Mehr Engagement von Firmen an Unis: Die Rückkehr der Stiftungsprofs
In Berlin ging die Zahl der von Firmen gestifteten Professuren lange zurück. Nun ändert sich das - wegen der vielen neuen Digitalprofessuren.
Kommt es bundesweit zu einer Renaissance der Stiftungsprofessuren von Unternehmen? Zwei Initiativen aus der jüngsten Zeit lassen vermuten, dass sich Unis und Unternehmen auf diesem sensiblen Feld wieder annähern. Den Anfang machte Berlin mit 55 neuen IT-Professuren am Einstein Center Digital Future (ECDF). Das im April 2017 eröffnete Zentrum ist bis 2023 mit 38,5 Millionen Euro finanziert. Das Geld kommt vom Land Berlin, aus den Uni-Etats und von 20 Unternehmen, darunter Intel, SAP, Telekom, Viessmann und die Bundesdruckerei, die zwölf Millionen Euro beisteuern. Ende des vergangenen Jahres wurde dann bekannt, dass die Stiftung des Lidl-Gründers Dieter Schwarz die Technische Universität München massiv sponsert – mit Mitteln für 20 Professuren in der Betriebswirtschaftslehre.
Bayern, das traditionell die meisten Stiftungsprofessuren hat, setzt sich damit in der Statistik weiter ab. Für Berlin aber steigen mit den neuen Unternehmensbeteiligungen die Zahlen erstmals wieder. 2009 war die Hauptstadt nach einem Ranking des Stifterverbands noch nach Bayern und Baden-Württemberg mit 62 Stiftungsprofessuren die drittstärkste Region. Doch seitdem ging die Zahl der Stiftungsprofessuren kontinuierlich zurück – auf 42 im Jahr 2017. Das geht aus der Antwort der Wissenschaftsverwaltung auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Adrian Grasse hervor.
Um 2011 gab es eine negative Trendwende
„Auffällig“ nennt Grasse diesen „nennenswerten Rückgang“. An der FU, die 2011 mit neun Stiftungsprofessuren einen Höchststand verzeichnete und 2016 auf zwei gefallen war, schlagen allerdings schon die ersten beiden 2017 berufenen ECDF-Wissenschaftler zu Buche, jetzt hat die FU wieder vier gesponserte Professuren. Auch an der TU geht der Zuwachs auf die IT-Professuren zurück: Sie hatte 2009 noch 18 Stiftungsprofessuren, fiel bis 2016 auf acht ab – und hatte zuletzt wieder zehn. Nach dem aktuellsten Stand Mitte Januar sind es bereits vier vom ECDF. Die HU steht bei sieben Professuren – die niedrigste Zahl seit 2011, als es 16 waren. Die Charité fiel von zwischenzeitlich 33 auf 19 Stiftungsprofessuren. Doch auch an der HU und an der Universitätsmedizin wird durch das ECDF wieder bergauf gehen. Insgesamt sollen es zusammen mit den acht bereits Berufenen bis heute 55 Digital-Professuren werden.
„Durch die neuen Initiativen in Berlin und München sind die Stiftungsprofessuren wieder in aller Munde“, sagt Mathias Winde, Leiter des Programmbereichs Hochschulpolitik und -organisation im Stifterverband. Das Klima für das Engagement von Unternehmen scheine sich allmählich zu verbessern. Um 2011/12 habe es eine negative Trendwende gegeben: Während es bei den von Stiftungen finanzierten Professuren einen leichten Anstieg gab, hätten die Unternehmen ihr Engagement bundesweit – außer in Bayern – zurückgefahren. Aktuell gibt es laut Winde bundesweit 780 Stiftungsprofessuren.
Öffentliche Ablehnung solcher Kooperationen
Mitausschlaggebend sei die öffentliche Ablehnung solcher Kooperationen gewesen, sagt Winde. Die Kritik an einigen Kooperationsvereinbarungen ließen Unternehmen, aber auch Hochschulen zurückhaltender werden. In einem Fall, der bundesweit Wellen schlug, ging es um ein von der Deutschen Bank gesponsertes Institut an der TU und der HU Berlin. Beide Universitäten hatten der Bank bei den Stiftungsprofessuren weitgehende Mitspracherechte gewährt.
Zur „großen Vorsicht von Unternehmen und Unis, so etwas noch einmal anzugehen“, seien dann die Auswirkungen der Exzellenzinitiative hinzugekommen, sagt Winde. Die erfolgreichen Unis gewannen etliche Professuren in Exzellenzclustern hinzu – mit der Auflage, sie nach Auslaufen der Projekte aus ihren Haushaltsmitteln zu verstetigen. Diese Erwartung ist häufig auch mit Stiftungsprofessuren verbunden, die von Firmen in der Regel für fünf Jahre finanziert werden.
Der CDU-Abgeordnete Adrian Grasse fordert Senat und Universitäten auf, sie müssten bei Stiftungsprofessuren „nun auch dranbleiben – und das nicht nur bei den Professuren für die Digitale Zukunft“. Amory Burchard