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Vertrocknete Maispflanzen auf einem Feld in der Uckermark.
© imago/Steinach

Kampf gegen Wetterextreme: Bauern müssen umdenken

Dürre, schwere Stürme und Starkregen: Was der Klimawandel für Brandenburg bedeutet.

Cottbus wird zu Carcassonne, Treuenbrietzen zu Toulouse. Für die Tourismusbranche mag es verlockend klingen, für viele andere – insbesondere die Landwirtschaft – hört es sich eher an wie eine Drohung, wenn es heißt, in Brandenburg könnten bald klimatische Bedingungen wie in Südfrankreich herrschen. Gewiss, Modellrechnungen sind immer mit Unsicherheiten behaftet, vor allem ist die Klimaentwicklung selbst noch unklar, weil heute keiner weiß, wie sich der Ausstoß an Treibhausgasen in den nächsten Jahrzehnten entwickeln wird.

Die Tendenz ist jedoch eindeutig: Es wird wärmer. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts sind die Durchschnittstemperaturen bereits um fast ein Grad Celsius gestiegen. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts könnten es weitere drei Grad oder noch mehr sein. Die Menschen müssen sich auf drastische Änderungen einstellen.

„Durch den Klimawandel ist mehr Wärme im Erdsystem, dadurch steigen die Temperaturen, das ist einfache Physik“, sagt Hans Joachim Schellnhuber, der das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung gegründet und bis zu seiner Pensionierung im Herbst 2018 geleitet hat. Wie sich jedoch die Niederschläge in Brandenburg entwickeln, ob sie übers Jahr gerechnet tatsächlich weniger werden, lasse sich nicht klar sagen, weil unsicher sei, wie sich die Strömungsmuster in der Atmosphäre verändern.

Wetterextreme erfordern Anpassung in vielen Bereichen

„Wahrscheinlich wird es aufgrund der Erwärmung der Arktis häufiger blockierte Wetterlagen geben, wie wir es bereits im Sommer 2018 erlebt haben“, sagt der Forscher. „Das heißt, dass das Pendel weiter ausschlägt als wir es bisher gewohnt sind. Es wird über einen längeren Zeitraum entweder ausgeprägte Trockenheit oder sehr ergiebige Niederschläge geben.“ Sicher sei zudem, dass es infolge der höheren Temperaturen mehr Verdunstung gibt. Dadurch nimmt die Bodenfeuchte weiter ab.

Die Grundwasserstände sind bisher noch relativ stabil, auch nach einem sehr trockenen Sommer wie im vergangenen Jahr, wie das Brandenburger Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft mitteilt. Sollte die Gesamtmenge der Niederschläge auf dem heutigen Niveau bleiben, werden die unterirdischen Wasserreserven ausreichend aufgefüllt und können in trockenen Zeiten genutzt werden.

„Bewässerung ist aber teuer und bei Weitem nicht das Einzige, was Bauern vermehrt belastet“, sagt Schellnhuber, der selbst auf einem Hof aufgewachsen ist. „Wetterextreme wie Starkregen, die vermutlich häufiger auftreten werden, können die ganze Ernte vernichten.“ Auch in der Forstwirtschaft seien erhebliche Anpassungen erforderlich. „Besitzer von großen Waldflächen und Forstverwaltungen haben den Klimawandel lange ignoriert. Nun, nachdem schwere Stürme viele Bäume umgeworfen und Dürre und Borkenkäfer den verbliebenen zugesetzt haben, ist das Interesse viel größer geworden.“ Nach Ansicht des Forschers sind resiliente, also widerstandsfähige Strukturen nötig: mehr Mischwälder statt Kiefern-Monokulturen, robuste Pflanzen und ein kluges Wassermanagement, wie auch in der Landwirtschaft.

Die Neuausrichtung könnte eine Chance sein

Die Neuausrichtung von Land- und Forstwirtschaft könnte zudem eine Chance sein, insbesondere auch für die Lausitz, die infolge des Kohleausstiegs in den nächsten zwanzig Jahren neue Perspektiven sucht, sagt Schellnhuber. Er war selbst Mitglied der Kohlekommission und kennt die Gedanken der Menschen in der Region. „Man darf nicht vergessen: Seit der Wende ist die Zahl der Arbeitsplätze in der Braunkohleindustrie bereits von 100 000 auf 8000 zurückgegangen, allein aus wirtschaftlichen Gründen, ohne Klimaschutz. Nun besteht die Chance, einen relativ milden Ausstieg zu organisieren und mithilfe der Fördersummen die Wirtschaft zukunftsweisend zu entwickeln.“

Ein Teil könnte eine hochmoderne nachhaltige Landwirtschaft sein, die die Metropolregion Berlin mit regionalen Nahrungsmitteln versorgt. Bekanntermaßen liefert die konventionelle Landwirtschaft mit synthetischem Dünger und Pflanzenschutzmitteln wesentlich höhere Erträge pro Fläche. Um diesen Vorsprung zu verringern und zugleich die Umwelt zu schonen, setzt Schellnhuber auf eine Art digitalisiert-ökologische Landwirtschaft. Sie nutzt Satelliten, um punktgenau zu arbeiten (precision farming), künstliche Intelligenz und neue, biobasierte Pflanzenschutzmittel. „Diese Dinge sollen nicht nur genutzt, sondern auch hier erforscht und entwickelt werden.“

Dazu gibt es bereits konkrete Vorhaben. Erst kürzlich hat das Bundesforschungsministerium eine Förderung bekanntgegeben, um die Lausitz zu einer Modellregion für die Anpassung der Landnutzung an den Klimawandel zu entwickeln. Dabei geht es nicht nur um Nahrungsmittel, sondern auch um biologische Rohstoffe, die Kohle und Erdöl zunehmend ersetzen sollen.

Die Zukunft unseres Klimas ist Thema des Podiumsgesprächs mit Annalena Baerbock, Hans Joachim Schellnhuber und Ludolf von Maltzan. Moderation: Thomas Prinzler; 30. Juni 2019 um 17 Uhr

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