Verbraucherschützer gegen Volkswagen: Zehntausende Kunden könnten klagen
Am 1. November reichen Verbraucherschützer und der ADAC eine Musterfeststellungsklage wegen der Dieselaffäre ein. Mitmachen kann sich lohnen.
In der Dieselaffäre muss der Volkswagen-Konzern mit einer weiteren Flut von Klagen rechnen. Das Interesse an der neuen Sammelklage, die der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) gemeinsam mit dem ADAC in der kommenden Woche einreichen wird, ist groß. Rund 26 000 VW-Kunden haben sich bereits bei den Verbraucherschützern gemeldet. Rechtsanwalt Ralf Stoll, der die Klage für den VZBV betreut, hat innerhalb eines Monats mehr als 4000 Anfragen bekommen.
Konkret wird das Ganze am 1. November, also am Donnerstag kommender Woche. Dann tritt das Gesetz, das die sogenannte Musterfeststellungsklage einführt, in Kraft. An diesem Tag werden VZBV und ADAC die neue Klage beim Oberlandesgericht Braunschweig einreichen. Sie wollen anhand von zehn Fällen feststellen lassen, dass VW in der Dieselaffäre unrechtmäßig gehandelt hat. Die Verbraucherschützer wollen sich vom Gericht bescheinigen lassen, dass der Konzern durch den Einsatz von Manipulationssoftware Verbraucher vorsätzlich geschädigt hat und dass der Autohersteller die betroffenen Fahrzeuge nicht in Verkehr hätte bringen dürfen.
Wer sich beteiligt, hat bessere Chancen auf Schadensersatz
Das Musterverfahren soll auch klären, ob Kunden, die ihr Auto zurückgeben, den vollen Kaufpreis zurück bekommen oder ob VW eine Nutzungsentschädigung abziehen darf. Das Verfahren dient jedoch nur dazu, derartige Rechtsfragen grundsätzlich zu klären. Den konkreten Schadensersatz muss anschließend jeder Verbraucher selbst einklagen, allerdings dürfte das für Kunden, die sich an dem Musterverfahren beteiligt haben, leichter sein als für andere. Und: Wer mitmacht, verhindert, dass seine Ansprüche – wie bei allen anderen Kunden, die nicht klagen – zum Jahresende verjähren.
Der Musterfeststellungsklage anschließen können sich Käufer von Diesel-Fahrzeugen der Marken Volkswagen, Audi, Skoda, Seat mit Motoren des Typs EA189 (Hubraum: 1,2 oder 1,6 oder 2,0 Liter), in denen eine illegale Abschalteinrichtung verwendet wurde und die bereits vom VW-Pflichtrückruf betroffen sind. Zudem müssen sie ihre Autos nach dem 1. November 2008 gekauft haben und dürfen noch nicht geklagt haben. Infos finden Kunden im Internet unter www.musterfeststellungsklagen.de. Zudem bietet die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen eine telefonische Hotline an: Sie ist von Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr unter der Rufnummer 030/32502700 geschaltet.
Unterschied zum Massenverfahren von "My Right"
Bislang tun sich Dieselkunden schwer, VW vor Gericht zur Verantwortung zu ziehen. Zwar gibt es inzwischen zahlreiche Urteile von Amtsgerichten, in denen sich Verbraucher erfolgreich zur Wehr gesetzt haben, aber so gut wie keine positiven Entscheidungen höherer Instanzen. Spätestens in der zweiten Instanz würden Hersteller und Händler einknicken, den Kunden Vergleiche vorschlagen und so „verbraucherfreundliche Grundsatzurteile“ verhindern, sagt der Rechtsexperte der Stiftung Warentest, Christoph Herrmann.
Der Jurist empfiehlt, sich an der Musterfeststellungsklage zu beteiligen: „Wer den Aufwand einer eigenen Klage bisher scheute, hat nun eine einfache Möglichkeit, doch noch zu seinem Recht zu kommen.“ Ein Vorteil des neuen Instruments: Es ist für Kunden kostenlos.
Das unterscheidet die neue Sammelklage von dem Massenverfahren, das der Prozessfinanzierer „My Right“ derzeit führt. „My Right“ hat 23 000 Fälle gesammelt und will für die Kunden Schadensersatz. Auch dieses Verfahren ist zunächst kostenlos, sollte „My Right“ aber gewinnen, behält das Portal 35 Prozent des Schadensersatzes ein.