Wechselkurse: Wohin die Reise geht
In dieser Woche beginnt in Berlin die Internationale Tourismusbörse (ITB). Dabei vermiest der schwache Euro derzeit manchen die Vorfreude auf den Urlaub. Doch wie groß ist das Wechselkursproblem wirklich?
Die Kuhglocke aus der Schweiz, der kleine rote Doppeldeckerbus aus London oder der Plüsch-Elch aus Schweden: Wer in diesen Tagen seine Souvenirs aus europäischen Nicht-Euro-Ländern in die Hand nimmt, der wird möglicherweise ein bisschen wehmütig. Sorgt doch der schwache Euro für die Befürchtung, dass das Reisen in diese Länder nun noch teurer wird. Und auch beliebte Ziele außerhalb Europas wie die USA könnten bei künftigen Urlauben kaum noch erschwinglich sein. Kann man beim Rundgang über die Internationale Tourismusbörse (ITB), die am Mittwoch in Berlin beginnt, gleich einen Bogen um die Stände der Nicht-Euro-Länder machen? Wie viel ist dran an diesen Sorgen?
Teure Schweiz
Fakt ist, dass sich durch die Wechselkursschwankungen die Kaufkraft des Euros im Vergleich mit Deutschland ändert. Wirtschaftswissenschaftler stellen deshalb einen Kaufkraftvergleich an. „Die Kaufkraft gibt an, welche Mengen mit einem bestimmten Geldbetrag gekauft werden können. Sie wird aus einem repräsentativen Warenkorb berechnet, der sich an den Bedürfnissen eines Durchschnittshaushalts in dem Land orientiert“, erklärt Julia Topar vom Bundesverband deutscher Banken. Aktuell liege die Kaufkraft des Euro in der Schweiz bei 66 Cent, in Norwegen bei 73, in Schweden bei 85 und Großbritannien bei 82. „Vergleicht man also die momentane Kaufkraft des Euros in diesen Nicht-Euro-Ländern Europas, zeigt sich also: Die Schweiz ist am teuersten“, sagt sie.
Das an sich ist noch keine Überraschung – dennoch hat sich das Problem nach dem sogenannten Frankenschock noch verschärft. „Wenn man tatsächlich sparen will, wäre es sinnvoll, sich an der Kaufkraft zu orientieren – denn sie wirkt sich auf jeden gekauften Latte Macchiato und auf jedes Bier aus. Das führt dazu, dass sich die Leute überlegen, eher nach Österreich zu fahren als in die Schweiz“, sagt Julia Topar.
Die Währungsexpertin weiß auch, wo es für Deutsche im Urlaub günstig ist. In Griechenland etwa liege die Kaufkraft im Vergleich mit Deutschland derzeit bei 1,19 Euro, noch besser sieht es in Ungarn (1,84 Euro) und in der Türkei (1,60 Euro) aus. Ein Blick über den großen Teich zeigt, dass man dort derzeit, anders als früher, fast genauso viel für sein Geld bekommt wie hier: Die Kaufkraft liegt bei 1,02 Euro.
Wohin die Deutschen jetzt reisen
Glaubt man den Zahlen, die der Deutsche Reiseverband (DRV) in der vergangenen Woche veröffentlicht hat, beeinflussen die Währungsschwankungen das Reiseverhalten der Deutschen nicht besonders. Europäische Reiseländer außerhalb der Euro-Zone wie Schweiz, Schweden und Großbritannien sind bei den Deutschen zwar beliebt, haben aber noch nie die Rankings der Lieblingsurlaubsorte angeführt.
„Beim Ranking der beliebtesten Reiseländer der Deutschen hat sich in den vergangenen 25 Jahren an der Spitze recht wenig geändert: Deutschland ist mit Abstand Spitzenreiter, dann folgen Spanien, Italien, Türkei, Österreich und Frankreich“, sagt Claudia Gilles, Hauptgeschäftsführerin beim Deutscher Tourismusverband. Auf den Plätzen dahinter gibt es jedoch Schwankungen. Nach Angaben des DRV legen im Vergleich zum Vorjahr derzeit die Buchungen für Ägypten mit einem hohen zweistelligen Plus zu. Zuwächse verzeichnen auch Griechenland mit einem zweistelligen prozentualen Zuwachs sowie die Balearen mit einem einstelligen Plus.
Auch die Buchungen für den Deutschlandurlaub nehmen in den Reisebüros derzeit zu. Dass sich Reiseströme aufgrund des schwachen Euros verschieben, stellt man auch beim Reiseveranstalter Tui nicht fest. „Die USA sind zum Beispiel aktuell hervorragend gebucht“, sagt Unternehmenssprecherin Anja Braun.
Was man jetzt am besten bucht
Die Zahlen des DRV zeigen jedoch nur einen vorläufigen Zwischenstand – schließlich hat noch gar nicht jeder seinen Urlaub für 2015 gebucht. Wer das noch vorhat und den Wechselkursschwankungen aus dem Weg gehen will, ist möglicherweise gut beraten, das bei einem Reiseveranstalter zu tun. „Diese haben bereits im vergangenen Jahr fixe Preise ausgehandelt und sich so gegen Währungsschwankungen abgesichert.
Davon profitieren Reisende, die Komplettpakete der Katalogveranstalter buchen“, sagt Torsten Schäfer vom DRV. Zwar sind Pauschalreisen nicht jedermanns Sache – für manchen klingt das nach zwei Wochen All-Inclusive am Mittelmeerstrand –, doch Schäfer merkt an: „Pauschalreisen werden immer flexibler. Man kann Mietwagen, Theater- oder Musicalkarten oder Ausflüge schon vorab dazu buchen und von den ausgehandelten Preisen profitieren. Und bezahlt in Euro und nicht in Landeswährung.“ Wer trotzdem lieber spontan mit dem Auto etwa in die Schweiz fährt, Einzelleistungen im Internet bucht oder sein Hotel erst vor Ort bezahlt, der zahlt unter Umständen drauf.
Das nimmt so mancher für die gewonnene Freiheit gern in Kauf. Im kommenden Jahr könnte es dann auch für Pauschaltouristen teurer werden. „Dafür gibt es aber noch keine Prognosen“, sagt Schäfer. „Die Preise dafür werden zwischen den Reiseveranstaltern und den Hotels gerade ausgehandelt. Für die Festsetzung der Preise sind aber viele Faktoren entscheidend – und auch nicht der Tageswert der Währung, sondern ein Durchschnittswert.“
Wie es um Last Minute steht
So lange im Voraus will so mancher ohnehin noch nicht planen. Doch wer hofft, Last Minute das ultimative Schnäppchen zu ergattern, könnte enttäuscht werden. „Der große Hype von Last Minute ist vorbei. Heute kann man Preise sehr gut vergleichen und muss nicht unbedingt weit im Voraus oder sehr spät buchen. Es gibt immer wieder Sonderangebote zwischendrin“, sagt Tourismusexpertin Gilles. Insgesamt geht der Trend in Deutschland ohnehin eher zur langfristigen Planung. 40 Prozent aller Urlauber buchen mindestens drei Monate im Voraus, hat eine LastMinute-Studie im Auftrag des Verbands Internet Reisevertrieb (VIR) ergeben. Wer Ostern in die Ferien fahren will, sollte also am besten bald buchen.
Maria Fiedler