Präsidentenwahl: Dreikampf um die DFG-Spitze
Drei Kandidatinnen und Kandidaten stehen fürs Präsidentenamt der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Wahl. Schafft es erstmals eine Frau an die Spitze?
Wer leitet künftig die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die größte Förderorganisation für die Wissenschaft in Deutschland? Der Dreikampf um die Spitze der DFG gilt unter Insidern als völlig offen: Wird es erstmals eine Frau schaffen? Oder setzt sich erneut ein Mann aus jener Gruppe von Wissenschaftsmanagern durch, die seit Jahren die Chefposten der deutschen Wissenschaft unter sich ausmachen? Es dürfte spannend werden, wenn die Mitgliederversammlung am Mittwoch abstimmt – umso mehr, als zwischen der DFG und den Universitäten, die die Gemeinschaft hauptsächlich tragen, nicht alles zum Besten stehen soll.
Amtsinhaber Peter Strohschneider scheidet zum Jahresende aus. Zur Wahl stehen nun zwei Kandidatinnen und ein Kandidat: Die Biochemikerin Katja Becker (Uni Gießen), die Informatikerin Dorothea Wagner (Karlsruher Institut für Technologie) und der Ingenieur Wolfgang Marquardt.
Letzterer ist der Kandidat mit der größten Leitungserfahrung. Er ist Chef des Forschungszentrums Jülich, Vizepräsident der Helmholtz-Gemeinschaft und war bereits Vorsitzender des Wissenschaftsrats, wo er schon damals auf Strohschneider im Amt folgte. „Normalerweise müsste es Marquardt also werden. Die immer selben älteren Männer drehen sich schließlich bei den Spitzenposten im Kreis“, merkt ein Experte aus der Wissenschaftspolitik ironisch an.
Genug vom Old-Boys-Network in der Wissenschaft?
Womöglich könnte genau das dieses Mal jedoch gegen Marquardt sprechen: Zu hören ist, dass einige DFG-Mitglieder genug von dem Wechselspiel im Old-Boys-Network haben. Eine Rolle spielen dürfte auch, dass Marquardt für die außeruniversitäre Helmholtz-Gemeinschaft steht. Die Universitäten wollen sich von den außeruniversitären Instituten eher abgrenzen. Sie dürften wenig motiviert sein, ausgerechnet einen „Helmholtzer“ zum DFG-Präsidenten zu wählen. Umso mehr, weil unter den Unis insgesamt Unmut über die Shortlist der Kandidaten herrschen soll: Gestandene Unipräsidenten, die durchaus Interesse gehabt hätten, wurden von der Findungskommission nicht nominiert.
Überhaupt ist zu hören, dass es endlich Zeit für eine Frau an der Spitze ist – nicht zuletzt, weil die anderen wichtigen Chefposten der deutschen Wissenschaftsorganisationen fast ausschließlich von Männern besetzt sind. Beim Deutschen Akademischen Austauschdienst wurde unlängst ein Präsident gewählt, nachdem der DAAD zuvor von einer Frau geführt wurde. Die verbleibende amtierende Frau an der Spitze einer der großen Wissenschaftsorganisationen - Martina Brockmeier vom Wissenschaftsrat - scheidet Anfang 2020 turnusgemäß aus. Die Volkswagen Stiftung, die nicht zur Allianz der großen Wissenschaftsorganisationen gehört, wählte Ende der Woche den Staatssekretär im Wissenschaftsministerium, Georg Schütte, zum neuen Generalsekretär. Dessen Nachfolger als Staatssekretär ist mit Wolf-Dieter Lukas ebenfalls ein Mann.
"Schlechtes Timing" bei der Führungsdiskussion
Die beiden Kandidatinnen bei der DFG haben jedenfalls mehr Stallgeruch als Marquardt: Katja Becker ist aktuell DFG-Vizepräsidentin, Dorothea Wagner war Vize von 2007 bis 2014 und ist derzeit unter anderem stellvertretende Vorsitzende der wissenschaftlichen Kommission des Wissenschaftsrats. Auf die neue DFG-Leitung wartet einige Arbeit. Insgesamt herrsche unter den Unis „Verunsicherung“, ist zu hören: Bei der Frage, wie viel die DFG bei wichtigen Weichenstellungen in der Politik noch zu sagen hat, wie sehr die Unis in der DFG sich an der Gestaltung neuer Förderformate beteiligen können – und bei der Frage, wie die DFG künftig geführt wird.
Nach der Trennung von Generalsekretärin Dorothee Dzwonnek wollte die DFG eine große Satzungsänderung durchsetzen, um die Führungsstruktur neu zu ordnen, unter anderem mit einem neuen hauptamtlichen Vizepräsidenten. Dass diese wichtige Diskussion ausgerechnet in die Hochphase der Exzellenzinitiative fiel, sollen einige Unis als schlechtes Timing empfunden haben. Nun wird die große Änderung erst einmal vertagt. Zu hören ist, dass es nur eine „kleine Lösung“ gibt: Der Posten des Generalsekretärs soll erstmals befristet werden – womit auch die Macht dieses Amts beschränkt würde.