Berlins Exzellenz-Erfolg: Der Sieg der Unis ist auch Michael Müllers Verdienst
Als Regierender ist Michael Müller glücklos, als Wissenschaftssenator glänzt er. Der Exzellenz-Sieg von Berlins Unis ist auch sein Verdienst. Ein Kommentar.
So eine Feier hat die ehrwürdige Urania selten gesehen: Hunderte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Jubelstimmung, die Berliner Uni-Chefs legen höchstpersönlich als DJs ihre schönsten Partykracher auf. Die Berliner Wissenschaft als Feierbiest – so geschehen am Freitag nach der Exzellenentscheidung, aus gutem Grund: FU, HU, und TU setzen sich gemeinsam im Finale des Elite-Wettbewerbs durch und werden wie zehn weitere Hochschulen zu Exzellenzunis gekürt.
Ein goldener Tag für die Hauptstadt. Die Siegerinnen erhalten die Millionenförderung anders als früher dauerhaft. Wer jetzt den Exzellenz-Thron erklommen hat, wird nur schwer wieder runtergestoßen werden.
Der Sieg war zwar ein wenig erwartet worden - trotzdem ist er keine Selbstverständlichkeit. Die Wissenschaft der Hauptstadt ist seit der Wende einen steinigen Weg gegangen. Immer wieder zwang die Politik die Hochschulen mit neuen Sparrunden in die Knie. Noch zu Beginn der Exzellenzinitiative, vor nicht einmal 15 Jahren, zweifelte der Wissenschaftsrat, ob Berlin sich Exzellenzprojekte überhaupt leisten könne.
Heute wirkt Berlin wie verwandelt. Die Hauptstadt wird in einem Atemzug mit Uni-Hochburgen wie Bayern und Baden-Württemberg genannt. Die Hochschul-Chefs anderer Bundesländer schielen neidisch nach Berlin, weil die Unibudgets wieder kontinuierlich wachsen. Infrage stellt das in der Berliner Politik niemand mehr.
Müller hat einen Coup gelandet
Das ist nicht zuletzt ein Verdienst von Michael Müller. Als Regierender Bürgermeister mag er glücklos wirken, die von ihm geführte Koalition von einer Panne zur nächsten stolpern. Als Wissenschaftssenator, der er ja in Personalunion auch ist, glänzt Müller dagegen.
Er hat – gemeinsam mit seinem tüchtigen Staatssekretär Steffen Krach - für die Berliner Wissenschaft Coups gelandet wie kaum einer vor ihm. Berlin baute in Rekordzeit 50 neue IT-Professuren auf, gewann das Deutsche Internet-Institut und stellte sich so in der Forschung an die Spitze der digitalen Transformation. Berlin erhielt vom Bund 330 Millionen Euro für das Naturkundemuseum und sicherte sich 75 Millionen Euro im Jahr für die Charité. Und nun die strahlende Exzellenz-Krone für die drei großen Unis: Ein Lohn auch für eine konsequente Wissenschaftspolitik.
Unter Klaus Wowereit wurde Berlin zur Kulturhauptstadt mit internationaler Strahlkraft – Müller macht sie nun, oft unbemerkt von der Öffentlichkeit, zur Forschungshauptstadt. Das ist vor allem strategisch klug. Forschung zieht auch Wirtschaft an. Bestes Beispiel ist Siemens, das in seinem alten Stadtquartier einen High-Tech-Campus errichtet. Ohne eine starke Wissenschaft hätte sich der Konzern kaum dafür entschieden.
Aber bei allem Optimismus: Natürlich ist die „Berlin University Alliance“, wie der Uni-Verbund heißt, kein Selbstläufer. Es war angesichts der Alles-oder-Nichts-Strategie von den Unis mutig gemeinsam anzutreten, weil der Wettbewerb zuvor drauf nicht ausgerichtet war. Das zeigt sich schon daran, dass kein anderer großer Standort das wagte, die Münchner Unis etwa Einzelkämpferinnen blieben. Berlin soll nun ein einzigartiges „Öko-System“ wissenschaftlicher Einrichtungen werden, das die ganz großen Welt-Probleme erforschen und die Stadtgesellschaft einbezieht. Als Antrags-Lyrik klingt das toll.
Ziele mit Leben füllen
Es dürfte aber ein heikler Balanceakt werden, die Eigenständigkeit der Unis zu bewahren und den Verbund gleichzeitig mit Leben zu füllen. HU, FU, TU - und die Charité, die ebenfalls dabei ist - bleiben stolze Einrichtungen, mit einer eigenen Identität und einer eigenen Geschichte. Die Uni-Chefs beteuern, dass sie das nicht aufgeben werden. Auch ist noch nicht festgelegt, wie die Unis die Millionen untereinander verteilen. Ob sie das schaffen, ohne dass sich jemand benachteiligt fühlt? Die Unis haben zwar gezeigt, dass sie sich unterhaken können. Doch das müssen sie jetzt auch fortsetzen.
Berlin ist die Stadt von Albert Einstein, Lise Meitner, Robert Koch und Theodor Mommsen. Wenn alles gut geht, könnte Berlin in den zwanziger Jahren des 21. Jahrhunderts das werden, was es in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts schon einmal war: Eine wahre Weltmetropole der Wissenschaft.