Nachbarländer Kongos starten Impfaktion: Ebola und kein Ende
Entwicklungsminister Gerd Müller informiert sich im Kongo über die Ebola-Epidemie. Dort breiten sich die Viren auch nach über einem Jahr weiter aus.
Etwa ein Jahr ist es nun her, dass im Norden-Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) eine Ebola-Epidemie ausbrach - kurz nachdem ein Ausbruch in der Provinz Equateur offiziell für beendet erklärt worden war. Es ist bereits der zehnte dokumentierte Ebola-Ausbruch in dem zentralafrikanischen Land und mittlerweile der größte - nach der Epidemie in Westafrika zwischen 2013 und 2016, die etwa 11.000 Tote forderte.
Mindestens 2800 Menschen haben sich seit Beginn der Epidemie in Nord-Kivu mit den Viren infiziert, fast 1900 Menschen davon sind mittlerweile an den Folgen des Fiebers gestorben. Und trotz des Einsatzes des ersten Ebola-Impfstoffs, trotz neuer, wirksamer Ebola-Medikamente und trotz einer schnellen, national und international koordinierten Reaktion der Weltgesundheitsorganisation WHO zur Eindämmung ist die Seuche noch immer nicht unter Kontrolle.
Grenzschließungen und Impfkampagnen
Seit die WHO Mitte Juli den Ausbruch zu einem "internationalen Gesundheitsnotstand" erklärt hat, haben die Nachbarländer des Kongos reagiert. Obwohl die WHO davor warnte, Grenzen zu schließen, weil das die Gefahr illegaler Übertritte und damit unkontrollierter Verbreitung der Viren bedeute, riegelte Ruanda die Übergänge zur DRK in Giseny und dem kongolesischen Goma vorrübergehend ab. Burundi hingegen hat damit begonnen - etwa am Grenzübergang Gatumba, den täglich tausende passieren -, Ärzte, Krankenschwestern und andere Helfer, etwa 4000 Menschen, gegen Ebola zu impfen, teilte die WHO am Mittwochabend in der burundischen Stadt Bujumbura mit.
Eine Maßnahme, die in Uganda, wohin das Virus nach Grenzübertritten von Mitgliedern einer Ebola-infizierten Familie übergesprungen war, bislang offenbar Wirkung gezeigt hat, da dort weitere Fälle ausblieben. Im Südsudan bereite man sich mit einer Übung auf den Ernstfall vor. Ruanda schloss aus Angst vor Ebola zeitweilig seine Grenze zwischen .
Im Kongo erschweren anhaltende Gewalt in dem unruhigen Gebiet im Osten, Misstrauen in der Bevölkerung gegenüber den Hilfskräften, Ärzten und Pflegern, Angriffe auf die Behandlungszentren und fehlende Infrastruktur den Kampf gegen die Epidemie. Das hängt Informationen der "Frankfurter Rundschau" zufolge auch mit der Finanzierungssituation der Hilfsmaßnahmen zusammen. So nennt es Gisela Schneider, Direktorin am Deutschen Institut für Ärztliche Mission (Difäm) für einen „Skandal“, dass aus den Pandemie-Anleihen der Weltbank bislang noch keine Zahlungen zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie in der Demokratischen Republik Kongo geflossen seien.
Gelder der Weltbank fließen nicht
Nach der Ebola-Epidemie in Westafrika hatte die Weltbank eine "Pandemic Emergency Financing Facility" (PEF) eingerichtet, die armen Ländern nach einem Seuchenausbruch schnell Geld zur Verfügung stellen soll. Eine wesentliche Säule der PEF sind Pandemie-Bonds, die wie Katastrophen-Anleihen funktionieren und sich an institutionelle Investoren richten. Bricht die Epidemie aus, müssen die Zeichner der Schuldscheine mit dem Verlust ihres Investments rechnen. Dieses Risiko wird mit einer Rendite von jährlich bis zu 13 Prozent honoriert. Aber obwohl im Kongo schon fast 1700 Menschen an Ebola gestorben sind, seien bislang noch keine Mittel aus den Weltbank-Anleihen geflossen, so die Zeitung.
Das liege an eng definierten Kriterien: Um Zahlungen auszulösen, müsse die Seuche in einem Land mindestens 250 Tote gefordert und die Grenze zu einem anderen Staat überschritten haben. Nur wenn auch dort mindestens 20 Opfer zu beklagen seien, fließe Geld. In Uganda, das neben dem Kongo betroffen ist, wurden bislang drei Todesfälle offiziell bestätigt. „Es ist ein Skandal, dass auf dem Rücken der Menschen im Kongo Zinsen verdient werden“, sagte Difäm-Direktorin Schneider. „Wenn die Welt wirklich ein Interesse daran hat, die Epidemie einzudämmen, dann müssen jetzt alle verfügbaren Mittel eingesetzt werden“, so die Tropenmedizinerin.
Zwei Medikamente zeigen Wirksamkeit gegen Ebola
Neben Geld sind es Impfstoff und Medikamente, die im Kampf gegen Ebola essentiell sind. Der Impfstoff rVSV-ZEBOV-GP ist zwar noch immer in der Testphase und nicht offiziell zugelassen, darf also nicht frei auf dem Markt verkauft werden. Doch da die WHO und die Gesundheitsbehörden der DRK schon zu Beginn der Epidemie im Norden des Landes den Impfstoffeinsatz beschlossen hatten, konnten mittlerweile fast eine Viertelmillion Menschen geimpft und daher mit großer Wahrscheinlichkeit Schlimmeres verhindert werden.
Denn im April waren Daten veröffentlicht worden, die der Vakzine eine hohe Wirksamkeit attestierten: Während es in einer Gruppe von Nicht-Geimpften 880 Infektionen mit Ebola gab, konnte bei Geimpften nur in 71 Fällen eine Ebola-Infektion diagnostiziert werden. Daraus ergibt sich eine Wirksamkeit der Vakzine von 97,5 Prozent.
Auch die Wirksamkeit von zwei neuartigen Ebola-Medikamenten wurde mittlerweile bestätigt. So hat "REGN-EB3", ein Mix von drei monoklonalen Antikörpern gegen das Ebola-Virus der US-Firma Regeneron, bei Behandlungsversuchen an 499 Infizierten im Rahmen der "PALM"-Studie besser abgeschnitten als "ZMapp", ein Medikament, das schon gegen Ende der 2013/2016er Epidemie in Westafrika getestet wurde. Während bei ZMapp-Behandelten etwa die Hälfte der Patienten gerettet werden konnte, waren es bei REGN-EB3 71 Prozent.
Auch der Antikörper mAb114, entwickelt vom "National Institute of Allergy and Infectious Diseases" in den USA, schnitt mit 66 Prozent überlebenden Patienten besser ab. Die PALM-Studie wird nun mit diesen beiden Arzneien weitergeführt, ohne ZMAPP und auch ohne ein weiteres experimentelles Medikament, Remdesivir (Gilead), das ebenfalls nur rund die Hälfte der Behandelten retten konnte.
Eine solche Studie war nur möglich, weil es den behandelnden Ärzten und Pflegern trotz der Ausnahmesituation inmitten eines Seuchen- und Kriegsgebiets gelungen ist, die dafür notwendigen Daten zu sammeln, betont Jerremy Farrar: "Diese Studie - die erste randomisierte mit mehreren Wirkstoffen gegen Ebola - war trotz hochkomplexer und herausfordernden Rahmenbedingungen möglich", Farrar leitet die Ebola-Therapeutika-Arbeitsgruppe der WHO mit und ist Direktor der Wellcome Trust Stiftung, die Hilfsmaßnahmen und Forschung vor Ort unterstützt. "Dank dieser Studie verstehen wir jetzt besser, welche Behandlungen wir Patienten in diesem und künftigen Ausbrüchen anbieten können." Das werde ohne Frage Leben retten.
Künftige Forschung müsse klären, wie die übrigen zwei Wirkstoffe einsetzbar sind, um "Ebola von einer furchterregenden Krankheit in eine zu verwandeln, die verhinderbar und behandelbar ist." Man könne Ebola wohl nie ausrotten, aber es sollte künftig möglich sein zu verhindern, dass es zu großen nationalen und regionalen Ausbrüchen kommt. (mit dpa/KNA/epd)