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Robben sind auch in kalten Gewässern sehr agil, weil sie einen Großteil der Energie, die sie durch Nahrung aufnehmen, nutzen, um ihren Körper aufzuheizen.
© dpa

Erwärmung der Meere: Körperheizung beeinflusst Artenvielfalt

Wal- und Robbenarten in kalten Meeren setzen viel Energie in Körperwärme um. Erwärmt sich das Wasser, schwindet ihr Vorteil gegenüber wechselwarmen Tieren.

Die Artenvielfalt ist in warmen Regionen am höchsten – diese Regel wird durch das üppige Leben in tropischen Korallenriffen oder Regenwäldern bestätigt. Zwei Tiergruppen halten sich allerdings nicht daran: Säugetiere und Vögel. Etliche Arten von Robben und Walen, Pinguinen und Alkenvögeln leben im eisigen Wasser um den nördlichen und südlichen Polarkreis, während sie sich in den wärmeren Meeren rar machen. Jetzt haben John Grady von der Michigan State University in East Lansing (USA) und seine Kollegen die Ursache dieser regelwidrigen Artenverteilung untersucht. Sie untersuchten 998 Arten von im Meer lebenden Säugetieren und Vögeln sowie Haien, großen Knochenfischen und Seeschlangen und fanden heraus, dass Vögel und Säugetiere in kalten Gewässern deshalb so artenreich sind, weil sie einen entscheidenden Vorteil haben: Sie können ihre Körpertemperatur gleichmäßig warm halten und sind daher agiler als die wechselwarme Konkurrenz, etwa Fische, schreiben die Forscher im Fachblatt "Science".

Vögel und Säugetiere nutzen ein Grundprinzip: Mit steigenden Temperaturen reagieren Biomoleküle schneller und arbeiten Enzyme besser, Muskeln ziehen sich schneller zusammen und ermöglichen so raschere Bewegungen. Da auch das Nervensystem auf höheren Touren läuft, können wärmere Tiere schneller reagieren. Säugetiere und Vögel haben also gute Gründe, ihren Körper aktiv warm zu halten.

Grönlandhaie laufen auf Sparflamme

Die allermeisten anderen Tiere regulieren ihren Wärmehaushalt dagegen über ihr Verhalten: Um auf Betriebstemperatur zu kommen, sonnen sich Eidechsen und Schlangen morgens erst einmal ausgiebig, bevor sie auf die Jagd gehen. In tropischen Gefilden heizt das Wasser den Organismus von Fischen oder Meeresschildkröten auf.

Dagegen bleibt der Organismus der Fische im kalten Polarmeer kühl, die Tiere bewegen sich eher träge. Anders als ihre Verwandtschaft in den Tropen schwimmen Grönlandhaie daher gemächlich durch das Nordpolarmeer und erwischen so allenfalls schlafende oder tote Robben. "Dieser Lebensstil hat durchaus seine Vorteile", sagt Timo Moritz, Kurator für Fische am Deutschen Meeresmuseum in Stralsund. Bei tiefen Temperaturen laufe der Körper auf Sparflamme. Grönlandhaie brauchen daher so wenig Energie, dass sie monatelang ohne Mahlzeit auskommen. "Grönlandhaie können mit dieser Gemächlichkeit einige Jahrhunderte alt werden und entpuppen sich so als Erfolgsmodell der Evolution", sagt Moritz.

Den Körper aufzuheizen braucht viel Energie

Säugetiere und Vögel setzen dagegen einen großen Teil ihrer Energievorräte ein, um ihren Körper zu heizen und auf einer konstanten Betriebstemperatur zu halten. Diese Investition zahlt sich in kalten Gewässern gleich doppelt aus: Zum einen haben Robben oder Seevögel gute Chancen, den trägeren kalten Räubern zu entkommen, zum anderen erwischen sie reichlich Arten mit gemächlichem Lebensstil, etwa Fische oder Tintenfische. In tropischen Gewässern hingegen wirkt sich die Körperheizung nicht als Vorteil gegenüber der wechselwarmen Konkurrenz aus, die dort wegen der höheren Außentemperatur ebenfalls sehr agil sein kann.

Für die eingebaute Klimaanlage zahlen Wale, Robben und Pinguine allerdings einen hohen Preis. "Sie benötigen viel Beute, um ihre hohe Körpertemperatur zu halten", sagt Moritz. Da kleine Körper relativ viel dieser Wärme durch die verhältnismäßig große Oberfläche verlieren, sind im kalten Meer große Säugetiere und Vögel klar im Vorteil. Bezahlt aber werden beide Eigenschaften mit viel Energie. "An das Leben im Meer angepasste Säugetiere und Vögel leben daher vor allem in nährstoffreichen Gewässern, in denen reichlich Beute schwimmt", sagt Moritz.

Das bedeutet auch: Wenn, wie der Weltklimarat IPCC befürchtet, die Temperaturen bis zum Jahr 2100 um zwei bis drei Grad Celsius steigen, sinken Nährstoffgehalt und Nahrungsangebot in diesen Gewässern. Bereits ein Grad höhere Temperaturen dürften die Häufigkeit der Robben um 24 Prozent reduzieren, rechnen Grady und Kollegen aus.

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