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Ein gemeinsames Ziel. So einig, wie sich die Berliner Wissenschaft und Wissenschaftspolitik hier zeigt, will sie auch den Antrag für die nächste Exzellenz-Initiative verfassen. Das Einstein-Zentrum für digitale Zukunft soll dabei ein wichtiger Bestandteil sein. Der künftige Leiter der Einrichtung ist Odej Kao (ganz links).
© TUB/Philipp Arnoldt

Digitalisierung in Berlin: Forschen für die Revolution

Berlin bekommt 50 neue IT-Professoren - finanziert von Firmen und aus öffentlichen Mitteln. Sie sollen Verbindungen zu Medizin, Psychologie und Kunst herstellen.

„Die Digitalisierung wird unsere Arbeit revolutionieren.“ Diesen Satz sagte – sinngemäß – jeder und jede im Lichthof der TU Berlin. Mal war die Medizin gemeint, mal die Geisteswissenschaften, mal die Kunst, mal die Kommunikation. Dort, im ansprechenderen Teil des TU-Hauptgebäudes, wurden am Montag von den Spitzen der Berliner Wissenschaft und Wissenschaftspolitik weitere Einzelheiten zur 50-IT-Professoren-Initiative der Stadt vorgestellt.

Wie berichtet werden von den vier Berliner Universitäten und zwei Fachhochschulen zusätzlich zu den vorhandenen 158 Informatik-Professuren 50 zumeist Juniorprofessoren berufen. Sie gehören zum neuen Einstein-Zentrum für digitale Zukunft und sollen an den Schnittstellen zwischen Informatik und einer weiteren Disziplin arbeiten, um die Digitalisierung im Alltag voranzubringen, aber auch kritisch zu begleiten – etwa wenn es um Fragen des Urheberrechts oder der Datensicherheit geht.

Die Finanzierung erfolgt über eine Public Private Partnership, mehr als 20 Firmen (von Intel bis zu den Berliner Wasserbetrieben) haben gemeinsam zwölf Millionen Euro dafür bereitgestellt. Weitere sechs Millionen gibt das Land Berlin nach der Formel „holt einen Euro in der Wirtschaft und wir geben 50 Cent dazu“. Hinzu kommen Mittel des Senats sowie von außeruniversitären Forschungseinrichtungen, sodass am Ende 38,5 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Sind Roboter wirklich gute Kollegen?

Der Großteil der Forscherinnen und Forscher soll am Robert-Koch-Forum an der Wilhelmstraße einziehen. So soll die Kommunikation verbessert werden, besonders über bisherige Grenzen zwischen den Fachgebieten hinweg.

Die Themen sind vielfältig, wie man es bei vier Dutzend Positionen erwarten kann. Sabine Kunst, Präsidentin der Humboldt-Universität, nannte unter anderem zwei Fragen, die aus der Psychologie kommen: Wie fühlt es sich an, wenn mein Auto mich in Zukunft immer weniger braucht und vieles allein erledigt? Und sind Roboter wirklich gute Kollegen?

Peter-André Alt, Präsident der Freien Universität, sieht neben den Bildungswissenschaften die Altertumsforschung im Fokus. „Archäologen werden künftig weniger reisen müssen“, prophezeite er. Ihre Studienobjekte sind digital an jedem Ort der Welt verfügbar. Erwin Böttinger, Chef des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung, hob sein Smartphone empor und rief: „Hier sehen Sie die Arztpraxis der Zukunft!“ Doch bevor der Kasten eine Diagnose stellen kann, muss er Daten auswerten. Die gibt es in immer größerer Menge, seit moderne Bildgebung wie MRT weit verbreitet und Gensequenzierungen erschwinglich sind. „Entscheidend ist die Interpretation der Daten, da ist noch viel zu tun.“

Am 1. April sollen die ersten Forscher die Arbeit beginnen

Die ersten 18 Stellenausschreibungen wurden am Montag veröffentlicht. Am 1. April 2017 werden die ersten Wissenschaftler ihre Arbeit aufnehmen, sagte Odej Kao von der TU Berlin, der das Einstein-Zentrum leiten wird. Neben der Forschung zähle auch die Lehre dazu, die zwischen zwei und sechs Semesterwochenstunden umfassen wird. Nicht zuletzt – auch das wurde am Montag mehrfach geäußert – hoffen die Initiatoren, dass die überwiegend jungen Forscher die hiesige Start-up-Szene unterstützen.

Die Wirtschaft begrüßt die Initiative, die aus dem Berliner Arbeitskreis Digitalisierung hervorgeht, der vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) und dem TU-Präsidenten Christian Thomsen gegründet worden war. „Die Digitalisierung ist der wichtigste Trend unserer Zeit. Die Hauptstadtregion muss alles tun, um hier in der ersten Liga mitzuspielen“, sagte Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg. „Die 50 zusätzlichen Professuren sind ein richtiger und wichtiger Schritt in diese Richtung.“ Müller erklärte, dass die 50 Professoren „ein Zwischenschritt“ seien und kündigte an: „Es wird weitere geben.“

Das Einstein-Zentrum soll helfen, einen neuen Exzellenz-Titel zu holen

Offen ist, ob wirklich Top-Leute kommen werden. Monika Gross, Präsidentin der Beuth-Hochschule, erwähnte, dass es in der Vergangenheit nicht immer gelungen sei, alle Professuren in der IT zu besetzen. Für Odej Kao ist klar, „der Erfolg steht und fällt mit den Leuten, die wir bekommen.“ Es gebe Konkurrenz, unter anderem in Bayern, Barcelona und arabischen Ländern, wo ähnliche Digitalisierungs-Initiativen gestartet wurden, berichtet er. „Wir reisen in die USA, auf Messen, sprechen gezielt Leute an.“ Ein Juniorprofessor komme nicht wegen des Geldes, sondern weil er oder sie hoffe, hier beste Forschungsbedingungen zu finden, ergänzte Kao. Die soll das Einstein-Zentrum bieten.

Nebenbei dient die institutionenübergreifende Kooperation auch als Vorbereitung auf die nächste Runde der Exzellenz-Initiative. Dort wollen die drei Berliner Unis einen gemeinsamen Antrag abgeben. „Das Einstein-Zentrum für digitale Zukunft soll ein wesentlicher Bestandteil der Bewerbung sein“, sagte die Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Es soll auch die Chancen für das nationale „Internet-Institut“ erhöhen, das möglicherweise ebenfalls in die Stadt kommt.

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