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Der Corona-Impfstoff von Astrazeneca ist umstritten. Dabei lassen sich einige Gegenargumente leicht entkräften.
© Alain Jocard/AFP

Nebenwirkungen und geringe Wirksamkeit?: Die große Skepsis beim Astrazeneca-Impfstoff – und woher sie rührt

Die Wirksamkeit von „nur“ 70 Prozent schreckt einige Menschen ab, zudem gibt es Berichte über Nebenwirkungen. Was wird aus dem Impfstoff von Astrazeneca?

Alles fing mit dem Rat der Ständigen Impfkommission (Stiko) des Robert Koch-Instituts (RKI) an. Ende Januar teilte die Stiko mit, dass sie von einer Verwendung des Corona-Impfstoffs von Astrazeneca bei Menschen über 65 Jahre abrät, weil für das Mittel eine Wirksamkeit bei älteren Personen nicht ausreichend belegt sei. Der Rat wird bis heute in Deutschland umgesetzt.

Es war der Moment, in dem die Skepsis am Astrazeneca-Impfstoff ihren Höhepunkt erreichte. Denn für die anderen zugelassenen Impfstoffe, von Biontech und Pfizer sowie Moderna, gilt diese Einschränkung nicht. Dass der Impfstoff Astrazenecas mit 70 Prozent eine geringere Wirksamkeit hat, war bekannt. Aber jetzt noch eine solche Einschränkung?

Der Impfstoff wurde trotzdem zugelassen, sogar ohne Abstriche durch die Kommission der Europäischen Union (EU). Und vielleicht hätte sich die Skepsis auch verflüchtigt, wenn das die letzte Meldung geblieben wäre.

Denn eigentlich liegen die Vorteile des Impfstoffs von Astrazeneca auf der Hand. Als bisher einziger kann er auch in normalen Arztpraxen verimpft werden und muss nicht aufwändig auf minus 70 Grad Celsius gekühlt werden. Doch sollten gerade die Älteren zu Impfungen in Arztpraxen kommen. Die Älteren, die den Impfstoff von Astrazeneca zunächst nicht bekommen sollen.

Andere Menschen wollen den Impfstoff hingegen nicht bekommen, eben weil die Skepsis so groß ist. Am Wochenende waren bei einer „Sonderimpfung im medizinischen“ Bereich 54 Prozent von 200 zur Impfung angemeldeten Personen nicht erschienen, ohne den Termin abzusagen, berichtete die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann.

„Das ist kein Wunschkonzert“

Für sie habe das offenbar damit zu tun, dass dieser Impfstoff nur einen Wirkungsgrad von 70 Prozent habe, sagte die CDU-Politikerin – und kritisierte die Reaktion scharf. „Ich will sagen, dass das kein Wunschkonzert ist. Dass alle Impfstoffe zugelassen und gut sind“, sagte die Ministerin. Es sei „nicht solidarisch“, wenn die Hälfte der zur Impfung Angemeldeten nicht erscheine.

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Diese Skepsis befeuern auch Meldungen von Nebenwirkungen des Impfstoffs, die allerdings nicht ungewöhnlich sind. Meldungen wie die vom Wochenende im niedersächsischen Emden.

Dort hatten sich 30 Angestellte des Klinikums nach einer Injektion des Corona-Impfstoffs von Astrazeneca krank gemeldet. Das berichtet ntv. Insgesamt waren 194 Mitarbeiter, darunter auch Pflegekräfte und Ärzte, geimpft worden. Die 30, die sich krank meldeten, leiden unter Kopfschmerzen, Müdigkeit und Fieber.

Solche Nebenwirkungen wie Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und Krankheitsgefühle gibt das Robert Koch-Institut (RKI) auch auf seiner Website an. Sie treten auch bei anderen Impfungen auf. Wenn sie auftreten, dann schon kurz nach der Impfung – wie beim Klinik-Personal in Emden. Die Nebenwirkungen halten dann laut RKI meist wenige Tage an.

Der Hersteller Astrazeneca selbst stellt fest, dass die derzeit gemeldeten Reaktionen so seien, „wie wir sie aufgrund der Erkenntnisse aus unserem klinischen Studienprogramm erwarten würden“. Diese Nebenwirkungen träten häufiger nach einer ersten Dosis, als nach einer zweiten auf.

Auch für den Erlanger Infektionsimmunologe Christian Bogdan sind die Nebenwirkungen kein Grund zur Sorge, sondern eher gewöhnlich. „Die Symptome sind Ausdruck der Immunantwort, die zeigt, dass im Körper tatsächlich etwas nach der Impfung passiert“, sagte Bogdan. „Die hier genannten Symptome wie Kopfschmerzen oder Fieber entsprechen auch ganz dem, was bereits in Studien publiziert wurde.“

Jüngere Menschen reagieren stärker auf Impfstoffe

Etwa die Hälfte der Personen, die geimpft wurden, klagten über Nebenwirkungen, so sei es Bogdan zufolge aus Studien bekannt. Bis zu 70 Prozent fühlten sich nach einer Impfung lediglich müde, zeige die Studienlage.

Dass dieses Unwohlsein dazu führen kann, dass sich Menschen nicht in der Lage sehen, zu arbeiten, ist zwar eine individuelle Sache, allerdings aufgrund der Studienlage nicht außergewöhnlich. Denn auch ist es so, dass jüngere Menschen stärker auf Impfstoffe reagieren – weil sie das aktivere Immunsystem haben als ältere Menschen.

Dem ist zu entnehmen, dass es sinnvoll sein kann, nicht alle Mitarbeiter einer Abteilung gleichzeitig zu impfen. Der NDR meldet, dass die Klinik in Emden genau so auch auf die Krankmeldungen reagiert – und den Impfplan entzerren will, damit es auf den Stationen in der Klinik nicht zu Engpässen komme.

Zuvor waren ähnliche Nebenwirkungen auch in Schweden festgestellt worden. Nachdem am vergangenen Donnerstag von 400 geimpften Mitarbeitern aus zwei Krankenhäusern in der Provinz Sörmland rund 100 Nebenwirkungen, vor allem Fieber, zeigten, stoppte die Provinz sogar die Impfungen mit dem Astrazeneca-Impfstoff. Laut dem schwedischen Sender SVT herrsche dort nun Personalnotstand.

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, hat „Verständnis für medizinisches Personal, das sich nicht mit dem Astrazeneca-Vakzin impfen lassen will“. Der Impfstoff sei zwar genauso sicher wie die anderen und habe nach aktueller Studienlage auch nicht mehr Nebenwirkungen. „Doch die geringere Wirksamkeit lässt sich nicht wegdiskutieren“, sagte Montgomery der „Rheinischen Post“

Über die Wirksamkeit sagen solche Nebenwirkungen also nichts aus. Solange es keine neuen Studien gibt, die die Wirksamkeit von 70 Prozent widerlegen, ist davon auszugehen, dass sie stimmt. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis auch für den Impfstoff von Astrazeneca Studien zur Wirksamkeit vorliegen, wie die aus Israel zum Biontech-Impfstoff. Diese bestätigte dessen Wirksamkeit von 95 Prozent nach der zweiten Dosis.

Allerdings gibt es auch bereit Länder, die den Impfstoff von Astrazeneca aufgrund der geringeren Wirksamkeit ablehnen. Südafrika fordert laut einem Medienbericht das Serum Institute of India (SII) auf, eine Millionen Dosen des Covid-19-Impfstoffs zurückzunehmen. Dies berichtet die Zeitung „Economic Times“.

Das SII, der weltgrößte Impfstoffhersteller, produziert das Vakzin von Astrazeneca. Der südafrikanische Gesundheitsminister hatte vergangene Woche erklärt, dass das Land die Einführung des Impfstoffs nach einer klinischen Studie aussetze. Die Studie hatte ergeben, dass das Vakzin bei der im Land vorherrschenden Corona-Variante nur minimalen Schutz gegen leichte bis mittelschwere Erkrankungen bietet.

Dabei hatte Südafrika am Montag die Einsatzempfehlung der Weltgesundheitsorganisation erhalten. Die WHO hatte nach dem Biontech-Impfstoff auch für den Impfstoff von Astrazeneca eine Notfallzulassung erteilt. Neben der Wirksamkeit und Sicherheit prüft die WHO für eine solche Zulassung auch die Qualität der Fabriken, in denen das Serum hergestellt wird.

Die Notfallzulassung ist die Voraussetzung, damit UN-Organisationen den Impfstoff einkaufen und verteilen können. Ebenso können Länder, die keine eigenen Kapazitäten für wissenschaftlichen Prüfungen haben, aufgrund der Vorarbeit der WHO eine Zulassung in ihrem Land erteilen. Für Länder wie Großbritannien, die USA oder die Mitglieder der EU und viele weitere spielt die WHO-Notfallzulassung hingegen keine Rolle. Sie machen selbst Risikoanalysen und entscheiden über eine Zulassung. Oder eben, wie in Deutschland, über eine nur teilweise. (mit Agenturen)

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