Eklat um Rückzug des Präsidenten der BTU Cottbus: "Die Märchenstunde der Ministerin"
Offener Brief: Nach seinem Rückzug vom Amt des BTU-Präsidenten macht Jochen Zimmermann Ministerin Kunst schwere Vorwürfe. Sie habe eine "Raffke-Kampagne" gegen ihn inszeniert um davon abzulenken, dass sie ihn inhaltlich nicht stütze.
„Unehrenhafte Reaktionen“, „Widerständlichkeit und Unaufrichtigkeit“: Mit schweren Vorwürfen gegen Wissenschaftsministerin Sabine Kunst hat der Wirtschaftswissenschaftler Jochen Zimmermann seinen Rückzug vom Amt des Gründungspräsidenten der BTU Cottbus-Senftenberg begründet. „Der immer wieder fehlende oder unzureichende Rückhalt Ihres Hauses hat mich zu meinem Handeln veranlasst“, schreibt Zimmermann in einem offenen Brief (hier der Wortlaut des Briefes).
Zimmermann sollte im Sommer antreten
Anders als vom Ministerium öffentlich suggeriert, seien die Verhandlungen über sein Dienstverhältnis keineswegs an finanziellen Fragen gescheitert. Vielmehr habe Kunst „den von mir und nahezu allen Teilen der Universität formulierten Fusionsplan nicht mitgetragen“. Die „neue“ BTU war nach langem Streit Mitte 2013 aus der „alten“ Brandenburgischen Technischen Universität und der FH in Senftenberg hervorgegangen. Zimmermann wurde im Februar gewählt und damals auch von der Ministerin getragen, die ein Veto-Recht bei der Personalie hatte. Er sollte sein Amt im Sommer antreten.
Angebliche Vertragsdetails gelangten an die Presse
Am Montagabend hatten sich Zimmermann und die Ministerin bei einem letzten Treffen endgültig überworfen. Bereits am Donnerstag hatte das Ministerium den Rückzug des designierten Präsidenten bekannt gegeben – offenbar gegen den Willen Zimmermanns, der trotz interner Rückzugsankündigung zu weiteren Verhandlungen bereit war. Er wirft Kunst vor, sie habe „einen falschen Zungenschlag in die Angelegenheit“ gebracht. Damit spielt er darauf an, dass aus Ministeriumskreisen an die Presse drang, die Verhandlungen seien an angeblichen Forderungen Zimmermanns nach einem größeren Dienstzimmer gescheitert. Auch habe er seinen Dienstwagen privat nutzen wollen.
"Raffkekampagne des Ministeriums"
Zimmermann, bisher Dekan der Wirtschaftswissenschaften an der Uni Bremen, dürfte das nicht nur als ehrabschneidend empfunden haben, weil er in Bremen als passionierter Fahrradfahrer bekannt ist. „,Aufopferungsvolles Land Brandenburg gegen gierigen Professor’ ist auch ein wunderbares Rührstück“, schreibt er ironisch. Es handele sich aber um eine „Märchenstunde“. Das Ministerium fahre eine „Raffke-Kampagne“.
Die Pläne der Ministerin? "Fernab jeder Realität"
Zimmermann legt noch einmal seinen Plan dar, die „neue“ BTU „unter Trennung ihrer anwendungsbezogenen und forschungsorientierten Teile“ aufzubauen. Offenbar stieß das bei Kunst auf Widerstand, obwohl sie seine Pläne lange kannte. Kunst schwebt eine „Hochschule neuen Typs“ vor – was sie damit genau meint, ist aus Sicht ihrer Kritiker nie klar geworden. Für Zimmermann jedenfalls liegen Kunsts Ideen „fernab jeder Realität“: „Nicht einmal im Ministerium hat es jemanden gegeben, der mir die dahinterstehenden Vorstellungen hat erklären können.“ Kunst teilte am Dienstag mit, zuletzt habe Zimmermann gegen alle Absprachen Standorte der Uni infrage gestellt. Zimmermann weist das zurück.
Der Ministerin wird an der BTU nachgesagt, ohnehin andere Kandidaten bevorzugt zu haben. Die Uni sei „unter Schock“, heißt es bei Professoren. Zimmermann sei nach der Wahl jede Woche nach Cottbus gekommen und habe einen sehr engagierten Eindruck gemacht. Das Image der Uni sei beschädigt. Bis ein neuer Kandidat das Amt antrete, könne ein Dreivierteljahr vergehen. Die CDU-Opposition fordert nun den Rücktritt der Ministerin.
Tilmann Warnecke
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