Kuratorium vertagt Entscheidung: Hängepartie um TU-Wahlkonvent
Verlieren die Professoren an der TU ihre Mehrheit bei der Präsidentenwahl? Das Kuratorium vertagt eine Entscheidung zu dem umstrittenen neuen Wahlkonvent.
Verlieren die Professoren der Technischen Universität Berlin bei der Präsidentenwahl künftig ihre Mehrheit? Eine endgültige Entscheidung über den umstrittenen neuen „Wahlkonvent“, in dem Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiter und sonstige Mitarbeiter sowie Studierende mit gleicher Stimmenanzahl über das Präsidium entscheiden würden, verzögert sich erst einmal. Das Kuratorium, das als Aufsichtsgremium der TU die Entscheidung absegnen muss, vertagte sich am Freitag in der Frage. Es will abwarten, ob eine ausführliche juristische Prüfung der Wissenschaftsverwaltung den Konvent überhaupt für rechtsmäßig hält.
Wie berichtet, hatte sich der Erweiterte Akademische Senat der TU im Dezember nach jahrelangen Debatten über mehr Partizipation für den Wahlkonvent entschieden - der aber insbesondere in der Professorenschaft von vielen abgelehnt wird. Im Konvent wären je 15 Professoren, Studierende, wissenschaftliche Mitarbeiter und sonstige Mitarbeiter vertreten. Bisher haben die Professoren bei der Wahl des Präsidiums die Mehrheit.
Gesine Schwan spricht sich für den Wahlkonvent aus
In der Diskussion am Freitag wurde deutlich, dass auch die elf Kuratoren beim Thema Wahlkonvent uneins sind. Nur etwa die Hälfte unterstützte ihn prinzipiell, allen voran die Politologin Gesine Schwan. Ihrer Erfahrung nach hätten viele Studierende das Gemeinwohl einer Uni sogar oft mehr im Blick als Professoren: „Deren Borniertheit ist mir schon immer aufgefallen.“ Professoren seien oft in enges Interessengeflecht eingebunden, um die Finanzierung ihrer Forschung zu sichern. Es müsse aber in den universitären Entscheidungsprozessen ein Gegengewicht zu der allzu großen Rolle von Finanzinteressen geben. Daher spreche ihrer Ansicht nach nichts dagegen, alle Gruppen an der Wahl des Präsidenten paritätisch zu beteiligen.
Für den Wahlkonvent sprachen sich auch Susanne Stumpenhusen, Landesbezirksleiterin von Verdi, sowie die Vertreterinnen der Studierenden und der wissenschaftlichen Mitarbeiter aus. Sympathie ließ auch Stefan Gerdsmeier vom Vorstand Berliner Kaufleute erkennen. In seinem Betrieb habe er mit einer paritätischen Unternehmensführung gute Erfahrungen gemacht: "Nach ein, zwei Jahren Skepsis hat sich das als sehr hilfreich herausgestellt."
Widerspruch kam nicht nur von TU-Professor Stephan Völker, der die Ablehnung vieler seiner Kolleginnen und Kollegen gegen den Wahlkonvent unterstrich. Auch die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Ulla Burchardt lehnte die Idee vehement ab. Sie stieß sich unter anderem daran, dass es in allen Wahlgängen zusätzlich zur erforderlichen Mehrheit ein Quorum geben soll: Mindestens drei Mitglieder jeder Statusgruppe müssen für den Präsidenten stimmen. So könne die Hochschule "blockiert werden", sagte Burchardt: "Dem können wir nicht zustimmen." Das Quorum wurde auch von anderen Kuratoriumsmitgliedern kritisch gesehen.
Süssmuth: "Das ist nicht gerade eines unserer Glanzprojekte"
Die Meinung der Kuratoriumsvorsitzenden Rita Süssmuth war schwer zu erkennen. Zwar sagte sie gleich zu Beginn der Sitzung, die Idee eines Wahlkonvents sei "nicht gerade eines unserer Glanzprojekte". Sie sprach sich dennoch dagegen aus, den Vorschlag rundweg abzulehnen und wieder an den Erweiterten Akademischen Senat zurückzugeben: "Wir drehen uns dann einfach nur im Kreis." Süssmuth drängte vor allem darauf, den Vorschlag erst einmal juristisch zu prüfen, bevor das Kuratorium eine Entscheidung fällt.
Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach gab zu bedenken, dass Gerichte in letzter Zeit die Rolle der Professorenschaft eher gestärkt hätten. Auch für das Quorum befürchte er "Probleme bei der juristischen Prüfung". Prinzipiell sympathisiere er aber mit dem Vorschlag, sagte Krach. Anders als von Professoren befürchtet sehe er "keinerlei Auswirkungen" auf die Chancen in der Exzellenzinitiative oder auf die Leistungsfähigkeit der TU insgesamt.
Ein unverbindliches Meinungsbild des Kuratoriums wird demnächst eingeholt – schriftlich, weil am Freitag zum Ende der Sitzung zwei Kuratoren fehlten.