Krankheiten: Gefährliche Lungenpest auf Madagaskar ausgebrochen
Auf Madagaskar wütet in diesem Jahr eine seltene Form der Pest - die Lungenpest. Auch die Städte sind betroffen. Kommt die Seuche auch bis nach Europa?
Auf Madagaskar ist die Pest ausgebrochen. Das passiert dort eigentlich jedes Jahr um diese Zeit. Aber dieses Mal ist alles anders. Während sonst fast ausschließlich die Beulenpest auftritt, grassiert dieses Jahr die viel gefährlichere Lungenpest. Und die verbreitet sich rasend schnell. 54 Menschen hat das Bakterium bereits getötet, etwa 500 haben sich infiziert. In drei von vier Fällen handelte es sich dabei um die Lungenpest. Sonst sind es in der „Pest-Saison“, die normalerweise von September bis April dauert, nur ein Prozent der Infektionen.
Und noch etwas macht die Seuche dieses Jahr gefährlicher als sonst: Während die Pest auf Madagaskar normalerweise auf den abgelegenen Hochplateaus der Insel auftritt, wütet sie dieses Jahr auch in den Städten. Vor allem das Gebiet um die Hauptstadt Antananarivo mit ihren etwa zwei Millionen Einwohnern ist betroffen. In solchen dicht besiedelten Regionen verbreitet sich die Seuche viel schneller.
Deshalb gilt in der Hauptstadt seit letzter Woche ein Notfallplan. Öffentliche Zusammenkünfte sind verboten, Schulen und Universitäten bleiben geschlossen. An den Eingängen der besonders betroffenen Armenviertel der Hauptstadt werden die Einwohner in provisorischen Zelten über die Gefahren aufgeklärt. Währenddessen ziehen Teams des Gesundheitsministeriums durch die Straßen, versprühen Desinfektionsmittel und befreien Häuser von Flöhen und Ratten.
Zu Pestausbrüchen kommt es in Madagaskar vor allem deshalb immer wieder, weil in einem der ärmsten Länder der Welt nur jeder zweite Einwohner Zugang zu sauberem Wasser hat und sich der Müll stapelt. Perfekte Bedingungen für die Nager und die Vermehrung der Pestbakterien.
Pestbeulen meist an Leiste und Hals
„Der Erreger der Pest, das Bakterium Yersinia pestis, kommt in Nagetieren wie Ratten vor. Flöhe übertragen durch ihren Biss die Infektion auf den Menschen“, sagt Holger Scholz, Leiter des Nationalen Konsiliarbüros für Yersinia pestis, das auch das Robert Koch-Institut in wissenschaftlichen Fragen zur Pest berät. In der Lymphflüssigkeit bewegt sich das Bakterium dann durch den Körper und kann sich in den Lymphknoten vermehren. „Dort bilden sich sogenannte Pestbeulen, meist in der Leiste oder im Halsbereich“, sagt Scholz. Durch Einblutungen können diese Beulen sich dunkel färben, was der Pest den Beinamen „Schwarzer Tod“ brachte.
Die Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit (Inkubationszeit) beträgt einen bis sieben Tage und macht sich mit grippeähnlichen Symptomen bemerkbar: Fieber, Schwäche, Kopf- und Gliederschmerzen. Die Beulenpest ist nicht direkt von Mensch zu Mensch übertragbar, außer durch Kontakt zu Eiter aus den Beulen.
Die Lungenpest tötet schnell
Anders sieht es aus, wenn Yersinia pestis die Lunge erreicht, wie es derzeit auf Madagaskar häufig geschieht. „Dann kann der Erreger wie ein Schnupfen übertragen werden – direkt von Mensch zu Mensch“, sagt Scholz. Das führt dazu, dass die Lungenpest nur eine Inkubationszeit von einem Tag hat. Unbehandelt endet sie immer tödlich, meist binnen zwei bis drei Tagen. Von den ersten Symptomen bis zum Tod ist das Zeitfenster für die Behandlung also extrem kurz.
Dabei kann die Pest – früh genug erkannt – mit Antibiotika gut behandelt werden. Deshalb hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits 1,2 Millionen Dosen Antibiotika nach Madagaskar geschickt. Das sind genug, um 5000 Patienten zu behandeln und weitere 100.000 vor der Krankheit zu schützen, wenn sie Kontakt zu Infizierten hatten. Außerdem ist die WHO mit Personal vor Ort, um die madagassischen Behörden zu unterstützen.
Dass es dieses Jahr erstmals so viele Fälle der Lungenpest gibt, liegt wahrscheinlich daran, „dass der Mann, von dem der Ausbruch ausging, mit dem Taxi quer durch die Hauptstadt gefahren ist und dabei bis zu vierzig Menschen angesteckt hat“, sagt Holger Scholz. „Und dieser Mann hatte eben leider die Lungenpest.“
An einen neuen, besonders aggressiven Erreger glaubt der Forscher hingegen nicht: „Der Pesterreger ist so tödlich wie eh und je. Er hat sich seit dem Mittelalter kaum verändert.“ Im 14. Jahrhundert raffte der Schwarze Tod etwa 50 Millionen Menschen dahin. Aber auch heute ist die Pest noch nicht ausgerottet. Zwischen 2010 und 2015 infizierten sich nach Angaben der WHO über 3000 Menschen, 584 von ihnen starben. Am häufigsten tritt sie außer auf Madagaskar in der Demokratischen Republik Kongo und in Peru auf.
Die Pest in Deutschland?
Die Befürchtung ist jetzt, dass sich die Seuche auch außerhalb Madagaskars verbreiten könnte. Ein Urlauber hat die Pest auf die nahegelegenen Seychellen eingeschleppt. Ankommende Reisende aus Madagaskar müssen deshalb ab sofort sechs Tage in Quarantäne bleiben, bevor sie sich frei bewegen dürfen, kündigte der Gesundheitsminister der Seychellen, Jean-Paul Adam, am Mittwoch an. Das Risiko, dass sich die Pest über die Region hinaus verbreitet, hält die WHO derzeit für gering.
Eine Gefahr für Europa bestehe nicht, sagt auch Scholz. Aber je mehr Menschen sich in Madagaskar infizieren, desto größer werde das Risiko, dass jemand ins Flugzeug steigt, der zwar infiziert ist, aber noch keine Symptome hat. In diesem Fall könne man ein sporadisches Auftreten der Krankheit auch in Deutschland nicht ganz ausschließen, sagt Scholz: „Aber hierzulande würde man die Pest schnell in den Griff bekommen – man muss sie nur erkennen.“
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