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Antike Artefakte, die bei einem illegalen Händler im indischen Chennnai sichergestellt wurden.
© Arun Sankar/AFP

Organisierte Kriminalität: Der Kampf gegen illegalen Antikenhandel

Der illegale Handel mit Kulturgütern macht jährlich bis acht Milliarden Dollar aus. Das Dunkelfeld ist groß. Ein Forschungsprojekt soll helfen, es zu erhellen.

Fast alle Länder des östlichen Mittelmeerraums sehen offiziell keine Ausfuhr antiker Kulturgüter ins Ausland vor. Trotzdem gelangen aus genau diesen Regionen immer wieder Kunstschätze in den Handel, vor allem über Online-Auktionen: „Dort ist das Objektaufkommen sehr hoch“, sagt Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder.

Laut Schätzungen der Unesco werden durch den illegalen Handel mit Kulturgütern weltweit sechs bis acht Milliarden Dollar pro Jahr erwirtschaftet. Damit ist er nach Drogen- und Waffenhandel die drittgrößte Einnahmequelle für die organisierte Kriminalität. Derzeit kommen besonders viele Objekte aus Syrien und dem Irak: „Krieg ist ein idealer Nährboden für Plünderungen und Schmuggel – und mit dem Gewinn werden neue Waffen bezahlt“, sagt der Archäologe Michael Müller-Karpe vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz (RGZM).

Der illegale Antikenhandel vollzieht sich – so der kriminologische Sprachgebrauch – in einem Dunkelfeld; konkrete Zahlen zu seinem Ausmaß gibt es kaum. Diese werden jedoch gebraucht, um wirksamere Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Genau hier setzt das Forschungsprojekt ILLICID an, das 2015 von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT) und dem Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften (GESIS) gestartet wurde. Ziel der Untersuchung ist es, Zahlen zu liefern und die Wirksamkeit von Methoden der Dunkelfeldforschung für die Erhellung des illegalen Antikenhandels zu erproben.

Dazu wurden wissenschaftliche Befragungen von Händlern durchgeführt und statistische Daten zu Online-Auktionen erhoben. Das Ergebnis: „Man kann mit diesen Methoden zu belastbaren Fakten gelangen, was das Volumen des Handels und die Eigenart der Objekte angeht“, sagt Markus Hilgert, Verbundkoordinator von ILLICID. Detaillierte Ergebnisse sollen in den nächsten sechs Monaten veröffentlicht werden, zusammen mit Handlungsempfehlungen für Strafverfolgungsbehörden, Wissenschaftler, Museen und Händler. „Es müsste auf Bundes- und Länderebene ein Netzwerk aus Experten der Altertums- und Kulturwissenschaften gebildet werden, das Zoll und Polizei bei ihrer Arbeit hilft“, sagt Hilgert. Außerdem müsse die Dokumentationspflicht über die Herkunft der Objekte von den Händlern ernster genommen werden.

Leider gibt es noch immer Museen und Sammler, die beim Kauf zweifelhafter Objekte keine unangenehmen Fragen stellen und argumentieren, die Gegenstände würden auf diese Weise für die Wissenschaft gerettet. Das Gegenteil ist der Fall: „Durch die Plünderung und die fehlenden Herkunftsangaben wird der Fundkontext zerstört“, sagt Müller-Karpe. „Das sind dann Gegenstände, die hübsch in der Vitrine anzuschauen sind, aber denen man die Zunge herausgeschnitten hat. Sie können uns nichts mehr über die Vergangenheit erzählen.“

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