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Charles Darwin heiratete seine Cousine Emma Wedgwood - und war in Sorge, ob ihre Kinder dadurch Nachteile hätten.
© picture-alliance/dpa

Kinder eng verwandter Eltern: Inzucht macht nicht krank, aber kleiner

Wenn nah verwandte Erwachsene zusammen Kinder bekommen, wird viel über mögliche Folgen diskutiert. Eine große Studie mit mehr als 350.000 Menschen bringt etwas Licht ins Dunkel.

So penibel wie Charles Darwin Argumente für seine Evolutionstheorie sammelte, so listete er auch Gründe für seine bevorstehende Heirat auf: „Jemand zum Liebhaben, besser als ein Hund, eigenes Heim und jemand, der den Haushalt führt.“ Auf der Negativ-Seite verbuchte der Freizeitforscher lästige Verwandtenbesuche. Und vor allem machte er sich Sorgen, dass die nahe Verwandtschaft zu seiner Zukünftigen, seiner Cousine Emma Wedgwood, die Gesundheit eventueller Kinder beeinträchtigen würde.

Nachkommen denken etwas langsamer

Eine Studie an mehr als 350 000 Menschen bestätigt Darwins Befürchtungen nicht. Bekannt ist, dass Nachkommen eng verwandter Eltern ein höheres Risiko haben, an einer sonst seltenen Erbkrankheit zu erkranken. Im Durchschnitt sind sie auch 1,2 Zentimeter kleiner, denken etwas langsamer und haben statistisch 10 Monate weniger Ausbildung, stellte das Team um Jim Wilson von der Universität Edinburgh fest. Aber die genetische Eintönigkeit im Erbgut von Menschen mit nah verwandten Eltern erhöhte das Risiko für komplexe, von vielen Genen beeinflusste Erkrankungen nicht, schreiben die Forscher im Fachblatt „Nature“. Beispielsweise sei kein Effekt auf den Bluthochdruck, Cholesterinwerte und andere Faktoren messbar, die zu Herzkreislauferkrankungen führen können.

Drei von Darwins Kindern erreichten das Erwachsenenalter nicht

Das steht im Widerspruch zu bisherigen Studien. So fand beispielsweise eine Analyse der Familien Darwin und Wedgwood einen Zusammenhang zwischen Verwandtenehen und der Kindersterblichkeit. Allein von Darwins zehn Kindern erreichten drei das Erwachsenenalter nicht. Doch die Analyse zog keine Erbgutdaten heran und beschränkte sich auf diese zwei Familien.

Die „Nature“-Studie analysierte hingegen das ganze Erbgut von Hunderttausenden von Menschen aus vier Kontinenten, um zwischen einem Zusammenhang zwischen Inzucht und einem Dutzend krankheitsbezogener und anderer Merkmale wie Größe oder Intelligenz zu suchen. Anhand der Verteilung von 250 000 variablen Erbgut-Bausteinen konnten die Forscher messen, wie viele von Mutter und Vater geerbte Erbgutabschnitte eines Menschen identisch sind und so auf den Verwandtschaftsgrad der Eltern schließen. Auf Merkmale wie Größe, Lungenvolumen, kognitive Fähigkeiten und Bildungsstand wirke sich enge Verwandtschaft der Eltern demnach negativ aus, schlussfolgern die Forscher. Ein Zusammenhang mit komplexen Krankheiten sei aber nicht zu erkennen. Für Darwin kommt diese Beruhigung seiner Sorge allerdings 133 Jahre zu spät.

Sascha Karberg

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