Stromspeicherung für die Energiewende: Die Riesenbatterie von Schwarze Pumpe
In Brandenburgs entsteht ein Großspeicher, der das Stromnetz bei wechselnder Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen stabilisieren soll.
Windräder hat Brandenburg in großer Zahl. Mehr als 3800 sind am Netz, liefern Strom fürs Land und die Metropole Berlin. Zusammengenommen können sie 7000 Megawatt leisten, mehr als viermal so viel wie die beiden Blöcke im Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe bei Cottbus.
Doch das ist nur eine Rechnung auf dem Papier. Sie setzt voraus, dass überall der Wind gleich stark bläst. In Wirklichkeit variiert die Leistung der Windkraftkraftanlagen erheblich, wie auch bei Solaranlagen – mit den bekannten Folgen für die Stromerzeugung.
Um Schwankungen auszugleichen, kommen zunehmend Batteriespeicher zum Einsatz, die binnen Sekunden Strom einspeisen oder überschüssige Energie aufnehmen und so das Netz stabilisieren. Ein solcher entsteht derzeit am Fuß eines Kühlturms in Schwarze Pumpe, im August soll er in Betrieb gehen.
25-Millionen-Euro-Akku
Mit einer Kapazität von 53 Megawattstunden und eingebunden in die vorhandene Kraftwerksinfrastruktur sei das Projekt „BigBatteryLausitz“ bislang einzigartig in Europa, wirbt der Betreiber LEAG (Lausitz Energie Bergbau AG).
13 Einheiten wurden aufgestellt, bestehend aus je einem Container mit Lithium-Ionen-Batterien und einem für den Umrichter, der aus Gleichstrom Wechselstrom macht. Es sind graue, erhöht stehende Kästen, verknüpft über armdicke Kabel, die aus dem Containerboden kommen und im Erdreich verschwinden. Dazwischen stehen Betonwände. Sie sollen verhindern, dass im Brandfall das Feuer übergreift.
„Wir gehen aber davon aus, dass ein Brand sehr unwahrscheinlich ist“, sagt der Projektleiter Gunnar Löhning. Die Komponenten würden alle überwacht. „Sobald beispielsweise in einer Batteriezelle die Temperatur steigt, wird sie abgeschaltet.“
25 Millionen Euro kostet der gesamte Speicher, mit vier Millionen fördert das Land Brandenburg das Vorhaben. Zehn Jahre soll er mindestens in Betrieb sein, dann werde er noch mindestens 80 Prozent ihrer anfänglichen Kapazität haben, verspricht der Hersteller. Die elektrischen Bauteile wie Schaltanlagen seien auf 20 Jahre Betrieb ausgelegt, sagt Löhning. Die Batterie könnte also länger genutzt werden.
Dauerbetrieb auf "halb voll"
Dass sie ausgerechnet hier auf dem Gelände des Kraftwerks Schwarze Pumpe errichtet wurde, hat Löhning zufolge mehrere Gründe. Das Unternehmen LEAG erzeugt mit seinen Braunkohlekraftwerken in Brandenburg und Sachsen fast jede zehnte Kilowattstunde in Deutschland. Doch dieser Anteil wird mit dem Kohleausstieg bis Mitte der 2030er-Jahre beständig sinken.
Daher sucht man nach neuen Geschäftsfeldern – und betreibt nun den Batteriespeicher, der mit einer Leistung von 50 MW zu den derzeit größten hierzulande zählt. Da er binnen Sekunden reagieren kann, wird seine Leistung als sogenannte Primärreserve vermarktet. Je nachdem, ob überschüssiger Strom aus dem Netz entnommen oder ein Mangel ausgeglichen werden muss, springt er ein und wird daher im Schnitt auf „halb voll“ gefahren.
„Speicher, die das Netz stabilisieren, gibt es bereits etliche“, sagt Löhning. „Das Besondere hier ist, dass er mit einem Kraftwerk verbunden wird.“
Das habe zwei Vorteile: Zum einen befindet er sich an einem Knotenpunkt des internen 110 Kilovolt-Netzes der LEAG und kann optimal zur Regelung eingesetzt werden. Zum zweiten kann er den Betrieb des Kraftwerks unterstützen. „Um die Anlagen zu schonen, versucht man, kurzfristige, starke Lastwechsel zu vermeiden“, erklärt er. „In diesen Fällen soll künftig der Speicher hinzukommen.“
Für die Ingenieure in Schwarze Pumpe ist das alles neu. Erfahrungen aus der Praxis erhält man etwa bei der „Kraftwerksbatterie“ in Heilbronn. So heißt ein Joint-Venture von EnBW und Bosch, das einen 5-Megawatt-Speicher, basierend auf Li-Ionen-Technologie, aufgebaut und im April 2018 eingeweiht hat. Er bietet eine Kapazität von fünf Megawattstunden – etwa ein Zehntel der Kennzahlen des Lausitzer Speichers.
Auch in Heilbronn ging es darum, neben der Regelleistung fürs Netz Unterstützung für das Steinkohlekraftwerk zu bieten, auf dessen Gelände der Speicher errichtet wurde. Dazu wurde er in die Leittechnik des Blocks Nummer 7 eingebunden, berichtet Arnim Wauschkuhn, einer der beiden Geschäftsführer des Kraftwerksbatterie.
„Ein weiterer Punkt für die Standortentscheidung war, dass über das vorhandene Kraftwerk rund um die Uhr Fachleute verfügbar sind, um bei Schwierigkeiten zu helfen.“ Doch das sei kaum nötig gewesen.
Primärregelleistung wird wichtiger
„Bei jeder neuen Anlage gibt es Kinderkrankheiten, zum Beispiel eine lockere Klemme, aber das ist normal“, erzählt Co-Geschäftsführer Ralf Klein. Die Zuverlässigkeit sei enorm. „Immer wenn der Speicher für die Netzbetreiber als verfügbar gemeldet war, war er einsatzfähig.“
Zwei Wochen Pause im Jahr seien planmäßig gemacht worden, um Zeit für interne Tests und Wartungsarbeiten zu haben: Die Klimaanlage und Isolationen der elektrischen Einheiten zum Beispiel müssen regelmäßig überprüft werden. Bisher laufe die Anlage gut, sagt Wauschkuhn. Er geht von einer Lebensdauer von 15 bis 20 Jahren aus.
„Je mehr konventionelle Kraftwerke aus dem Netz gehen, umso wichtiger wird Primärregelleistung“, sagt Jutta Hanson von der TU Darmstadt und unter anderem Leiterin der Arbeitsgruppe „Zentrale und dezentrale Elemente im Energiesystem“ im Akademienprojekt Esys (Energiesysteme der Zukunft). Batteriespeicher seien eine Lösung, aber nicht die alleinige. „Auch erneuerbare Energien können das teilweise leisten, wenn sie entsprechend gesteuert werden, doch das macht den Betrieb teurer.“
Wie groß der Bedarf an Stromspeichern nach dem Kohleausstieg sein wird, dazu gehen heute die Meinungen der Experten noch zu weit auseinander. Umso wichtiger sei es, verschiedene Optionen zu verfolgen wie die Sektorkopplung, Wasserstofferzeugung oder auch die bislang glücklosen Druckluftspeicher.
Alternative Materialien
„Batterien haben den Vorteil, dass sie preiswert und am Markt verfügbar sind“, sagt Hanson. „Der Besitzer wird schauen, dass er sie möglichst gewinnbringend einsetzt – das kann dazu führen, dass dies nicht netzdienlich ist und Schwankungen bestehen bleiben, schlimmstenfalls sogar verstärkt werden.“
Auch der immense Rohstoffbedarf werde von Fachleuten kritisch gesehen, sagt sie. Insbesondere die Gewinnung von Lithium und Kobalt erfolgt teilweise unter fragwürdigen Bedingungen. Allerdings kommt es bei stationären Speichern nicht so sehr auf das Gewicht an wie bei einem Akku fürs Auto oder Smartphone. Daher könnten alternative Batteriematerialien, an denen geforscht wird, hier eine Alternative sein.
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