Lehrerbildung: Bundesregierung vertagt die "Qualitätsoffensive"
Bund und Länder wollen den Hochschulen 500 Millionen Euro für mehr Praxis und Vorbereitung auf die Inklusion in der Lehrerbildung geben. Doch auf den Qualitäts-Wettbewerb müssen die Unis bis 2015 warten.
Angehende Lehrkräfte sollen besser auf die Schulpraxis vorbereitet werden und mehr über den Umgang mit heterogenen Klassen und Inklusionskindern lernen. Für solche dringenden Projekte in der Lehrerbildung wollen Bund und Länder 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Den Wettbewerb „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ haben sie vor einem guten Jahr beschlossen, fließen sollten die Mittel in der ersten Phase von 2014 bis 2018 und in der zweiten von 2019 bis 2023. Von diesem „Exzellenzwettbewerb“ wird viel erwartet. Noch bei der Vorstellung des Nationalen Bildungsberichts erklärte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) kürzlich, das Programm werde in der Lehrerbildung viel bewegen.
Doch die Ausschreibung ist bis heute nicht erfolgt. Darin sehen die Grünen im Bundestag einen Bruch der Vereinbarung in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) vom April 2013. Die Große Koalition lasse die Länder im Regen stehen, die sich auf eine Förderung ab 2014 verlassen hätten, erklärt Hochschulexperte Kai Gehring.
Das BMBF beruft sich auf lange Regierungsbildung und Haushaltsstreit
Das Bundesbildungsministerium (BMBF) verweist auf die langwierige Neubildung der Regierung im vergangenen Jahr und die Haushaltsverhandlungen in diesem Jahr, durch die eine Ausschreibung bislang nicht möglich gewesen sei. Sie solle aber noch 2014 erfolgen. Der Programmstart sei dann für das kommende Jahr geplant, antwortet Staatssekretär Stefan Müller auf eine Anfrage Gehrings.
Aus der Sicht der SPD-Fraktion hat es die schwarz-gelbe Koalition allerdings bereits 2013 versäumt, die erste Tranche in den Regierungsentwurf für 2014 und in die Finanzplanung bis 2018 einzustellen. Auch Angebote der SPD-Seite, nach dem Regierungswechsel unverzüglich Geld für einen Start 2014 zur Verfügung zu stellen, seien von der Union ausgeschlagen worden. Swen Schulz, Haushälter und Bildungsexperte der Fraktion, fordert, das BMBF müsse „nun endlich durchstarten“. Darauf warten die Hochschulen schon seit einem Jahr.
Die Unis stehen in den Startlöchern - und brauchen das Geld
Über die Verzögerung aber wurden sie bislang nicht informiert. Die Unis stehen bundesweit unter Druck, die Lehrerbildung neu aufzustellen und Lehrkräfte zu liefern, die die Inklusion von Schülern mit Behinderungen leisten können. Der ausführlich begründete Beschluss der GWK von 2013 gilt als gute Grundlage für Wettbewerbsanträge. Viele Unis haben daraufhin bereits Konzepte entwickelt und damit gerechnet, „bald loslegen zu können“, sagt Stefan Kipf, Direktor der Professional School of Education an der Berliner Humboldt-Universität (HU). Vier Arbeitsgruppen sitzen dort an Anträgen etwa zu Inklusion, Praxissemestern und neuen Lehr-Lern-Laboren.
Die Zeit dränge auch wegen des neuen Berliner Lehrerbildungsgesetzes, durch das alleine die Grundschulen ein völlig neues Lehramt bekommen. Die GWK-Mittel seien dafür „von ganz zentraler Bedeutung“, sagt Kipf. Jetzt müssen er und Didaktiker an vielen anderen Unis voraussichtlich noch länger als ein Jahr warten, bis das erste Geld fließt. Als erste Tranche sind für 2015 rund 45 Millionen Euro eingeplant, ist zu hören.