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Turbulente Karriere mit Höhepunkt tief im Rentenalter: Klaus Hasselmann, Klimaforschungs-Quereinsteiger.
© REUTERS / F. Bimmer

Nobelpreis für Hamburger Physiker: Die Lösung eines kleineren Problems

Für Klaus Hasselmann war Klimaforschung anfangs eher ein Notnagel. Doch mit einer aus seiner Sicht nicht einmal sehr schweren Berechnung schrieb er Geschichte.

Anders als viele deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seiner Generation hatte Klaus Hasselmann mit einem nie Probleme: der Wissenschaftssprache Englisch. 1931 in Hamburg geboren, emigrierte er 1934 zusammen mit seiner Familie nach England. „Mein Vater war Sozialdemokrat und wollte nicht in Deutschland bleiben“, erklärte der Klimaforscher einmal in einem Interview diesen Schritt.

Jener Vater – der Ökonom, Publizist und spätere Genossenschaftsverbands-Funktionär Erwin Hasselmann – hatte unter anderem bei Max Weber studiert und schlug sich in England dann unter anderem als freier Journalist durch.

1948 kehrte die Familie in die Hansestadt zurück, wo der Sohn ein Mathematik- und Physikstudium begann.

Zwischen Hamburg und Amerika

Ozeanographie wurde sein Fachgebiet, und seine zweite Muttersprache half ihm in seiner Karriere, die ihn schon früh an ozeanographische Institute in den USA führte. Doch auch die Rückkehr nach Hamburg wurde zu einem Leitmotiv seines Lebens. Nach ersten Auslandaufenthalten arbeitete er wieder an der dortigen Universität. Und 1975 wurde er Gründungsdirektor des dortigen Max-Planck-Instituts für Meteorologie.

Dass er den vielleicht wichtigsten Beitrag überhaupt zur Erforschung des menschgemachten Klimawandels leistete – den Nachweis der hohen Wahrscheinlichkeit, dass dieser eben wirklich menschgemacht ist – ist laut Hasselmann eigentlich Folge eines wissenschaftlichen Scheiterns.

Eine unlösbare Aufgabe - und eine lösbare

Das Turbulenzproblem, an dem er arbeitete – also eine mathematisch-physikalische möglichst exakte und Vorhersagen ermöglichende Beschreibung des Verhaltens turbulenter Strömungen – hatte sich als sehr widerspenstig erwiesen. „Das Turbulenzproblem ist bestimmt von starken nichtlinearen Wechselwirkungen, das Klimaproblem hingegen lässt sich mit schwächeren Wechselwirkungen beschreiben, es ist also einfacher“, sagte Hasselmann einmal im Interview mit der Zeitung „Welt am Sonntag“.

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Physikalisch mag er nur das zweitgrößte für ihn denkbare Problem gelöst haben. Wie wichtig dies aber gesellschaftlich, ja für die gesamte Menschheit werden würde, hat er dann allerdings früher als die meisten anderen erkannt und auch so formuliert. Schon 1988 sagte er in einem Interview mit den „Stuttgarter Nachrichten“, in 30 bis 100 Jahren werde „je nachdem, wie viel fossiles Brennmaterial wir verbrauchen, auf uns eine ganz erhebliche Klimaänderung zukommen.“

Vorhersagen vor fast 40 Jahren, heute Realität

Klimazonen würden sich verschieben, Niederschläge sich anders verteilen. „Man sollte“, so Hasselmann damals, „sich bewusst werden, dass wir in eine Situation hineinkommen, wo es keine Umkehr mehr gibt.“ Mittlerweile sind „Overshoot“-Szenarien, in denen die Erderwärmung Werte überschreitet, aber anschließend wieder darunter gesenkt wird, Gegenstand der Klimaforschung, wie auch die Anpassung an den unvermeidbaren Klimawandel.

Die Waldbrände haben sich in Russland durch mehr als drei Millionen Hektar gefressen. Zum Teil werden sie als Folge der Klimaveränderungen gesehen.
Die Waldbrände haben sich in Russland durch mehr als drei Millionen Hektar gefressen. Zum Teil werden sie als Folge der Klimaveränderungen gesehen.
© Ivan Nikiforov/AP/dpa

Hasselmann weigerte sich lange, einzelne Wetterereignisse, deren Ausprägung und mögliche Häufung ursächlich in den Klima-Zusammenhang zu stellen. Dafür fehlten die exakten Daten und Möglichkeiten, diese zu erfassen. Die so genannte Zuordnungsforschung aber ist inzwischen so weit, mit annähernd der Verlässlichkeit, die Hasselmanns Berechnungen einst lieferten, die von Menschen verschuldeten Anteile solcher Ereignisse zu berechnen. Von einigen sind wir 2021 Zeugen geworden. Und im Dezember wird der Mann, der auch hierfür Vorreiter war, 90 Jahre alt und um eine Auszeichnung reicher sein.

Von Laureaten seines Alters wird nicht mehr zwingend erwartet, dass sie ihre Nobelpreisrede selbst am Pult vortragen. Sollte Hasselmann es aber tun, dann sicher in perfektem Englisch.

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