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Reservoire. Unter Fledermäusen kursieren zahlreiche Viren, von denen angenommen wird, dass sie bei Gelegenheit auf den Menschen überspringen könnten.
© Andreas Arnold/dpa

Ein universeller Impfstoff gegen Sars-Viren: Einer für alle Coronaviren

Wie wäre das: Ein Impfstoff, der nicht nur vor Sars-CoV-2, sondern auch künftigen Coronaviren schützt. Bei Mäusen funktioniert so ein Vakzin bereits.

Niemand weiß, welches das nächste Pandemie-Virus sein wird. Darum ist es schwierig bis unmöglich, eine weitere weltweite Ausbreitung eines neuartigen Krankheitserregers zu verhindern. Doch es gibt den Versuch, Impfstoffe zu entwickeln, die nicht nur vor Infektion oder Erkrankung mit einem bestimmten Virus oder seiner Varianten schützt, sondern vor einem ganzen Strauß von Viren eines Typs, etwa Coronaviren.

Nach einem solchen „universellen“ Impfstoff etwa gegen das Grippevirus Influenza wird schon länger geforscht, mit durchaus vielversprechenden Ansätzen. Jetzt hat eine Gruppe von Forschenden einen universellen Impfstoff gegen Coronaviren entwickelt. Sie konnten damit in einem ersten Schritt Mäuse vor Sars-CoV-2, dessen Varianten, dem Vorgänger Sars-CoV-1 und verwandten Fledermaus-Coronaviren schützen.

Basis des Impfstoffs sind – so wie beim Biontech-, Moderna- und Curevac-Impfstoff – RNA-Moleküle. Sie tragen die Bauplaninformation für das „Spike“-Protein, dem „Stachel“, mit dem die Viren sich Zugang zu den Zellen verschaffen. Erst wenn die Zellen mit Hilfe der gespritzten RNA-Baupläne dieses S-Protein selbst hergestellt haben, wirken die Proteinmoleküle als Impfstoff, provozieren also eine Immunreaktion und damit einen Schutz vor den echten Viren. Da der Bauplan des S-Proteins in den aktuell eingesetzten RNA-Impfstoffen aber nur aus dem Sars-CoV-2-Erbgut stammt, schützt der Impfstoff nur vor diesem Coronavirus.

Ein Stück von diesem, ein Teil von jenem Virus-Typ

Um einen universellen Schutz gegen verschiedene Coronaviren zu ermöglichen, veränderten David Martinez von der University of North Carolina in Chapel Hill und Kolleg:innen das S-Protein. Sie erstellten einen RNA-Bauplan, aus dem ein Mix-Protein, eine Chimäre, aus den drei Teilen der S-Proteine verschiedener Coronaviren entsteht – darunter auch solche, die nur in Fledermäusen kursieren, aber Experten zufolge das Potential haben, auf Menschen überzuspringen.

Die erste der insgesamt vier verschiedenen S-Protein-Chimären setzten sie zum Beispiel aus einem Anfangsstück (der „N-terminalen Domäne“) eines Fledermaus-Coronavirus, einem Mitteilteil (der „Rezeptor-Bindungs-Domäne“) von Sars-CoV-1 und dem Endabschnitt (der S2-Untereinheit des S-Proteins) von Sars-CoV-2 zusammen.

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Den Ergebnissen der jetzt im Fachblatt „Science“ veröffentlichten Studie zufolge schützte der Impfstoff die getesteten Mäuse sowohl vor Sars-CoV-1, das 2002 fast eine Pandemie verursacht hätte, als auch vor Sars-CoV-2, dessen Varianten und einigen Fledermaus-Coronaviren – je nach Zusammensetzung des chimären Impfstoffs.

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Die Ergebnisse deuten darauf hin, so Martinez, „dass wir universelle Coronavirus-Impfstoffe entwickeln können, mit denen wir uns proaktiv gegen Viren schützen können, von denen wir wissen, dass sie ein Risiko bergen, auf den Menschen überzuspringen.“ Mit dieser Strategie könne man vielleicht Sars-CoV-3 verhindern. Tests des Impfstoffs an menschlichen Probanden könnten bereits im nächsten Jahr beginnen.

„Kein Allheilmittel“

Selbst wenn ein chimäres S-Protein nicht ausreichend schützen sollte, können die Baupläne für verschiedene chimäre Proteine in einem RNA Impfstoff kombiniert werden, da es sich immer um das chemisch gleiche Molekül – RNA – handelt. „Die offensichtliche Nützlichkeit der mRNA ist, dass es einfach ist, verschiedene mRNAs für verschiedene Antigene zu kombinieren, um einen Impfstoff gegen mehrere Erregerstämme zu haben“, sagt Trevor Mundel, Leiter des Global Health Programms der Gates-Stiftung, die seit Jahren die Entwicklung der RNA-Impfstoffe unterstützt, um endlich zu wirksamen Impfstoffen gegen Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Malaria oder HIV zu kommen.

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Der Immunologe und Impfstoff-Forscher Florian Krammer von der Mt. Sinai School of Medicine/New York gibt jedoch zu bedenken, dass die RNA-Impfstofftechnik nicht jedes immunologische Problem lösen kann. „Es gibt biologische Gründe, warum es noch keinen universellen Impfstoff gegen Influenza, kein Vakzin gegen Malaria oder gegen Tuberkulose oder HIV gibt. Die mRNA-Impfstofftechnik sei „kein Allheilmittel“.

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