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Elite, aber wie lange noch? Die Uni Bremen ist aktuell „Exzellenzuni“. Unter die ersten fünf würde sie es kaum schaffen.
©  Uni Bremen

Exzellenzwettbewerb: Alles wieder auf Elite

Neue Wende in der Debatte um die Exzellenzinitiative: Die Unionsfraktion will vier bis fünf Spitzenunis. Vom Vorschlag des Koalitionspartners ist sie damit weit entfernt

Elite für viele – davon hält die Unionsfraktion im Bundestag rein gar nichts. In der seit Langem währenden Debatte um den nächsten Exzellenzwettbewerb drückt sie jetzt energisch die Reset-Taste: Für die Union kommt eine breite Spitze, wie sie sich die SPD-Fraktion, die Hochschulrektorenkonferenz und viele Länder inzwischen wünschen, nicht infrage. Stattdessen feiert die schon totgesagte Förderung ganzer Eliteunis im Unions-Konzept ihre Auferstehung.

Nur vier bis fünf Exzellenzunis soll es mittel- oder langfristig in Deutschland geben, erklärten die Abgeordneten Albert Rupprecht (CSU) und Alexandra Dinges-Dierig (CDU) am Donnerstag in Berlin. Diese kleine Zahl war vor zehn Jahren, am Beginn der Exzellenzinitiative, von Wissenschaftsmanagern und Politikern genannt worden. Indem die Unionsfraktion dieses Ziel wiederbelebt, kommt neue Spannung in die Hochschulpolitik.

„Der Begriff der Exzellenz steht für uns an oberster Stelle“, erklärte Rupprecht. Die nächste Exzellenzinitiative, die an die zweite noch bis 2017 laufende Runde anschließt, soll nach Vorstellung der Unionsfraktion zwei Wettkampfdisziplinen enthalten: den Wettbewerb um „Spitzenzentren“ – die man volkstümlich auch „Elite- oder Exzellenzunis“ nennen darf – sowie einen Wettbewerb um Forschungsfelder, der den bisherigen Wettbewerb um Forschungscluster ersetzen soll.

Siegen kann eine Uni nur, wenn an ihr "der Geist der Exzellenz" weht

Den Antrag für ein Spitzenzentrum stellt eine Universität. Es können auch mehrere sein. Aber zum „Spitzenzentrum“ würde später die Antragstellerin gekürt. „Spitzenzentren“ können solche Unis werden, die bereits in vielen Forschungsbereichen „spitze sind“, wie Dinges-Dierig sagte. Und: „Der Geist der Exzellenz muss durch die ganze Uni wehen.“ Damit meint Dinges-Dierig, dass die breite Mehrheit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uni hinter dem Exzellenzgedanken stehen muss. Welche inhaltliche Richtung die Anträge haben sollen, ob etwa wie bisher bei den „Zukunftskonzepten“ Governance-Strategien der Unis belohnt werden, sei offen.

Offen sei auch, ob schon in dieser Runde nur noch vier bis fünf Eliteunis gekürt werden sollen oder noch sechs bis acht und erst in einem weiteren Schritt vier bis fünf. Jedenfalls wünscht die Unionsfraktion sich für diese vier bis fünf eine dauerhafte Förderung nach Vorbild der ETH Zürich. Man müsse aus der kurzatmigen „Projekteritis“ herauskommen, sagte Rupprecht. Gleichzeitig müsse aber ein Weg gefunden werden, auch noch die vier bis fünf Siegerinnen wettbewerblich zu stimulieren – vielleicht durch die Drohung, bei Untererfüllung der erwarteten Leistungen aus dem Olymp entfernt zu werden, und sei es nach zwanzig Jahren.

Wird der Plan der Union Wirklichkeit, muss die Hälfte der jetzigen Exzellenz-Unis zurück ins Glied

Aktuell gibt es elf „Exzellenzunis“. Wird der Unionsplan verwirklicht, wird mindestens die Hälfte zurück ins Glied verwiesen, wie schon in der letzten Exzellenzrunde Freiburg, Göttingen und Karlsruhe. Mitleid plagt die Union aber nicht. Sie verweist auf die Chance für diese Unis, im Wettbewerb um „Forschungsfelder“ zu reüssieren. Etwa 20 Forschungsfelder soll es geben – also nur halb so viele, wie es heute Exzellenzcluster gibt.

Für die jetzigen Cluster werden aktuell drei bis acht Millionen Euro ausgegeben. Forschungsfelder sollen aber größer, also teurer sein. Wie teuer will die Fraktion noch nicht sagen. Unklar blieb auch auf Nachfrage, wie geisteswissenschaftliche Vorhaben das riesige Format ausfüllen sollen. Sicher ist aber, dass die Fraktion Kooperationen zwischen Unis und anderen Akteuren, etwa außeruniversitären Einrichtungen, in ihrem Wettbewerb nicht zur Pflicht machen will: „Kooperation ist kein Selbstzweck, entscheidend ist die Exzellenz“, sagte Rupprecht. Unis, die wie die Humboldt-Uni erst in der letzten Runde gekürt wurden, sollen keine Spezialprogramme bekommen, sondern sich am neuen Wettbewerb beteiligen.

Die Unionsfraktion will, dass die Länder noch Geld drauf legen

Zusätzlich zur Exzellenzinitiative wünscht die Union ein Programm, mit dem „die Nobelpreisträger von morgen“ gefördert werden sollen. Starke Nachwuchswissenschaftlerinnen oder -wissenschaftler sollen sich mit ihrem Team eine Uni aussuchen können, nach Vorbild der Alexander-von-Humboldt-Professuren für Forscher aus dem Ausland.

Rupprecht und Dinges-Dierig machten deutlich, dass sie die finanzielle Hauptverantwortung für die Unis weiter bei den Ländern und nicht beim Bund sehen: „Wir erwarten, dass sie ihre finanzielle Beteiligung ausbauen“, erklärte Rupprecht. Das heiße nicht, dass der geltende Finanzierungsschlüssel (75 Prozent kommen vom Bund, 25 vom Sitzland) in der neuen Exzellenzinitiative verändert werden müsse. Vielmehr solle das Volumen aufgestockt werden. Auf einen Umfang von vier Milliarden Euro haben Bund und Länder sich im vergangenen Jahr geeinigt.

Welche Chance hat der Vorschlag der Unionsfraktion? Antielitär eingestellte Länder hätten keinen Grund, sich zu beklagen, erklärte Rupprecht. Schließlich seien dadurch, dass der Bund die Bafög-Mittel übernommen habe, 1,2 Milliarden Euro für die Grundfinanzierung der Hochschulen frei geworden. Die Unionsfraktion ist aber auch weit entfernt vom Vorschlag ihres Koalitionspartners. Die SPD-Fraktion hatte im Juni erklärt, keine ganzen „Eliteunis“ mehr fördern zu wollen. In einer ersten Förderlinie sollte es stattdessen um die Förderung von großen Clustern („Exzellenznetzwerke“) gehen. Daneben sollte es einen Wettbewerb um „regionale Verbünde“ mit „Partnern aus den Fachhochschulen oder der Wirtschaft“ geben. „Wir legen mehr Wert auf internationale Sichtbarkeit als der Koalitionspartner“, stellte Rupprecht fest.

Kommt es zu einem Kompromiss, könnte die nächste Exzellenzinitiative große Ähnlichkeit haben mit der jetzigen mit ihren elf „Eliteunis“ und 40 Clustern.

Lesen Sie hier einen Kommentar zu den Plänen

Anja Kühne

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