Wissenschaftlicher Nachwuchs: Berlin rechnet mit 65 Stellen aus dem Professoren-Programm
Mit dem "Nachwuchs-Pakt" werden bundesweit 1000 Tenure-Track-Professuren finanziert, Berlin will 65 davon holen. Für den Mittelbau gibt es nur einen "Strategieaufschlag".
Berlins 1540 Professorinnen und Professoren an den Universitäten bekommen Verstärkung. Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach rechnet mit etwa 65 zusätzlichen Stellen in den kommenden zehn Jahren – finanziert aus dem Bund-Länder-Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) will es am heutigen Freitag beschließen. Insgesamt sollen mit dem Programm bundesweit 1000 Tenure-Track-Professuren geschaffen werden. Dabei handelt es sich um Nachwuchsprofessuren in der Besoldungsgruppe W1, die im Falle einer positiven Evaluation verlässlich in Lebenszeitstellen umgewandelt werden.
Im Unterschied zu den allermeisten laufenden Juniorprofessuren entstehen also echte Tenure-Track-Stellen: Sie sind mit keinem Stellenvorbehalt verbunden, die Verstetigung ist nicht davon abhängig, ob nach dem Auslaufen der Nachwuchsprofessur und der positiven Begutachtung an der Universität eine freie Lebenszeitstelle zur Verfügung steht. Das geht aus einem Beschlussvorschlag für die GWK-Sitzung am Freitag hervor.
Staatssekretär Krach: Berlin kann die Stellen dauerhaft halten
Ob sich die Länder wegen der hohen Folgekosten zur Verstetigung der Stellen bereit erklären, war zunächst nicht abzusehen, nachdem sich die große Koalition vor einem Jahr im Grundsatz über das Programm verständigt hatte. Nun hilft der Bund beim Einstieg in die Verstetigung – mit einer Anschubfinanzierung für die ersten zwei Jahre, in denen er die Kosten der zusätzlichen W2- oder W3-Professuren übernimmt.
Berlin als wachsende Wissenschaftsregion werde die neuen Stellen nach dem Auslaufen der Bundesförderung mit Sicherheit halten können, sagt Staatssekretär Krach. Doch wie gehen die ostdeutschen Länder mit der Problematik um, wegen zurückgehender Studierendenzahlen und Landeszuschüsse eher Stellen abbauen zu müssen? Im Entwurf für die Vereinbarung gibt es dazu eine Leerstelle. Dem Vernehmen nach wurde bis zuletzt nach einer Kompromissformel gesucht.
Für Kinder gibt es maximal zwei Jahre Verlängerung
Der jeweilige Länderanteil aus dem 1000-Stellen-Programm sollte sich nach dem Willen einiger Länder aus dem Königsteiner Schlüssel ergeben. Danach profitieren die Länder je nach Einwohnerzahl und Steueraufkommen von gemeinsamen Vorhaben. Berlin hätte so nur Aussicht auf fünf Prozent der Professuren gehabt. Er habe aber erreichen können, dass nun auch die Zahl der Professorinnen und Professoren pro Land zähle, deshalb könne Berlin mit einem Anteil von 6,5 Prozent rechnen, sagt Krach.
Pro Stelle und Jahr kommen 118 045 Euro vom Bund. Das Geld fließt in der Regel für die sechsjährige Nachwuchsprofessur und – mit entsprechend höherem Einkommen – in den ersten beiden Jahren der Dauerstelle. Wer eigene Kinder betreut, kann in der ersten Phase bis zu zwei Jahre Verlängerung bekommen; wer negativ evaluiert und somit nicht verstetigt wird, soll eine Überbrückung von einem Jahr beantragen können.
Verteilt wird die Bundes-Milliarde in zwei Runden
Neben den Länderkontingenten gibt es auch ein wettbewerbliches Moment: Die Länder müssen die Stellen beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beantragen und dabei unter anderem erklären, wie sie die Karrierewege für den wissenschaftlichen Nachwuchs jenseits der Professuren ausbauen wollen. Auch dafür gibt es Geld vom Bund, in Form eines 15-prozentigen Aufschlages auf die Gesamtkosten jeder Professur. Verteilt wird die Bundes-Milliarde in zwei Runden; die erste soll 2017 starten, die zweite 2019. Werden aus einzelnen Ländern nicht genügend Anträge gestellt oder bewilligt, kommen die freien Kontingente Universitäten anderer Länder zugute.
Mit dem 15-prozentigen „ Strategieaufschlag“ kommt der Bund denjenigen Ländern entgegen, die von Anfang an kein reines Professoren-Programm wollten. Zwölf Länder mit Wissenschaftsministerien der SPD oder den Grünen hatten im Oktober 2015 gefordert, Bund und Länder sollten gemeinsam Dauerstellen auch für den Mittelbau fördern.
Mehr Grundfinanzierung, mehr Stellen für den Mittelbau?
Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) ist aber bis heute der Auffassung, die Länder könnten solche Stellen aus den frei gewordenen Bafög-Mitteln finanzieren, die der Bund übernommen hat. In Berlin, wo mit diesem Geld Gebäude von Hochschulen und Schulen saniert werden, setzt Staatssekretär Krach auf den milliardenschweren Hochschulpakt, der 2020 ausläuft. Wenn dieses Geld dann – wie von den Ländern gewollt – direkt in die Grundfinanzierung der Universitäten gehe, könnten tatsächlich mehr unbefristete Stellen auch im Mittelbau geschaffen werden, sagt Krach. Möglich würde das Langfrist-Engagement des Bundes über die Ende 2014 erfolgte Neufassung des Grundgesetz-Artikels 91b. An Vorschlägen, wie solche Zuwendungen konkret aussehen könnten, arbeitet seit Kurzem eine Arbeitsgruppe der Wissenschaftsstaatssekretäre in der GWK.
FHen enttäuscht vom Programm für "Innovative Hochschulen"
Während die Tenure-Track-Professuren allein an Universitäten eingerichtet werden, sollen die Fachhochschulen am Freitag mit einem weiteren Bund-Länder-Programm bedacht werden. Die gemeinsame Initiative „Innovative Hochschulen“ umfasst zum Leidwesen der FHen aber zu 50 Prozent auch kleine und mittlere Universitäten.
Als kleine Schwester der Exzellenzinitiative, bei der nur große Forschungsuniversitäten zum Zuge kommen, soll das neue Programm all jene Hochschulen bedienen, die im Technologietransfer in die Wirtschaft oder im Wissenstransfer in die Gesellschaft erfolgreich sind. Gefördert wird der Auf- und Ausbau von Kooperationen mit 550 Millionen Euro für zehn Jahre. Pro Hochschule können bis zu zwei Millionen Euro im Jahr fließen, für einen Verbund bis zu drei Millionen Euro.
Die Fachhochschulen sehen das „Trostpflaster“ skeptisch. Verbände wie die HAWtech kritisieren, das Programm sei im Vergleich zur Exzellenzinitiative, in die jährlich 533 Millionen Euro fließen, unterfinanziert. Das Land Berlin hat sich in der GWK für ein alleiniges FH-Programm eingesetzt – vergebens. Auch in diesem Programm gibt es zwei Runden, die erste soll noch in diesem Jahr starten, die ersten Förderungen sollen 2018 beginnen. Der Bund trägt 90 Prozent der Kosten, das Sitzland der Hochschule zehn Prozent.