Neue Diskussion um Studiengebühren: HRK-Chef will Studierende wieder zur Kasse bitten
Der Chef der Hochschulrektoren, Horst Hippler, fordert die Rückkehr der Studiengebühren - offenbar im Alleingang. Zugleich legt eine Studie nahe, dass Gebühren doch abschreckend wirken.
Kaum sind die Studiengebühren auch im letzten Bundesland abgeschafft, stehen sie wieder zur Diskussion. Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, hat sich gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitagsausgabe) für ihre Wiedereinführung ausgesprochen. Angesichts der unzureichenden Ausstattung der Hochschulen könnten Studienbeiträge „sinnvoll die staatliche Finanzierung ergänzen“.
Politiker aus SPD und Union widersprachen Hippler. Ernst Dieter Rossmann, Sprecher der SPD-Arbeitsgruppe Bildung und Forschung im Bundestag, teilte mit, in zahlreichen Bundesländern hätten die Menschen Studiengebühren zu Recht eine Absage erteilt.
Es sei „Augenwischerei“ zu behaupten, Studiengebühren könnten die Grundfinanzierung der Hochschulen wesentlich verbessern. Dazu solle vielmehr die geplante Abschaffung des Kooperationsverbots führen. Die Grundgesetzänderung ermögliche „gemeinsame Kraftanstrengungen von Bund und Ländern“. Bayerns Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU) sagte: „Wir haben eine gesamtgesellschaftliche Debatte geführt, am Ende stand das Ergebnis, dass die Allgemeinheit und nicht einzelne Familien das Studium bezahlen.“ Svenja Schulze (SPD), Wissenschaftsministerin in NRW, sprach von einem „Versuch, ein erledigtes Thema aufzuwärmen".
Auch der Studierendenverband fzs kritisierte Hipplers Vorstoß: „Die Zivilgesellschaft hat sich eindeutig gegen Bildungsgebühren positioniert.“
Hippler beruft sich auf zehn Jahre alte HRK-Beschlüsse
Offenbar handelt es sich um einen Alleingang des HRK-Chefs. Einen aktuellen Beschluss des HRK-Senats, der in der vergangenen Woche in Bonn getagt hatte, oder der Mitgliederversammlung gebe es nicht, sagte ein HRK-Sprecher auf Anfrage. Hippler könne sich auf Beschlüsse des HRK-Plenums von 2004 und 2005 stützen. Damals hatten sich die Rektoren angesichts einer „unzureichenden Hochschulfinanzierung“ für „sozialverträgliche“ Gebühren ausgesprochen. In den ersten drei Jahren sollten 500 Euro pro Semester erhoben werden, danach solle jede Hochschule selbst entscheiden, ob und in welcher Höhe sie Gebühren verlangt. Eingeführt wurden sie dann ab 2005 in sieben westdeutschen Ländern. Mit Niedersachsen verabschiedete sich zu diesem Wintersemester das letzte Gebührenland vom Bezahlstudium.
In der „SZ“ spricht sich neben Hippler auch Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, für Gebühren aus. Als Hamburger Wissenschaftsenator führte er 2006 Studiengebühren ein. Der Bochumer Ökonomie-Professor Stefan Winter plädiert für nachgelagerte Gebühren, die nur gutverdienende Absolventen zahlen müssten, Hippler stimmt ihm zu.
"14 Prozent verzichteten aufgrund von Gebühren auf das Studium"
Unterdessen verweist eine neue Studie darauf, dass Studiengebühren Abiturienten aus bildungsfernen Elternhäusern vom Studium abhalten. Anna Kroth, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), untersucht für die Jahre 2005 bis 2008 den Einfluss von Studiengebühren auf die Studienaufnahme. Demnach hätten etwa 14 Prozent der Studienberechtigten aus nicht-akademischen Familien aufgrund von Studiengebühren auf ein Studium verzichtet, schreibt Kroth. Nach der Ankündigung von Studiengebühren 2005 sei die Studierquote in den betroffenen Ländern gesunken.
Kroth war bereits gemeinsam mit dem WZB-Mitarbeiter Marcel Helbig an einer Studie von 2012 beteiligt, die zu dem gegenteiligen Schluss gekommen war, dass Gebühren sich ungeachtet der Herkunft der Abiturienten eben nicht negativ auswirkten. Damals sei die Studierneigung untersucht worden, jetzt frage sie dagegen nach der tatsächlichen Studienaufnahme, betont Kroth.
Amory Burchard
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