein in der Mundhöhle ermöglicht.
Der Patient sitzt bleich und mit Zahnschmerzen im Behandlungsstuhl. Gleich wird ihm der Zahnarzt einen Zahn ziehen. Doch was passiert anschließend mit der Lücke? Etwa eine Million dieser Lücken werden jährlich durch künstliche Zahnwurzeln, Implantate genannt, gefüllt, Tendenz steigend. Darauf befestigen die Zahnmediziner Kronen, Brücken oder herausnehmbaren Zahnersatz.
Implantate einsetzen ist mittlerweile Routine. Das Implantat wird dabei anstelle des Zahnes im Kieferknochen verankert. Das kann entweder sofort passieren oder aber erst nach drei bis vier Monaten, um eine möglichst große Anfangsstabilität für das Implantat zu erzielen. Die meisten Patienten haben die Erwartung, dass sie nun für wenigstens 20 Jahre ihre Ruhe haben. Doch bei 20 bis 40 Prozent der Zahnimplantate treten fünf Jahre nach der Eingliederung des Implantats geringe bis erhebliche Komplikationen wie Entzündungen auf. Mitunter kommt es sogar zum Implantatverlust. Das kann direkt nach dem Einsetzen des Implantats oder Jahre später passieren.
Wären die Ursachen hierfür genau bekannt, könnte der Langzeiterfolg der Zahn-Implantate verbessert werden. Der Zahnmediziner Reiner Mengel vom Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität Marburg und seine Kollegen fanden heraus, dass es zu einem frühen Implantatverlust kommt, wenn keine Verbindung zwischen Kieferknochen und Implantat entsteht. Das kann die Folge einer bakteriellen Infektion, Überbelastung des Implantats oder einer schlechten Knochenqualität sein.
Häufig wird das Implantat zu stark belastet
Bei einem späten Verlust sei es dagegen so, dass das Einheilen zunächst gut verlaufe. Aufgrund großer bakterieller Belastung im Weichgewebe könnte es dann aber zu Knochenabbau kommen. „Häufig wird das Implantat durch den Zahnersatz überbelastet“, warnt Mengel. Schuld sei die direkte Verbindung zwischen Implantat und Knochen. „Beim natürlichen Zahn passiert das nicht, weil der Zahn Bindegewebsfasern um sich herum hat. Auf Druck reagiert er mit Schwingungen. Die Kräfte werden dank des Bindegewebes auf den Kieferknochen umverteilt. Beim Implantat sind die Kräfte dagegen direkt auf dem Implantat wirksam“, erläutert der Zahnmediziner.
Mengel und sein Team können auf Daten von mittlerweile 400 Implantat-Patientinnen und -Patienten der Marburger Zahnklinik zugreifen. Dabei wurden auch Informationen zu Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahmen, Rauchverhalten und Knochendichte mit abgespeichert ebenso wie die Ergebnisse regelmäßiger Nachuntersuchungen. In Kürze soll eine Studie erscheinen, die für diese 400 Datensätze zu etwa den gleichen Ergebnissen gekommen ist wie eine bereits 2012 veröffentlichte Studie der Marburger Zahnmediziner mit 53 Patienten. Fünf Jahre nach der Implantat-Eingliederung lag die Überlebensrate der Implantate bei Patienten ohne Zahnfleischentzündung (Parodontitis) bei 100 Prozent. Bei der Gruppe mit Parodontitis waren es 96 Prozent.
Schlechte Mundhygiene lässt Implantate locker werden
„Je fortgeschrittener die Parodontitis ist, desto höher das Risiko von Entzündungen am Implantat. Bei 56 Prozent der Implantate lag eine Entzündung des Weichgewebes vor und bei 26 Prozent ein zusätzlicher Knochenabbau, eine Peri-Implantitis“, sagt Mengel. Durch eine verbesserte Mundhygiene ließe sich beides gut behandeln.
Für die Zahnmediziner stehen die Risiken für Probleme bis hin zum Implantatverlust fest, denn bakterielle Infektionen sind Folge schlechter Mundhygiene. Besonders am Übergang zwischen Weichgewebe und Implantat sollten keine bakteriellen Beläge (Plaque) vorhanden sein. Typ-2-Diabetes (Alterszucker), rheumatische Erkrankungen, Leber- und Nierenleiden, manche Medikamente, Stress und Rauchen beeinflussen die Immunabwehr negativ, was bakterielle Infektionen fördert. Auch Osteoporose könnte aufgrund der verringerten Knochendichte das Implantat lockern. „Auch die Behandler können das Risiko für einen Implantatverlust erhöhen“, sagt Mengel. „Und zwar dann, wenn der prothetische Zahnersatz so konstruiert und eingesetzt wird, dass er für den Patienten nicht zu reinigen ist.“ Bakterien können sich ungehemmt vermehren und verursachen Entzündungen.
Ein Bluttest kann klären, ob ein Diabetes vorliegt
Patient und Zahnarzt sollten alles tun, um das Risiko für Komplikationen und Implantatverlust von vornherein zu vermeiden. „Der Behandler muss diese Risikofaktoren vorab genau erfassen und den Patienten aufklären." Es könne ratsam sein, dass der Patient seine Blutwerte untersuchen lässt, um Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes auszuschließen.
Ist die Mundhygiene schlecht, setzt Mengel keine Implantate ein. Er rät allen Patienten, den Behandler danach zu fragen, über wie viel Erfahrung er beim chirurgischen Einsetzen und prothetischen Versorgen eines Implantats verfügt. Weiterhin muss er ausführlich über die Alternativen von Implantatversorgungen aufklären. Und seinen Studenten versucht er frühzeitig nahezubringen, wie wichtig die Prävention von Entzündungen im Zahn- und Implantatbereich ist.
Gerlinde Felix
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