Hochschulen: Wer das Studium in Berlin abbricht
Tausende verlassen Berlins Hochschulen vor dem Examen – aus vielen Gründen. Doch wie viele davon sind echte Studienabbrecher, wer wird sogar zwangsexmatrikuliert?
Um „Zwangsexmatrikulationen“ gibt es immer wieder Streit. Vor allem Studierendenvertreter wehren sich dagegen, dass Kommilitonen von der Uni geworfen werden, die zu lange studieren und dabei ihre Leistungsauflagen nicht erfüllen. Jetzt zeigt eine neue Statistik, dass die Berliner Hochschulen nur selten zu dieser Maßnahme greifen. So wurden an der Freien Universität im Studienjahr 2016 nur 18 Studierende „von Amts wegen durch abschließend nicht bestandene Prüfungen“ exmatrikuliert, wie es offiziell heißt. Bei mehr als 35 000 FU-Studierenden entspricht das einem Promilleanteil. Das geht aus der Antwort der Wissenschaftsverwaltung auf eine Anfrage des Abgeordneten Adrian Grasse (CDU) hervor.
An den anderen Hochschulen, von denen Zahlen vorliegen, kamen Zwangsexmatrikulationen etwas häufiger vor. An der TU gab es 2015 genau 80 solcher Fälle (für 2016 liegt nur die Zahl fürs Sommersemester vor: 46). An der Beuth-Hochschule waren es im vorvergangenen Jahr 172. An der TU verdoppelte sich die Zahl der Zwangsexmatrikulationen zwischen 2007 und 2015, während sie an der FU in dem Zeitraum um mehr als zwei Drittel zurückging.
Nur wenige Zwangsexmatrikulationen
Die Zwangsexmatrikulierten machen damit nur einen kleinen Anteil derjenigen aus, die insgesamt die Unis ohne Abschluss verlassen. Diese Zahlen gehen pro Jahr in die Tausende. So verließen die FU im vergangenen Jahr 3590 Studierende ohne Abschluss. An der HU waren es 2078, an der TU sogar 6886 (die Zahl bezieht sich auf das Jahr 2015). Die Beuth-Hochschule verzeichnete im Studienjahr 2015/16 860 Studierende ohne Abschluss, bei über 13 000 Studierenden.
Brechen also Tausende in Berlin jährlich ihr Studium schon vor der Zwangsexmatrikulation ab? Ganz so einfach lassen sich die Zahlen nicht interpretieren. Laut Auskunft der Wissenschaftsverwaltung handelt es sich nämlich längst nicht nur um Studienabbrecher. Manchmal stecke ein Wechsel an eine andere Uni dahinter oder eine Unterbrechung des Studiums. Die Gründe sind auch deshalb schwierig auszumachen, weil sie statistisch nicht immer erfasst werden. Das geht nur dann, wenn die Exmatrikulation auf Antrag der Studierenden erfolgt. Viel öfter würden sich Studierende aber nicht mehr zurückmelden. Unis exmatrikulieren sie dann, ohne mit ihnen in Kontakt zu treten. Auch darunter sind einige, die die Unis ansonsten wegen nicht bestandener Prüfungen herausgeworfen hätten. Umgekehrt melden sich manche Studierende aber auch dann nicht zurück, wenn sie nur noch auf ihre Abschlussnote warten.
Bundesweit liegt die Abbrecherquote bei 28 Prozent
Wie diffus die Lage ist, zeigt sich an den Zahlen der TU. Von den 6886 Exmatrikulierten gaben 604 explizit an, sie hättet ihr Studium ohne Abschluss beendet. 1004 wechselten an eine andere Uni, 111 unterbrachen ihr Studium. 132 nahmen ihr Studium gar nicht erst auf, 892 nannten andere Gründe. 4047 wurden exmatrikuliert, weil die Rückmeldung nicht vorlag. Die TU schätzt, dass unter diesen wiederum bis zu einem Viertel „echte Studienabbrecher“ sind. Der Rest bleibe im Hochschulsystem.
Aus der FU wollten von den 3590 Exmatrikulierten 748 ihr Studium woanders fortsetzen. 381 gaben an, ihr Studium weiterführen zu wollen, ohne konkreter zu sagen wo und wann, 86 unterbrachen ihr Studium. Bei 1013 Studierenden fehlten die Unterlagen zur Rückmeldung. Aus der HU liegen keine differenzierten Zahlen vor.
Erkenntnisse, wie viele bundesweit abbrechen, gibt es aus Studien des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung. Demnach liegt die Abbrecherquote in Deutschland bei 28 Prozent. Die Wissenschaftsverwaltung verweist auf Angaben des Statistischen Bundesamtes. Demnach liege die Erfolgsquote in Berlin bei 83 Prozent – also über dem Bundesschnitt.