Kaum Einsatz von Plagiatssoftware: Berliner Hochschulen prüfen Plagiate meist konventionell
Eine Plagiatssoftware zur Betrugserkennung setzen Berliner Hochschulen nur selten ein - wegen rechtliche Bedenken und Datenschutzproblemen. Uneinheitlich ist auch die institutionelle Verankerung der Plagiatssuche.
Wie streng ahnden die Berliner Hochschulen Plagiatsversuche? Software zur Plagiatserkennung setzen sie „eher zurückhaltend“ ein. Programme wie „Turnitin“, „Urkund“ oder „Copyscape“ werden lediglich von der Unimedizin an der Charité, von der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) und an einem Fachbereich der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) benutzt. An der TU überlegt die Wirtschafts-Fakultät, ob künftig eine Software verwendet wird, um Plagiate in Abschlussarbeiten und Dissertationen aufzuspüren. Das geht aus der Antwort von Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Martin Trefzer hervor.
Die Hochschulen, die von der Wissenschaftsverwaltung zur Plagiatsthematik befragt wurden, begründen ihre Zurückhaltung mit Urheberrechts- und Datenschutzbedenken. Müsse eine Arbeit für die Untersuchung heruntergeladen und damit „elektronisch vervielfältigt“ werden, könne das ohne vorherige Vereinbarung mit dem Autor ein Urheberrechtsverstoß sein. Datenschutzprobleme gebe es, wenn der Server in einem Land ohne entsprechende EU-Vorschriften steht.
Plagiate entdecken Gutachter bei der Durchsicht, sagen die Unis
Aber ohnehin vertrauen die meisten Hochschulen mehr auf konventionelle Methoden, die sie für verlässlicher halten: Plagiate würden zumeist bei der Durchsicht der Arbeit durch Prüfende oder Gutachtende entdeckt, heißt es in Krachs Antwort. Erkannt wird das Abschreiben oder Kopieren durch „Stil- oder Layoutbrüche, wechselnde Rechtschreibung bei Fachbegriffen, die Nutzung unterschiedlicher Formeln, Symbole oder Legenden für denselben Sachverhalt“. Verdacht erregen ebenso unterschiedliche Arten von Quellenangaben oder Unstimmigkeiten im Quellenverzeichnis. Wenn bereits ein Plagiatsverdacht besteht, erfolge „ein Abgleich mit bekannten Literaturquellen oder mit Hilfe von Suchmaschinen“.
Nicht vereinheitlicht ist indes auch die institutionelle Verankerung der Plagiatssuche und -ahndung. Auf die Frage nach „zentralen Beratungsstellen“ werden verschiedenste Stellen aufgelistet, darunter die Geschäftsstelle „Gute wissenschaftliche Praxis der Charité“, das Rechtsamt der FU oder das zuständige Mitglied der Hochschulleitung an der HWR. Vertrauens- und Ombudspersonen, die sich mit Plagiaten befassen, sind allerdings weit verbreitet, es gibt sie etwa an FU, TU, Charité, UdK und HWR.
Hervorgehoben wird die Arbeit von Debora Weber-Wulff, Informatikprofessorin an der HTW, die dort ein Plagiatsportal (plagiat.htw-berlin.de) betreibt und zur Thematik forscht.Weber-Wulff engagiert sich auch bei Aktivisten von VroniPlag Wiki, die seit 2011 viele wissenschaftliche Plagiatsfälle dokumentiert haben – inklusive der Fälle, die aus Sicht der Plagiatsexperten nicht konsequent verfolgt werden. Die Hinweise, die VroniPlag Wiki den Hochschulen gibt, „werden zur Kenntnis genommen und ausgewertet“, erklärt nun Staatssekretär Krach. Konkret nach den VroniPlag Wiki-Fällen fragt der AfD-Abgeordnete zur Charité. In Einzelfällen könne man aus Datenschutz-Gründen keine Angaben machen, heißt es in der Antwort. Von den 26 Dissertationen, die 2014 von den Plagiatsexperten angemahnt wurden, entschied die Charité nach einer eigenen Überprüfung in sechs Fällen auf Entzug des Doktorgrads, neun Mal erteilte sie eine Rüge, ein Verfahren wurde eingestellt. Zehn Verfahren seien noch nicht abgeschlossen. Für die Folgejahre wurden kaum noch neue Fälle untersucht, 2015 war es nur einer, 2016 keiner, 2017 zwei, 2018 bislang einer.
Höher sind die Fallzahlen bei studentischen Hausarbeiten
Bei den Charité-Habilitationen sind die Fallzahlen geringer: 2014 waren es vier, zwei Mal wurde eine Rüge erteilt, zwei Verfahren sind noch offen. Das gilt auch für den einzigen weiteren Fall von 2017. Höher sind die Zahlen zu nachgewiesenen Plagiatsfällen bei Hausarbeiten an den Unis. An der HU waren es 24 im Jahr 2013, 2014 nur 11, 2016 wiederum 33. An der FU wurden 2013 fünf studentische Plagiatoren entdeckt, 2014 waren es 12, 2017 zehn. Bei den Bachelor- und Master-Arbeiten fielen an beiden Unis weniger Betrugsfälle auf – an der HU seit 2013 fast durchweg fünf pro Jahr, an der TU maximal zwei. Bei entdeckten Täuschungsversuchen gilt die Arbeit als nicht bestanden.
Eher gering sind auch die Zahlen überführter Plagiatoren unter den Doktoranden. So gab es an der HU 2014 vier Fälle, zwei Mal wurde der Doktorgrad entzogen, einmal war der Vorwurf nicht berechtigt, ein Verfahren läuft noch. In den Folgejahren waren an der HU jeweils ein oder zwei Fälle anhängig - das Urteil lautete jeweils: „Vorwurf nicht berechtigt“. Ähnlich ist das Bild an der FU, dort gab es 2013 sechs Verdachtsfälle und 2014 fünf. Je zwei führten zum Entzug, je zwei Mal ist das Verfahren noch nicht abgeschlossen. In den folgenden Jahren gab es auch Einzelfälle, in denen das Fehlverhalten zugegeben und die Promotionsurkunde zurückgegeben wurde oder der Vorwurf nicht ausreichend für eine nähere Untersuchung war.