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Mit Hilfe der Infrarotreflektographie wird im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg die von Farbschichten bedeckte Unterzeichnung eines spätmittelalterlichen Tafelgemäldes sichtbar gemacht.
© Germanisches Nationalmuseum

Konservierungsforschung: Die Schichtarbeiter

Restauratoren bewahren Kulturgüter für die Nachwelt. Unter vielen Lagen Farbe tritt oft Erstaunliches zutage.

Es ähnelt Detektivarbeit, wenn Restauratoren sich einem Gemälde nähern – einem Bild, das mehrere hundert Jahre alt ist und einiges erlebt hat. Vermutlich ist es verblichen, vielleicht von Rissen durchzogen oder beschädigt. Lässt sich nach so langer Zeit noch herausfinden, wie die Farben einmal ausgesehen haben?

Einen Blick auf die Arbeit der Konservierungsforschung wirft die Ausstellung „Bellini plus – Forschung und Restaurierung“ in der Berliner Gemäldegalerie. Gezeigt werden Werke von Jacopo Bellini, dessen Sohn Giovanni sowie venezianischen Zeitgenossen aus dem 15. Jahrhundert. „Die Gemälde haben alle Veränderungen erfahren“, erklärt Babette Hartwieg, Leiterin der Abteilung Restaurierung und Kunsttechnologie der Gemäldegalerie. „Teilweise sind sie nur Fragmente eines Altarwerks, sind beschädigt, wurden überarbeitet oder durch Umwelteinflüsse verändert.“ Eine Herausforderung für die Restauratoren.

Die Präsentation ist ein Vorbote der Ausstellung „Mantegna und Bellini – Meister der Renaissance“, die zusammen mit der National Gallery in London erarbeitet wurde, derzeit dort zu sehen ist und im März 2019 in die Berliner Gemäldegalerie kommt. Wer zuvor „Bellini plus“ besucht, der erfährt, in welch aufwendiger Feinarbeit Restauratorinnen und Restauratoren die ausgestellten Stücke wieder zum Strahlen bringen. Jeder Arbeitsschritt wird genau überdacht, jede Veränderung akribisch dokumentiert. Ein Restaurator muss das Werk kunsthistorisch im zeitlichen Kontext sehen, aber auch die originalen und später aufgebrachten Materialien kennen. Heute steht für derartige Analysen Hightech-Ausrüstung zur Verfügung: So werden die Gemälde mit Röntgengeräten, Infrarotreflektografie-Kameras oder per UV-Fluoreszenzanalyse überprüft. Diese Verfahren zeigen Retuschen oder Übermalungen und erlauben so Aussagen zu Überarbeitungen von Gemälden. Auch mikroskopische Untersuchungen machen es möglich, den Prozess der Bildentstehung sowie spätere Veränderungen nachzuvollziehen.

Das Rathgen-Forschungslabor war das erste Museumslabor der Welt

Chemisches Fachwissen ist gefragt, wenn es um die Zusammensetzung von Farbpartikeln in verschieden alten Schichten geht. „Diese Untersuchungen könnten wir nicht ohne das Rathgen-Forschungslabor machen“, sagt Babette Hartwieg. Das Labor ist ein deutschlandweit tätiges, naturwissenschaftliches Institut der Staatlichen Museen zu Berlin. Dort kommt das Team von Ina Reiche zum Einsatz: neun feste sowie diverse Projektmitarbeiter, alle mit naturwissenschaftlichem Hintergrund. Die Arbeit steht in einer langen Tradition: „1888 gegründet, war das Rathgen-Forschungslabor das erste Museumslabor der Welt“, sagt Leiterin Ina Reiche, Kunsthistorikerin und Chemikerin. Ein großer „Gerätepark“ sorgt heute dafür, dass Fragen zur Konservierung geklärt werden können. Dabei sind es nicht nur Gemälde und Zeichnungen, die das Labor untersucht, sondern auch Skulpturen und Textilien wie Wandteppiche oder Lederobjekte. „Alles, was im Museum ausgestellt wird, kann Teil unserer Forschungen werden“, sagt Reiche. Ob die Kunst zum Team kommt oder umgekehrt, richtet sich nach der Größe und dem Zustand des jeweiligen Objekts.

Die Arbeit gleicht dem Legen eines Mosaiks

„Museum ist eine Mannschaftssportart“, bestätigt Oliver Mack vom Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg; er leitet dort das Institut für Kunsttechnik und Konservierung. Das Wissen um Materialien, Technik und Aufbau, um die Geschichte eines Kunstwerks und seiner Veränderungen bildet die Grundlage, auf der ein Konservierungs- oder Restaurierungskonzept erstellt wird. „Das ist immer Teamwork“, sagt Mack. Er vergleicht die Arbeit mit dem Legen eines Mosaiks: „Wir tragen Informationen zusammen und treffen dann eine Entscheidung, wie wir das Werk möglichst mit all seinen Aspekten erlebbar machen, ohne das Ursprüngliche zu verzerren.“ Das ist nur im interdisziplinären Austausch möglich. Der Experte sieht seine Zunft in der Verantwortung, das kulturelle Erbe zu erhalten – „denn es ist eine endliche Ressource“. Leider komme die Konservierungsforschung bei der Verteilung von Geldern oft zu kurz.

Der Blick hinter die Dinge, die Neugier auf ihre Entstehungsgeschichte – Vollblutrestauratoren lässt das auch in der Freizeit nicht los. „Wenn man privat im Museum ist, macht man sich nicht immer beliebt. Wir sind die, die alles genau im Streiflicht betrachten“, gesteht Babette Hartwieg und lacht, „am liebsten mit der Nase am Kunstwerk.“

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