Rüge vom Rechnungshof: Die Hochschulen sitzen auf Milliarden
Die Hochschulen geben Milliarden Euro für den Aufbau von Studienplätzen nicht aus. Der Bundesrechnungshof bemängelt eine „kaum zu überblickende Intransparenz“.
Aus dem Hochschulpakt zum Aufbau von Studienplätzen werden Milliarden Euro nicht ausgegeben: Das kritisiert der Bundesrechnungshof. Das Gremium moniert einen „nicht hinnehmbaren Verstoß gegen die Ziele des Programms“, wie es im neuen Bericht des Bundesrechnungshofs heißt, der dem Haushaltsausschuss des Bundestages zugesandt wurde und dem Tagesspiegel und dem "Handelsblatt" in Passagen vorliegt.
So hätten die Ausgabenreste bis Ende 2018 bei 3,7 Milliarden Euro gelegen. Für die Jahre danach liegen keine Zahlen vor.
"Intransparenz, die auch die Länder kaum überblicken"
Der Hochschulpakt läuft seit inzwischen 13 Jahren und reicht noch bis 2023, bis dahin sollen dann vom Bund über den gesamten Zeitraum gut 20 Milliarden Euro und von den Ländern mehr als 18 Milliarden Euro bereitgestellt worden sein. Der Bundesrechnungshof beanstandete die Ausgabenpraxis im Rahmen des Paktes bereits im vergangenen Jahr als intransparent, was jetzt noch einmal bekräftigt wird: „Die Mittelströme haben eine Intransparenz erreicht, die auch die Länder kaum noch überblicken.“
Offenbar habe sich seit der Kritik des vergangenen Jahres wenig getan, heißt es in dem Bericht. So seien die Ausgabenreste unverändert hoch. Teilweise würden Hochschulen sogar noch über Mittel aus der ersten Phase des Hochschulpaktes verfügen, die bereits im Jahr 2013 endete. „An einzelnen Hochschulen bleiben dadurch ganze Jahrgänge von den Hochschulpakt-Mitteln ausgeschlossen.“
Allein NRWs Hochschulen gaben 1,9 Milliarden Euro nicht aus
Wie hoch die Rücklagen sind, macht der Bericht an den Hochschulen Nordrhein-Westfalens klar. Diese allein verfügten zum Jahresende 2018 über 1,917 Milliarden Euro nicht ausgegebener Mittel.
Das entsprach den Pauschalen für fast 81.000 zusätzliche Studienanfängerinnen und Studienanfänger – und war mehr Geld, als die NRW-Hochschulen von 2019 bis zum Ende des Hochschulpaktes noch erhalten sollen. Eine Uni – der Name wird nicht genannt – hielt 4,5 mal so viel Geld zurück, als sie eigentlich ausgab.
Von der Universität des Saarlandes wird berichtet, wie sie kontinuierlich Restmittel anhäufte: Von null Euro im Jahr 2009 über 19 Millionen Euro Ende 2012 bis 91 Millionen Euro Ende 2018.
Finanziert: E-Ladestationen und Räume der Stille
Dass die Hochschulen die Mittel noch bis 2023, also bis zum Ende der Laufzeit des Hochschulpaktes, ausgeben können, hält der Rechnungshof für „unwahrscheinlich“. Es sei zu befürchten, dass die Länder nun einen „Ausgabendruck“ aufbauen, indem sie die Hochschulen anhalten, die Mittel restlos auszugeben.
Der Bericht listet bereits einige fragwürdige Planungen für die kommenden Jahre auf: So wollen Hochschulen in NRW aus den Hochschulpaktmitteln ein Parkhaus finanzieren, Ladestationen für E-Fahrzeuge oder Räume der Stille. Insgesamt seien viele Neubauten angemeldet, die aber gar nicht durch den Hochschulpakt finanziert werden sollten.
Die Grünen sprechen von einer "Klatsche" für die Bildungsministerin
Für Ekin Deligöz, grüne Obfrau im Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestags und Mitglied im Haushaltsausschuss, ist der Bericht „eine erneute Klatsche für Frau Karliczek“. Diese müsse aus ihrem Trott herauskommen und den Ländern klare Vorgaben machen.
„Für den Haushaltsausschuss sind solche Berichte nur sehr schwer verdaulich“, sagte Deligöz dem Tagesspiegel. Ihrer Meinung nach müsse der Haushaltsausschuss nun ernsthaft eine Ausgabensperre für die Restlaufzeit des Paktes in Erwägung ziehen, bis die Länder darlegen können, dass sie die Mittel zweckentsprechend verwenden. Noch muss der Bundestag weitere 2,5 Milliarden Euro aus dem Hochschulpakt freigeben.
Das BMBF weist die Kritik zurück
Das Bundesforschungsministerium von Anja Karliczek (CDU) weist die Kritik zurück, wie aus dem Bericht hervorgeht: Das Ziel zusätzlicher Studienanfänger werde erreicht und eine zweckentsprechende Verwendung bis 2023 sei möglich. Der Rechnungshof bleibt dennoch bei seiner Bewertung – und fordert für den Zukunftsvertrag Studium und Lehre, die Nachfolge des Hochschulpaktes, ein „stimmiges Berichtswesen“.
Das sieht auch Deligöz so: Das BMBF sei dafür verantwortlich, dass die Bundesmilliarden des Zukunftsvertrags zweckentsprechend verwendet werden und die Länder eine transparente Buchhaltung einführen.