Neues Institut der Humboldt-Universität: Das Urheberrecht erforschen und schützen
Mit Unterstützung großer Medienunternehmen eröffnet an der Humboldt-Uni ein Institut zu "Eigentum und Urheberrecht". Kritik kommt von den Grünen auf EU-Ebene.
Ein neues Institut an der Humboldt-Universität (HU) soll sich dem Urheberrecht in der digitalen Welt widmen. Wie im Tagesspiegel Background berichtet, wird es von Mitgliedern der VG Media mitfinanziert. In dieser Verwertungsgesellschaft organisieren sich Presseverlage und private Radio- und Fernsehsender, um ihr Leistungsschutzrecht durchzusetzen. Vertreter der VG Media sitzen auch im wissenschaftlichen Beirat des Instituts.
Das Berliner Forschungsinstitut mit dem Fokus auf „Eigentum und Urheberrecht in der Demokratie“ soll das Zusammenwirken von geistigem Eigentum und Meinungsvielfalt in der Gesellschaft untersuchen. Dem Urheberrecht kommt dabei eine besondere Rolle zu – „als wesentlichem Bestandteil und Voraussetzung für Pressevielfalt in der Demokratie“, wie es in der Aufgabenbeschreibung des Instituts heißt. Geleitet wird es von HU-Vizepräsidentin Eva Inés Obergfell.
Die Uni hebt "einzigartige Medienvielfalt" hervor
Ihr Forschungsinteresse richtet sich auf „die Position des Urheberrechts als verfassungsmäßiges Eigentum in unserer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft“. Philosophische Grundlagen, verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen und ökonomische Konsequenzen des Urheberrechts gelte es mit Blick auf die Digitalisierung zu erforschen, sagt Obergfell. Die Juristin und als konservativ geltende Urheberrechtlerin ist bekennende Unterstützerin des Leistungsschutzrechtes für Presseverlage. Dessen Ziel ist es, dass Plattformen wie Google die Verlage für das Anzeigen ihrer journalistischen Werke vergüten müssen. In einer Expertenanhörung im Bundestag 2015 sprach Obergfell sich gegen die Abschaffung des seit seiner Einführung im Jahr 2013 umstrittenen Gesetzes aus. Auch auf EU-Ebene soll das Gesetz eingeführt werden, dafür haben EU-Kommission und -Parlament sich ausgesprochen, ein Abschluss der Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten wird Anfang 2019 erwartet.
235 Medienunternehmen unterstützen die Forschungseinrichtung finanziell. Sie finden sich weitgehend auf der Liste der Unternehmen, die sich von der VG Media vertreten lassen, darunter auch das Handelsblatt, das wie der Tagesspiegel zur DvH Medien GmbH gehört. Mit dabei sind auch Medien des Axel-Springer-Verlags, der zu den größten Unterstützern des Leistungsschutzrechts zählt. Einen Interessenskonflikt durch die Förderung sieht die HU offenbar nicht.
Aus Sicht der Universität repräsentierten die Unternehmen eine „einzigartige Medienvielfalt“ und leisteten „tagtäglich einen wertvollen und unverzichtbaren Beitrag abseits der Filterblasen, in denen von Algorithmen getriebene Einfalt entsteht. In welcher Höhe die Förderung erfolgt, ist nicht bekannt.
Grüne Kritik: Unabhängige Forschung nicht mit VG Media
Ein Institut zur Digitalisierung, das von der Wirtschaft maßgeblich mitfinanziert wird, ist kein Novum in Berlin. Google fördert das Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG), das sich in politische Debatten einbringt, sich im Laufe der Jahre aber einen vom Geldgeber unabhängigen, guten Ruf erarbeitet hat. Mit Google führt die VG Media zwar einen erbitterten Rechtsstreit zum Leistungsschutzrecht, das von Google finanzierte HIIG gilt der Verwertungsgesellschaft dennoch als gelungenes Vorbild. Der Fokus des Urheberrechts-Instituts sei jedoch wissenschaftlicher und weniger auf die Politik ausgerichtet, heißt es bei der VG Media zum Auftrag des HU-Instituts.
Julia Reda, EU-Abgeordnete der Grünen-Fraktion und maßgeblich an der Urheberrechtsreform auf EU-Ebene beteiligt, wundert sich über das neue Institut: „Unabhängige wissenschaftliche Expertise ist für die Weiterentwicklung des Urheberrechts unabdingbar“, sagt Reda. Eine solche Unabhängigkeit könne aber „natürlich nicht durch ein Institut garantiert werden, das von der VG Media, einem besonders lauten Vertreter von Partikularinteressen wie dem von der Wissenschaft als gescheitert angesehenen Leistungsschutzrecht, orchestriert wird.“
Aus Redas Sicht ist bereits der Name des Instituts politisch, „weil die Betrachtung von Immaterialgüterrechten als ‚geistiges Eigentum’ durchaus umstritten ist.“ Universitäten wie die Humboldt-Uni seien aus ihrer Sicht „gut beraten, trotz des erheblichen wirtschaftlichen Drucks, der wegen mangelhafter Finanzierung durch die öffentliche Hand auf ihnen lastet, derartige Interessenkonflikte zu vermeiden.“ Das Forschungsinstitut soll im Frühjahr die operative und wissenschaftliche Arbeit aufnehmen.
Lina Rusch