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Das Auge einer Frau mit Synästhesie (Sinnesvermischung) in der Universitätsklinik Frankfurt am Main.
© Michael Hanschke/dpa

Psychologie: Genetische Ursachen der Synästhesie entdeckt

Farben hören - das können nur Menschen, die besondere Nervenverbindungen im Hirn haben. Forscher finden erstmals genetische Grundlagen dafür.

Manche Menschen nehmen Sinneseindrücke mehrfach wahr. Wenn sie Wörter oder Melodien hören, verbinden sie etwa Farben oder andere visuelle Eindrücke damit. Der Psychologe Oliver Sacks erzählt in seinem Buch „Musicophilia“ zum Beispiel von einem Komponisten, der G-Moll-Töne als ocker- und D-Moll als graphitfarben „sieht“. F-Moll dagegen hat für ihn einen Farbton wie Asche.

Schon Newton rätselte über die Vermischung der Sinne

Dieses Synästhesie genannte Phänomen interessierte schon Isaac Newton. Der versuchte nachzuweisen, dass es auf vergleichbaren Frequenzen von Licht und Tönen beruhte. Newton hatte mit vielem Recht, doch hier lag er falsch. Denn die Ursache ist rein biologischer Natur.

Schon lange ist bekannt, dass diese Form von Verbindung zwischen den Sinnen in einigen Familien gehäuft auftritt. Wo dafür die Grundlagen liegen war aber unklar. Kandidaten für Synästhesie-Gene waren keine bekannt. Simon Fisher und seine Forscherkollegen am Max-Planck- Institut für Psycholinguistik in Nijmegen haben jetzt erstmals solche Erbanlagen identifiziert und im Fachblatt „PNAS“ präsentiert. Sie untersuchten das Erbgut von drei Familien, in denen diese Vermischung der Sinne gehäuft auftrat, und fanden tatsächlich in jeder Familie spezifische im Fötus und Kleinkind aktive Gen-Varianten. Diese traten nur bei den Familienmitgliedern auf, die von synästhetischen Erfahrungen berichteten. Und in jeder Familie waren es andere Gene.

Bis zu 25 Prozent der Menschen haben Synästhesie

All diese Erbanlagen liefern Informationen, die für Wachstum und Beweglichkeit von Nervenzellfortsätzen notwendig sind. Das passt zu Ergebnissen aus anderen Untersuchungen. Demnach treten bei Synästhesie die Hirnteile miteinander in Kontakt, die etwa akustische oder visuelle Reize verarbeiten. Normalerweise sind diese Areale nur durch wenige Nervenfortsätze verknüpft, bei Synästhesie sind es viel mehr.

Wie viele Synästhetiker es gibt ist unklar. Schätzungen gehen von 0,05 bis 25 Prozent der Menschheit. Synästhesie gilt nicht als krankhaft. Therapien sind also nicht Ziel solcher Studien. Sie können jedoch helfen, so Fisher, besser zu verstehen, wie das Gehirn normalerweise die Sinne auseinander hält.

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