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Herfried Münkler, Politik-Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin.
© Imago

Wer steckt hinter Münkler-Watch?: Auf ein Falafel mit Herfried Münklers Feigling

Wer steckt hinter Münkler-Watch? In einem türkischen Café erzählt jetzt einer der Blogger über seine Beweggründe. Er ist jung, idealistisch - und wie ein Trotzkist klingt er nicht.

Der anonyme Blogger bestellt zum Mittagessen einen Falafel mit Kräutersoße und trinkt einen halben Orangensaft. Er ist einer jener zehn Studierenden, die in den letzten zwei Wochen dafür gesorgt haben, dass das E-Mail-Postfach ihres Professors Herfried Münklers mit Presseanfragen heiß lief. Jede Woche besprechen sie auf dem „Münkler-Watchblog“ dessen Ideengeschichte-Vorlesung – in dieser gebe es militaristische, rassistische und sexistische Tendenzen.

Der Blogger lächelt oft und wirkt sehr jung

Münkler wehrt sich. „Erbärmliche Feiglinge“ seien die Blogger und vermutlich Trotzkisten. Er bezweifelte, dass die Blogger Studierende seien. Womöglich stecke auch nur ein einzelner Kopf hinter dem Blog, der nun maximale Aufmerksamkeit erhaschen würde. Die Kritik der Blogger an seinem Einkommen und Einfluss weise außerdem ein antisemitisches Argumentationsmuster auf.

In einem türkischen Imbiss in Berlin-Mitte erzählt einer von Münklers „Feiglingen“ über seine Beweggründe. Er wollte sich weit weg von der HU-Mensa treffen, aus Angst, dass jemand das Gespräch mitbekommen könnte. Wie alle anderen benutzt er das Pseudonym „Caro Meyer“. Meyer trägt ein buntes Hemd, lächelt oft und wirkt sehr jung, er könnte Anfang Zwanzig sein. Die Behauptung der Blogger, sie seien Sozialwissenschafts-Studierende im zweiten Semester, könnte stimmen.

Wie ein Trotzkist klingt er nicht

Wie ein Trotzkist klingt Meyer nicht. Auf die trotzkistische Gruppe angesprochen, die im letzten Jahr eine Kampagne gegen den HU-Historiker Jörg Baberowski startete, verzieht er die Mundwinkel: „Die hatten wohl recht, aber die sind parteipolitisch gebunden.“ Parteien findet Meyer problematisch. „Münkler ist für uns nur stellvertretend für die Ignoranz weißer Wissenschafter“, erklärt er sein Anliegen falafelkauend. „Der Rassismus der europäischen Ideengeschichte kommt in den Lehrplänen kaum vor, nicht-weiße Wissenschaftler kommen so gut wie nie zu Wort.“ Er selbst und seine Verbündeten seien weiß und vorwiegend männlich, wendet er etwas kleinlaut ein. Er habe sich aber selbst Wissen über postkoloniale Theorie angelesen und wolle nun auf problematische Inhalte der Lehre aufmerksam machen. Aus einer Diskussion mit Freunden sei dann der Blog entstanden.

"Münkler ist eng mit der Macht verbunden"

Ist Münkler für sie nur ein Anlass, um widerspenstig zu werden? „In gewisser Weise bestätigt Münkler nur die Regel, dass viele Lehrveranstaltungen zu eurozentrisch sind“, sagt Meyer. „Aber wir finden an ihm besonders problematisch, dass er so eng mit der Macht verbandelt ist.“ Münkler berät den Führungsstab der Bundeswehr-Streitkräfte, den Planungsstab des Auswärtigen Amtes und hochrangige Politiker. Im Beirat der Bundesakademie für Sicherheitspolitik bestimmt er außerdem mit, zu welchen Kriegs- und Friedensthemen Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft weitergebildet werden.

Besonders stört die anonymen Studierenden, dass er Flüchtlinge 2014 in einer Publikation als Gefährdung für die soziale Ordnung beschrieb. Dass er Pegida bereits mehrfach scharf verurteilte, kann ihn in seinen Augen nicht retten.

Der aggressive Ton von Münkler-Watch ist bewusst gewählt

Ist die genaue Beobachtung seiner Sprache womöglich ein Versuch, ihr Unbehagen über seine Staatsnähe in Worte zu fassen? Das spiele eine Rolle, sagt Meyer. Den angriffslustigen Ton, mit dem sie Münklers Vorlesung auf ihrem Blog kritisieren, hätten sie außerdem bewusst gewählt: „Wenn man Kritik konstruktiv formuliert, wird man allzu oft nicht gehört.“ Ihr Ziel, ihre Themen auf die mediale Agenda zu bringen, haben sie bereits erreicht.

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