Maskenpflicht in Deutschland: Die wichtigsten Mythen und die Wahrheit über Mund-Nase-Masken
Bieten selbstgemachte Masken Schutz vorm Coronavirus – oder erhöhen sie sogar das Infektionsrisiko? Wie wirksam ist eine Reinigung in der Mikrowelle?
Jetzt also doch. Als letztes Bundesland führte auch Bremen am Mittwoch eine Maskenpflicht ein. Überall im Land sind Bürgerinnen und Bürger jetzt verpflichtet, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, zumindest im öffentlichen Nahverkehr oder in Geschäften. Um die Gesichtsmasken ranken sich viele Mythen – bis vor kurzem beteuerten Politiker und Wissenschaftler noch, sie brächten nichts im Kampf gegen Covid-19. Was stimmt, was ist falsch?
Mythos eins: Masken bieten keinen Schutz vor dem Virus
Geht es um den Schutz des Maskenträgers vor einer Infektion, ist dieser Mythos wahr: Einfache Mund-Nase-Bedeckungen schützen die Träger nicht oder nur in sehr geringem Maße vor einer Corona-Infektion. Feine Tröpfchen, die in der Luft hängen, können etwa durch die seitlichen Öffnungen noch immer eingeatmet werden.
Vor einer Virus-Infektion schützen den Träger nur professionelle Atemschutzmasken mit Filter und Ventil, gekennzeichnet durch die Spezifikationen FFP-2 und FFP-3. Die sind aber derzeit Mangelware und werden in Krankenhäusern dringend benötigt - genau wie die einfachen OP-Masken.
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Was jedoch auch selbstgenähte Mund-Nase-Bedeckungen wahrscheinlich leisten, ist Fremdschutz. Größere Tröpfchen, die beim Husten, Niesen oder Sprechen ausgestoßen werden, landen direkt im Stoff. Die Ansteckungsgefahr für Menschen im Umfeld des Maskenträgers ist daher niedriger. Bekannt ist dieser Effekt – zumindest für die medizinischen Mund-Nase-Masken – schon lange: es ist der Grund, warum Chirurgen OP-Masken tragen.
Charité-Virologe und Coronavirus-Experte Christian Drosten sagte in seinem NDR Podcast, es gebe „Anfangsevidenzen“ für den Fremdschutz selbst gemachter Mund-Nase-Masken, die auch „Community-Masken“ genannt werden. Das setze voraus, dass „jeder, jeder, jeder in der Gesellschaft“ die Masken tragen müsse.
Drosten zitierte unter anderem eine Studie aus Honkong, die im Nature Magazin veröffentlicht wurde. Sie hatte ergeben, dass bei Patienten, die einen einfachen Mund-Nase-Schutz trugen, keine Tröpfchen, die das Virus übertragen, in der Luft in ihren Zimmern zu finden waren. Die Studie wurde vor dem Aufkommen von SARS-CoV-2 durchgeführt, die Patienten hatten normale Erkältungs-Coronaviren und das Influenza-Virus.
Wer Maske trägt, kann also helfen, die Ausbreitung von Covid-19 in der Bevölkerung zu verlangsamen, indem er andere schützt. Je mehr sie tragen, desto effektiver ist dieser Schutz. Insbesondere gilt das dann, wenn mehrere Personen sich zusammen in einem geschlossenen Raum aufhalten, also beispielsweise im öffentlichen Nahverkehr, in Geschäften oder am Arbeitsplatz.
Mythos zwei: Masken erhöhen das Infektionsrisiko sogar
Lange galten Masken in Deutschland nicht nur als sinnlos, sondern sogar als gefährlich: Die Träger könnten sich in falscher Sicherheit wiegen und wichtige Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln missachten. Sitzt die Maske schlecht, fasst man sich außerdem öfter ins Gesicht, wird sie nicht gründlich gereinigt, ist sie ein potenzieller Infektionsherd.
All diese Bedenken sind berechtigt. Grundsätzlich gilt: eine Maske schützt nur, wenn sie richtig eingesetzt wird. Das Robert Koch-Institut empfiehlt seit Anfang April, dass auch die allgemeine Bevölkerung „in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum“ eine Mund-Nase-Bedeckung tragen sollte. Nach wie vor seien aber die Selbstisolation bei einer Erkrankung, regelmäßiges Händewaschen, Hust- und Niesetikette und das Abstandhalten von mindestens 1,5 Metern die wichtigsten Maßnahmen im Kampf gegen Covid-19.
Eine Gefahr durch das Maskentragen ist also ein psychologischer Effekt: Maskenträger müssen sich bewusst sein, dass sie durch die Maske nicht vor einer Infektion geschützt sind. Sie müssen weiterhin alle geltenden Regeln befolgen. Tun sie dies nicht, erhöht sich das Infektionsrisiko.
Die zweite Gefahr ist die falsche Handhabung, die eine Infektion zur Folge haben könnte. Träger von Community-Masken sollten mehrere Regeln beachten, damit die Masken sicher sind: Die Mund-Nase-Bedeckung muss eng anliegend über Mund und Nase getragen werden, das Eindringen von Luft an den Seiten sollte minimiert werden. Fest gewebte Stoffe eignen sich besser für das Herstellen einer Maske als leicht gewebte.
Sie sollte nicht zurechtgezupft werden, da Hände im Gesicht das Infektionsrisiko erhöhen. Beim Anziehen der Maske sollte darauf geachtet werden, dass sie von innen nicht kontaminiert ist. Die Hände müssen gründlich gewaschen sein.
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Bei Durchfeuchtung sollte die Maske sofort abgenommen und ausgetauscht werden. Die Außenseite der Maske sollte von den Händen nicht berührt werden, da sie eventuelle erregerhaltig ist. Nach dem Absetzen sollten die Hände gründlich gewaschen werden.
Nach dem Abnehmen sollte sie beispielsweise in einem Beutel luftdicht verschlossen oder sofort gewaschen werden. Die Aufbewahrung sollte nur über kurze Zeit erfolgen, um Schimmelbildung zu vermeiden. Die Frage danach, wie die Maske richtig gereinigt wird, bringt uns zum nächsten Mythos.
Mythos drei: Masken lassen sich nicht richtig reinigen
Mund-Nase-Masken und FFP-Masken sind eigentlich Einmal-Artikel, sie sollten nach der Nutzung entsorgt werden. Da aber in Deutschland akuter Maskenmangel herrscht und immer mehr Menschen sich selbst Masken nähen, gilt es, kreativ zu werden bei der Sterilisation der Masken.
Viren sterben bei heißen Temperaturen ab. Jenseits von 60 oder 70 Grad Celsius hält es auch das neue Coronavirus nicht aus. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte empfiehlt, Masken nach einmaliger Nutzung idealerweise bei 95 Grad, mindestens aber bei 60 Grad zu waschen und danach vollständig zu trocknen.
Dies ist aber beispielsweise nicht möglich, wenn ein Metallbügel in den Masken verarbeitet ist, der sich beim Waschen verbiegt. Christian Drosten empfiehlt, Stoffmasken bei 70 Grad in den Backofen zu legen, bis sie trocken sind - wenn der Stoff das aushält. Auch das Bügeln nennt Drosten als Option, um eine Maske zu zu reinigen.
Auch die heimische Mikrowelle ist eine Option: Forscher in den USA hatten Schutzmasken zusammen mit Gefäßen mit Wasser in einer handelsüblichen Mikrowelle erhitzt. Sie wollten damit Wasserdampf erzeugen, der die Maske reinigt. Das Ergebnis: Die Dampfsterilisation in der Mikrowelle hat die Masken kaum beschädigt und die Filterwirkung nicht wesentlich reduziert.
Aufgepasst werden muss aber bei Schutzmasken, in denen Metall verbaut ist. Die Metallteile können in der Mikrowelle zu Blitzen oder Funkenschlag führen.
Mythos vier: Es gibt nicht genug Masken, um alle damit zu versorgen
Dieser Mythos ist Realität – und der Hauptgrund dafür, warum Politiker und Institutionen wie das RKI lange vom Tragen einer Maske abrieten. Aufgrund der plötzlich eingetretenen Ausnahmesituation herrscht weltweit ein Maskenmangel. Auch in deutschen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gibt es immer noch zu wenig medizinische Masken.
Wäre eine allgemeine Maskenpflicht zu früh verkündet worden, hätte es einen noch größeren Run auf dringend benötigten Schutzmasken gegeben. Auch jetzt besteht das Dilemma, dass Bürger verpflichtet sind, Masken zu tragen, die es nicht gibt. Das ist auch der Grund, warum im Beschluss von Bund und Ländern Masken nur „dringend empfohlen“ wurden, wie Angela Merkel diese Woche bestätigte.
Inzwischen haben viele begonnen, selbst Masken zu nähen und zu verkaufen. Auch Schals oder Buffs werden als Mund-Nase-Bedeckungen erlaubt. Die Hoffnung der Politik scheint jetzt darin zu liegen, dass das ausreicht, um Privatmenschen vom Kauf medizinischer Schutzmasken abzuhalten.
Wie Sie selbst einen Behelfs-Mundschutz nähe können, erfahren Sie übrigens in diesem Artikel samt Anleitung und Schnittmuster.
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