Promotionsrecht für Fachhochschulen: Der Dr. FH ist unverantwortlich
Als erste Fachhochschule hat die FH Fulda ein eigenes Promotionsrecht erhalten - in den Sozialwissenschaften. Unser Kolumnist hält das für eine grundsätzliche Fehlentwicklung.
Die Hochschule Fulda bekommt das eigenständige Promotionsrecht für ihr Promotionszentrum Sozialwissenschaften mit den Schwerpunkten Globalisierung, Europäische Integration und Interkulturalität. Verantwortlich dafür ist Minister Boris Rhein, der gegen alle Vernunft das Prinzip „Hessen vorn“ praktiziert, mit dem das Land in der Hochschulpolitik zu Zeiten eines Ludwig v. Friedeburg schon einmal Schiffbruch erlitten hat. Dem Beispiel Hessens werden andere Länder folgen. Schleswig-Holstein hat sich bereits auf den Weg gemacht; Baden-Württemberg bastelt noch daran.
Das deutsche Wissenschaftssystem gerät durcheinander
Das Promotionsrecht an Fachhochschulen – das nämlich ist die „Hochschule Fulda“ – ist ebenso überflüssig wie schädlich. Unnötig ist es, weil mit der Konstruktion der kooperativen Promotion dem Anliegen, befähigten Absolventen von Fachhochschulen den Weg zur Promotion zu ermöglichen, entsprochen wird. Schädlich ist es, weil damit das deutsche Wissenschaftssystem durcheinandergerät.
Die „Arbeitsteilung“ hat sich in der Weise bewährt, dass die Universitäten über das Promotionsrecht als Monopol verfügen. Die Forschungsgemeinschaften wie Max-Planck, Helmholtz oder Leibniz haben es nicht. Ihre Nachwuchswissenschaftler promovieren in Kooperation mit universitären Einrichtungen. Wenn Fachhochschulen das Promotionsrecht zugestanden wird, kann man darauf warten, dass die Großkaliber der Forschung dies auch für sich reklamieren werden. Dann aber wird ein wesentlicher Grund für die Zusammenarbeit mit den Universitäten entfallen.
Es wird ohnehin zu viel "herumpromoviert"
Promotionen sind durch Plagiatsaffären in Misskredit geraten; außerdem wird zu viel über nicht relevante Themen „herumpromoviert“. Wenn jetzt auch noch Institutionen und Fachgebiete hinzukommen, ist dies der falsche Weg. Eher sollte das Promotionsrecht eingeschränkt werden.
Das Gegenteil bahnt sich an. Nachgiebige, zum Teil mit der Materie nicht hinreichend vertraute Politiker (und Politikerinnen) werden dem Bestreben der FHs nicht Einhalt gebieten. Sind es zunächst einzelne Promotionszentren, die mit dem Recht ausgestattet werden, den Dr. zu verleihen, wird bald jede kleine Klitsche zur Doktor-Schmiede. Aus Prestigegründen wird davon auch reichlich Gebrauch gemacht werden. Das abzusehende Ergebnis steht in krassem Gegensatz zu dem, was mit der Exzellenzinitiative angestrebt wird, nämlich Anschluss an die Weltspitze. So gibt man sich der Lächerlichkeit preis und erntet bestenfalls ein Achselzucken.
Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail senden: george.turner@t-online.de