Vor dem Börsengang: Zalando gezähmt
Der Berliner Online-Modehändler strebt ein neues Image an. Und schreibt erstmals schwarze Zahlen im Quartal.
Bei Zalando werden künftig leisere Töne angeschlagen. Mit dem schrillen Werbespot „Schrei vor Glück, oder schick’s zurück“ war das Start-up einst angetreten, um den deutschen Schuhhandel das Fürchten zu lehren. Aus diesem Stadium sei das Unternehmen inzwischen herausgewachsen, meinen die drei Vorstände. „Wir treten in eine neue Phase ein“, erklärten sie am Donnerstag in Berlin. Die Hausaufgaben seien gemacht: Zalando habe eine eigene Logistik aufgebaut, eine der größten und ausgeklügeltsten in ganz Europa, eine eigene Software entwickelt, das Sortiment von Schuhen auf Mode erweitert und sei bereits in 15 Märkten Europas vertreten. Und das Wichtigste: Obwohl das Unternehmen weiter stark wachse, schreibe es operativ erstmals schwarze Zahlen.
Bei einem Umsatz von 546 Millionen Euro erzielte Zalando im zweiten Quartal 2014 vor Zinsen, Steuern und Ausgaben für Mitarbeiteraktien ein Ergebnis von 35 Millionen Euro. Im gleichen Quartal des Vorjahres hatte Zalando auf dieser Basis noch 31 Millionen Euro verloren. Im gesamten ersten Halbjahr stieg der Nettoumsatz um 29,5 Prozent auf 1,05 Milliarden Euro, das operative Ergebnis lag bei zwölf Millionen Euro. Was unterm Strich herausgekommen ist, dazu äußerte sich Vorstandsmitglied Rubin Ritter nicht. Auch zu der Frage, wann der lange erwartete Börsengang nun ansteht, verrieten die drei Vorstände nichts Neues. Der Börsengang sei nur eine Option, es würden weitere geprüft, sagte Ritter.
Profitabel sind vor allem die Kernmärkte
Profitabel entwickelt sich das Geschäft demnach vor allem in den Kernmärkten Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die deutliche Verbesserung der Profitabilität resultierte aus Optimierungen entlang aller wesentlichen Kostenpositionen, einschließlich Wareneinsatz, Logistik und Marketing. „Das Erreichen einer positiven Ebit-Marge im ersten Halbjahr 2014 ist ein großer Erfolg für Zalando“, sagte Ritter. „Historisch gesehen ist unsere Performance in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres in der Regel schwächer gewesen als in der zweiten Jahreshälfte.“
In zwölf Monaten setzte Zalando zwei Milliarden Euro um
Gegründet wurde das Unternehmen als Online-Schuhhandel im Jahr 2008 von Robert Gentz und David Schneider in Berlin, die die Schuhkartons anfangs in ihrem Keller lagerten und persönlich zur Post brachten. Inzwischen ist Zalando eine europäische Aktiengesellschaft und setzte in den vergangenen zwölf Monaten mehr als zwei Milliarden Euro um. Das Sortiment umfasst heute mehr als 1500 Modemarken mit mehr als 150 000 Artikeln. Auch wenn Zalando rasant gewachsen ist: Das Potenzial ist immer noch riesig. Mit 420 Milliarden Euro beziffert das Unternehmen den Modemarkt in Europa, derzeit würden davon erst 38 Milliarden Euro online umgesetzt.
Gentz und Schneider sitzen heute neben Ritter im Vorstand. Groß wurde das Unternehmen mit dem Geld der drei Samwer Brüder, die noch 17 Prozent der Anteile halten. Größter Anteilseigner ist der schwedische Finanzinvestor Kinnevik, der 36,5 Prozent hält. Weitere Anteilseigner sind Tengelmann und Holtzbrinck Ventures, der dänische Modeunternehmer Anders Holch Povlsen sowie der kanadische Pensionsfonds OTPP.
Das grelle Orange verschwindet
Die vom Vorstand ausgerufene neue Unternehmensphase wird für Kunden auch optisch sichtbar werden: Die Internetseite wird überarbeitet, auch das Aussehen der Zalando-Pakete – das Orange verschwindet (fast), stattdessen steht Zalando in großen schwarzen Buchstaben auf dem Paket. Da immer mehr Kunden Zalando mobil nutzen, hat das Unternehmen in allen Märkten seine neue App eingeführt. Im zweiten Quartal 2014 sei der Besucheranteil im Online-Shop über mobile Geräte bereits auf 41 Prozent gestiegen. Die App sei bis zum Ende des zweiten Quartals mehr als 3,8 Millionen Mal heruntergeladen worden. Insgesamt kommt Zalando derzeit auf 13,5 Millionen aktive Kunden, das sind solche, die in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal etwas dort gekauft haben. Neu ist auch die Bilderkennungsfunktion: Kunden können unterwegs Kleider, die ihnen gefallen, mit dem Smartphone fotografieren. Die App sucht dann im Zalando-Sortiment nach dem gesuchten oder ähnlichen Kleidungsstücken.
An einem will Zalando aber nichts ändern: Auch künftig sollen Kunden die bestellte Ware kostenlos zurückschicken können. Das Unternehmen habe getestet, was passiert, wenn das Zurückschicken weniger einfach und bequem sei. Im Ergebnis hätten die Kunden weniger bestellt, Umsatz und Profit seien gesunken, deswegen werde man das nicht weiter verfolgen. Die hohe Rücksendequote von 50 Prozent wird von Beobachtern häufig als problematisch betrachtet. Zalando selbst stört sie offenbar nicht.