Weltklimagipfel in Madrid: Zwei Wochen, um den Weltenbrand einzudämmen
Am Montag beginnt die Klimakonferenz in Madrid. Brasiliens Präsident Bolsonaro provoziert mit einem kontroversen Vorschlag. Alles Wissenswerte im Überblick.
Für Schlagzeilen sorgte diese Weltklimakonferenz schon, bevor sie überhaupt begonnen hat: Eigentlich hätten sich die rund 25.000 Teilnehmer aus der ganzen Welt ab heute in Chiles Hauptstadt Santiago treffen sollen, um darüber zu verhandeln, wie die Erderwärmung gestoppt werden kann.
Chile aber sagte wegen gewaltsamer Unruhen die Ausrichtung auf seinem Boden ab. Nun findet die zwölftägige Konferenz in Madrid statt – ein „Wunder“, wie in Diplomatenkreisen die Organisation der Mega-Veranstaltung in Rekordzeit gelobt wurde.
Auf dieser 25. Weltklimakonferenz wird es darum gehen, endgültig Regeln auf den Weg zu bringen, mit denen das 2015 beschlossene Pariser Klimaabkommen umgesetzt werden kann. Darin ist festgeschrieben, dass die Staaten die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzen wollen.
Derzeit haben 187 von 197 Vertragsstaaten das Pariser Klimaabkommen ratifiziert. Zuletzt sorgte der Beitritt Russlands bei Klimaschützern für gute Laune. Unter anderem die Türkei, der Iran, der Jemen oder Eritrea haben das Abkommen noch nicht ratifiziert.
Bei den Verhandlungen in Madrid stehen vor allem technische Aspekte im Vordergrund.
So ist ein wichtiger Agendapunkt der Artikel sechs des Pariser Vertrages. Es geht um die Frage, unter welchen Bedingungen Staaten die Einsparung von CO2-Emissionen handeln dürfen. Probleme werden dabei mit Brasilien erwartet. Präsident Jair Bolsonaro will zwar nicht mehr aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen, wie er es einst angekündigt hatte.
Aber er möchte Klimaschutz nach seinen eigenen Regeln machen: Will etwa Frankreich einen großen Solarpark in Brasilien bauen, gehen die Emissionsminderungen eigentlich nur aufs französische Konto. Brasilien gefällt das nicht: Es möchte die eingesparten Tonnen CO2 auch auf sein Klimakonto angerechnet haben.
"Schlupflöcher vermeiden"
Damit wären die Minderungen doppelt gezählt. Dass das nicht möglich sein soll, findet unter anderem die Europäische Union. „Die EU muss hier hart bleiben und auch andere Schlupflöcher vermeiden“, sagt Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Organisation Germanwatch.
Ein zweiter wichtiger Punkt in Madrid ist die Frage, wie in Zukunft mit Schäden umgegangen wird, die durch den Klimawandel entstehen. Die vom Klimawandel schon extrem betroffenen Staaten, etwa die pazifischen Inselstaaten oder Länder Afrikas, fordern, dass es einen eigenen Finanztopf geben soll, der nur bei klimawandelbedingten Schäden und Verlusten greift.
Diese Schäden seien in den bisherigen Töpfen, etwa dem Anpassungsfonds, nicht abgedeckt, so ihre Argumentation. Die ärmsten Staaten erwarten also feste Finanzzusagen, die reichen Länder aber befürchten Milliardenbelastungen. Das sei ein extrem schwieriger Punkt, heißt es in Verhandlerkreisen.
Entwicklungsländer streiten auch dafür, dass das Thema „Schäden und Verluste“ ein fester Tagesordnungspunkt in den Verhandlungen wird. So würde es stärker in den Fokus rücken und wäre präsenter.
Klimakonferenz – keine neuen Zusagen erwartet
Neue Klimazusagen der Staaten, die öffentlichkeitswirksame Schlagzeilen bringen, sind auf der Klimakonferenz in Madrid eher nicht zu erwarten. Laut Pariser Abkommen müssen die Staaten erst kurz vor der nächsten Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow 2020 schärfere Klimaziele einreichen.
Unter dem Stichwort „Ambition“ wird die Nachbesserung von Klimazielen aber auch in Madrid behandelt. Klar ist aus Sicht der Umweltverbände: Je früher Industrienationen höhere Klimaziele zusagen, desto schneller werden auch andere nachziehen.
Deutschlands Klimaschutzverpflichtung läuft unter dem Schirm der Europäischen Union. Die jetzige Zusage sieht vor, dass die EU ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40 Prozent gegenüber 1990 reduziert. Erwartet wird, dass die EU bald offiziell auf minus 50 bis 55 Prozent nachschärft.
Schulze wird sich für Klimapolitik Kritik anhören müssen
Was die EU macht, hat Vorbildcharakter für andere Länder“, sagt Klimaexperte Bals. Die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat eine Reduktion der CO2-Emissionen bis 2030 um 50 bis 55 Prozent ins Auge gefasst. Laut Umweltverbänden müssen es mindestens 55 Prozent sein.
Auch Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) ist als Leiterin des deutschen Verhandlungsteams auf der Weltklimakonferenz in Madrid. Sie plant, die gesamte zweite Woche dort zu verbringen und mit den Umweltministern aus anderen Ländern zu verhandeln. Diese politische Woche ist traditionell die Zeit, in der Staaten neue Klimaallianzen vorstellen. Das ist freilich auch mit der Hoffnung auf gute Bilder verbunden.
Schulze wird sich aber wohl auch jede Menge Kritik anhören müssen, vor allem aus dem Kreis der Umweltverbände. Denn mit ihrem kürzlich beschlossenen Klimapaket blieb die Bundesregierung weit hinter den Erwartungen der Umweltschützer zurück. Da es etwa den Kohleausstieg erst bis 2038 vorsieht, handele es sich nicht einmal um ein „Päckchen“ für den Klimaschutz, sondern gerade einmal um einen „Standardbrief“, echauffiert sich Michael Schäfer von WWF Deutschland.
Wenngleich Madrid und das Klimasekretariat UNFCCC nur knapp sechs Wochen für die Vorbereitungen hatten, ist man im Umweltministerium optimistisch, dass alles gut klappen wird. Sogar die Länder-Pavillons soll es geben. Die Schiffscontainer mit Material für den deutschen Pavillon wurden bei ihrer Ankunft in Chile umgehend zurückgeschickt und landeten rechtzeitig in Madrid.