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Weltanschauung. Forscher wissen nur, dass ein Planet um Barnards Pfeilstern kreist, wie er aussieht, können sie sich mit künstlerischen Mitteln nur ausmalen.
© ESO/M. Kornmesser

Exoplaneten: Ein Planet gleich um die Ecke

Barnards Pfeilstern ist einer der Himmelskörper, die unserer Sonne am nächsten sind. Nun haben Forscher eine Dreifach-Erde bei dem Roten Zwerg entdeckt.

Es sind vor allem Sonnen, die der Sternengucker des Nachts am Firmament zu Tausenden leuchten sieht. Dem Blick verborgen bleiben die dort draußen mindestens so zahlreichen, aber nicht selbst strahlenden Planeten, die um die Sterne kreisen. Etwa 4000 solcher "Exoplaneten" haben Forscher mittlerweile mit trickreichen Technologien entdeckt, meist aber in Millionen von Lichtjahren Entfernung – zu weit für eine Stippvisite oder zumindest genauere Beobachtungen von der Erde aus. Nun haben Astronomen jedoch einen Planeten gefunden, der um „Barnards Pfeilstern“ kreist – eine der Sonnen, die unserer am nächsten sind.

Schunkelnde Sterne haben Planeten

Barnards Stern ist kein Riese, Astronomen bezeichnen ihn als Roten Zwergstern. Dort brennt zwar das gleiche Sternenfeuer wie in unserer Sonne, es ist nur deutlich kühler. Für die Entdeckung von Planeten hat die untersetzte Größe Roter Zwerge durchaus Vorteile, sagt Martin Kürster vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Planeten machen sich für Astronomen nämlich bemerkbar, weil sie die Sonne ein klein wenig verschieben. Nicht nur die Sonne zieht den Planeten an und hält ihn auf der Kreisbahn, auch die Planetenmasse „verrückt“ die Sonne etwas. Für den Beobachter sieht es so aus, als ob der Planet ein bisschen an der Sonne rüttelt. Je größer der Planet und je kleiner die Sonne ist, umso stärker das Rütteln. Daher sind die großen Planeten Roter Zwerge etwas leichter zu entdecken.

Trotzdem brauchte das Forscherteam um Ignasi Ibas vom Weltraum-Forschungsinstitut der spanischen Wissenschaftsorganisation CSIC bei Barcelona mehr als zwanzig Jahre und insgesamt 771 Messungen von Observatorien in Spanien, Chile, Kalifornien, Hawaii und auf der Kanaren-Insel La Palma, bis es einen der womöglich erdnächsten Planeten nachweisen konnte. Aus einer winzigen Veränderung des Lichts von Barnards Stern schlossen die Wissenschaftler, dass der Planet – wenig kreativ „Barnards Stern b“ genannt – im Laufe von 233 Tagen in einem Abstand von etwa 60 Millionen Kilometern um den Roten Zwerg kreist.

Eine kalte Hölle

Ähnlich weit ist der innerste Planet unseres Systems, Merkur, von der Sonne entfernt. Während dort die Oberfläche aber tagsüber bei Temperaturen von 430 Grad kocht und nachts auf minus 170 Grad abkühlt, erreichen den Planeten von Barnards Stern nur zwei Prozent der Sonnenstrahlung, die auf die Erde trifft. Die mittlere Temperatur dürfte daher bei minus 170 Grad liegen, schätzen die Forscher. Obendrein ist die Masse des neu entdeckten Planeten mehr als dreimal größer als die der Erde. Ein 70 Kilogramm schwerer Mensch dürfte dort also mehr als 200 Kilogramm wiegen. „Barnards Stern b“ dürfte daher eher eine kalte Hölle als ein mildes Paradies sein.

Leben, wie wir es von der Erde kennen und das auf flüssiges Wasser angewiesen ist, hätte in dieser extrem kalten Wüste schlechte Chancen. Zumal die Forscher noch nicht einmal wissen, wie dieser Planet aussieht. „Er könnte wie die Erde aus Gestein bestehen, möglich wäre aber auch ein riesiger, sehr zäher Ozean aus Wasser, Methan und Ammoniak wie auf dem Planeten Neptun“, sagt Markus Nielbock vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg.

In 10000 Jahren näher denn je

Eine Forschungsreise zu diesem Planeten wäre ein Projekt für sehr viele Generationen. Näher als Barnards Stern liegt zwar nur noch Alpha Centauri, dennoch bräuchte man selbst mit Lichtgeschwindigkeit sechs Jahre bis dorthin. Da Reisen mit Lichtgeschwindigkeit unmöglich ist, dürfte eine solche Expedition also eher mehrere tausend Jahre dauern – zumindest mit den derzeit denkbaren Technologien. Da fällt es auch nicht weiter ins Gewicht, dass Barnards Pfeilstern uns bis zum Jahr 11 800 ein gutes Stück entgegenkommt, auf „nur“ 3,8 Lichtjahre, bevor er sich wieder – mitsamt seinem Planeten – vom Sonnensystem entfernt.

Auch wenn „Barnards Stern b“ keine zweite Erde und auch kaum für uns erreichbar sein dürfte, für Planetenforscher könnte die Entdeckung dennoch ein Glücksfall sein. Zwar seien Planeten im Universum wohl sehr häufig und kreisten um die meisten Sterne, sagt Markus Nielbock. Doch „Barnards Stern b“ ist so nah, dass die Astronomen ihn von der Erde aus wohl direkt werden beobachten können – zumindest mit den für die 2020er Jahre auf der Erdoberfläche geplanten, modernsten Messinstrumenten, schreiben die Forscher im Fachblatt „Nature“: Schon bald könnte sich also klären, ob der Planet eine Atmosphäre hat, welche Winde dort wehen und wie die Oberfläche aussieht. Künftige Generationen haben dann wenigstens genug Informationen, um zu entscheiden, ob sich eine Stippvisite womöglich doch lohnen könnte.

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