Gastbeitrag: Hochschulen für ein neues Europa
Ohne Bildung und Kultur wird die EU ihre Probleme nicht lösen können. Ein Gastbeitrag von Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK)
Die EU ist auf der Suche. Nach neuen politischen Lösungen und Formen der Zusammenarbeit und nach dem, was sie „im Innersten zusammenhält“. Dabei ist das Thema „Bildung und Kultur“ erfreulicherweise in den Suchscheinwerfer der hohen EU-Politik geraten. Dafür steht der jüngste Beschluss des Europäischen Rates.
Die Union spielt auf diesem Gebiet nur eine „wichtige ergänzende und unterstützende Rolle“, wie es im Protokoll des Rates zu Recht heißt. Doch wenn es im europäischen Treppenhaus qualmt, fragen kluge Bewohner nicht danach, wer diese Woche für seine Pflege zuständig ist, sondern packen alle mit an – jeder nach seinen Begabungen und jeder gemäß seinen Kompetenzen und mit einem gemeinsamen Ziel vor Augen. Denn wie wollen wir die Probleme der EU ernsthaft ohne Bildung und Kultur lösen? Hier sollten auch die deutschen Länder, die sonst mit sehr berechtigter Skepsis den ökonomistischen Bildungsvorstellungen und dem politischen Führungsanspruch der EU-Kommission und der EU als Ganzes begegnen, offensiv komplexere Vorstellungen von Bildung vertreten. Sie beinhalten zum Beispiel auch die Persönlichkeitsbildung und die Befähigung zu gesellschaftlichem Engagement. Die Bildungsverständnisse in Europa unterscheiden sich auch fast 20 Jahre nach Beginn der Bologna-Reform durchaus noch voneinander. Hier ist politische Zurückhaltung fehl am Platze und aktive europäische Mitwirkung gefordert.
Erasmus gehört zu den nützlichsten Programmen
Die EU-Regierungsspitzen haben ihre Rolle so definiert, dass sie sich für einen Ausbau des Erasmus+-Programms ausgesprochen haben. Es hat sich unter allen europäischen Instrumenten als eines der nützlichsten erwiesen. Es macht Studierende, aber auch Schüler, Lehrer und andere in Europa seit 30 Jahren friedlich „mobil“. Durch deren Aufenthalte in anderen EU-Ländern wird für sie Europa nachhaltig erlebbar. Diese Erfahrung soll möglichst vielen Personen ermöglicht werden. Hier stimmen der Bund und die deutschen Länder vorbehaltlos zu.
Besonders bemerkenswert ist, dass der Vorschlag aus der Europarede von Präsident Macron, bis 2024 20 europäische Universitäten zu schaffen, Eingang in die EU-Ratsbeschlüsse gefunden hat. Hier wird von „sich von unten bildenden Netzwerken von Universitäten“ gesprochen, die es Studierenden erlauben sollen, Studienabschnitte in mehreren Ländern zu kombinieren und dafür einen Abschluss zu erwerben. Die Hülse „Europäische Universitäten“ steht nun da und ist zu füllen – allerdings gibt es diese eigentlich schon in der EU.
Wo europäisch draufsteht, muss auch Europa drin sein
Es muss also um eine neue Qualität gehen. Die Spitzen der französischen, polnischen und deutschen Rektorenkonferenzen haben dazu im Vorfeld erste Vorstellungen entwickelt. Da, wo europäisch draufsteht, muss auch Europa drin sein. Sie sehen dies insbesondere gewährleistet, wenn Universitäten verschiedener Länder gemeinsam strategische Konzepte entwickeln und ihre Leitungsstrukturen verschränken. Vorgelebt wird dies bereits in vielen der grenznahen Hochschulbündnissen, etwa im Oberrheingebiet, wo die Universitäten in Basel, Straßburg, Freiburg, Karlsruhe und Mulhouse/Colmar gemeinsam einen EU-Rechtsstatus als „Europäische Vereinigung für Territoriale Zusammenarbeit“ erworben haben. Dieser gestattet ihnen, europäische Fördermittel als trinationale Gemeinschaft zu beantragen – ein kleiner, aber hoffentlich wichtiger Schritt für die Lösung der zahlreichen administrativen, finanztechnischen und sozialversicherungsrechtlichen Probleme, die einer noch intensiveren europäischen Zusammenarbeit der Hochschulen entgegenstehen. Viele Formen einer engeren Kooperation sind hier denkbar. Einheitsformate und Stromlinienförmigkeit würden das Potential der „Europäischen Universitäten“ im Ansatz zerstören.
Dass alle Bemühungen nur fruchten werden, wenn auch die Fremdsprachenausbildung und damit die Kommunikation der Bürger untereinander in der EU verbessert werden, steht außer Frage. Der angekündigte digitale „Europäische Studierendenausweis“ und noch flexiblere Anerkennungsverfahren für Leistungen und Zeugnisse aus Schule und Hochschule könnten ebenfalls helfen. Vor allem die hier zentral angesprochenen Länder, aber auch der Bund, sollten ebenso wie die Hochschulen mutig und gemeinsam nach vorne gehen, um die genannten Herausforderungen anzugehen.
Horst Hippler
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