Volkswagen-Chef soll gehen: Woran Matthias Müller gescheitert ist
Nach dem Dieselskandal hat Müller als VW-Chef aufgeräumt. Doch das war nicht genug. Ein Kommentar.
Die Börse jubelte, als die Nachricht von der möglichen Ablösung des VW-Chefs Matthias Müller die Runde machte: Die VW-Aktie sprang an die Dax-Spitze. Mit dem überraschenden Umbau des Vorstands und Müllers Abgang verbindet der Kapitalmarkt offenbar die Hoffnung, dass dessen wahrscheinlicher Nachfolger Herbert Diess den Konzern aus der Krise fährt.
Dabei dürften die Investoren eigentlich gar keinen Grund zur Sorge haben. Volkswagen hat soeben eine Rekordbilanz präsentiert, die Fahrzeuge des Zwölf-Marken-Herstellers sind gefragt wie nie. Krise? Welche Krise?
Volkswagen steckt in einem Widerspruch fest, der alle deutschen Autobauer lähmt: Die guten Zahlen interessieren niemanden - alle beschäftigen sich nur noch mit dem totalen Imageschaden nach dem Dieselskandal, drohenden Fahrverboten und möglichen Hardware-Nachrüstungen.
Matthias Müller ist es ebenso wie Daimler-Chef Dieter Zetsche oder BMW-Chef Harald Krüger bislang nicht gelungen, das in der Öffentlichkeit verloren gegangene Vertrauen zurückzugewinnen. Autos verkaufen, das können sie. Glaubwürdig sind sie nicht mehr.
Anders als Müller haben es Zetsche und Krüger allerdings nicht mit komplizierten Eigentümern zu tun. Die Familien Porsche und Piech entscheiden immer noch darüber, wer etwas operativ zu sagen hat in Wolfsburg (Volkswagen) und Zuffenhausen (Porsche). Sie haben Müller Ende 2015 ins Amt gehoben und nun senken sie offenbar wieder den Daumen. So hart ist das Managerleben. Ist es auch gerechtfertigt?
Nachfolger ohne Stallgeruch - zum Glück
Unbestritten ist, dass Müller nach dem Dieselskandal aufgeräumt hat. Die Strukturen wurden umgebaut, Hierarchien geschleift, wichtige strategische Entscheidungen getroffen - etwa das milliardenschwere Investitionsprogramm für die Mobilität der Zukunft.
Doch die Zweifel sind geblieben, ob Müller, der Jahrzehnte seines Berufslebens im VW-Konzern verbracht hat, der Richtige ist, um Volkswagen neu zu starten. Der Kulturwandel im Unternehmen sei noch lange nicht geschafft, klagte er zuletzt.
Dabei zeigte sich allzu oft bei seinen öffentlichen Auftritten, dass er selbst die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt hat - etwa, als es um sein Zehn-Millionen-Euro-Gehalt ging oder um die Frage, wie geprellte VW-Kunden entschädigt werden.
Ob der früherer BMW-Manager Herbert Diess hier das nötige Fingerspitzengefühl hat, muss sich zeigen. Den Stallgeruch des Porsche-Piech-Clans hat er jedenfalls nicht. Das wäre an der Konzernspitze eine Premiere - und eine Chance für einen echten Kulturwandel.