Fintech-Hub in Berlin: Wo früher Konten verwaltet wurden
Im früheren Hauptgebäude der Berliner Bank entsteht ein Fintech-Hub. Dort sollen sich Start-ups aus dem Finanzbereich vernetzen.
Wo früher Bankangestellte saßen, Kredite bearbeitet und Konten verwaltet haben, tippen heute junge Gründer in ihre Laptops. Nur wenig erinnert daran, dass in dem Hochhaus an der Hardenbergstraße bis vor wenigen Monaten noch die Berliner Bank ihren Hauptsitz hatte. Übrig geblieben sind lediglich der blaue Teppichboden sowie zwei Schilder mit Berliner-Bank-Logo, die verloren an einer Wand im achten Stock hängen.
Das Geldinstitut ist gerade erst vom Markt verschwunden, das Logo auf dem Dach abmontiert worden, da ist die einstige Traditionsbank bereits ersetzt worden. Und das ausgerechnet von jungen Start-ups, die den klassischen Geldinstituten mit ihren neuen Geschäftsideen Konkurrenz machen. Für sie soll das klobige Hochhaus aus den fünfziger Jahren zur wichtigsten Anlaufstelle in der Stadt werden. In dem neunstöckigen Gebäude entsteht gerade Berlins FintechHub.
Hub ist Englisch und heißt so viel wie Knotenpunkt. In der Start-up-Szene nennt man so einen Ort, an dem Gründer junger Firmen zusammenkommen und sich auszutauschen. An dem sie auf Investoren und alteingesessene Unternehmen treffen. Zwölf solcher Hubs werden derzeit auf Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums in ganz Deutschland aufgebaut. Potsdam hat zum Beispiel den Zuschlag für den Hub für Medien-Start-ups bekommen. Städte wie München, Hamburg und Karlsruhe sind mit Themen wie Mobilität, Logistik oder Künstliche Intelligenz vertreten.
In Berlin entsteht neben dem Hub für Finanz-Start-ups noch ein Hub für das Internet der Dinge. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop hofft, dass das „Berlins Rolle als Deutschlands Digitalisierungshauptstadt“ stärkt. Den Bereich Fintech muss Berlin sich allerdings mit Frankfurt am Main teilen. Dort wird ein weiterer Hub für Gründer aus dem Finanzbereich aufgebaut – womit der Tatsache Rechnung getragen wird, dass die beiden Städte seit Jahren darum konkurrieren, wer die meisten Start-ups aus der Finanzbranche anzieht.
Finleap setzt sich schon lange für Berliner Fintechs ein
Einer, der dabei stets für Berlin wirbt, ist Ramin Niroumand. Er ist Chef der Start-up-Schmiede Finleap, die Fintechs in Serie gründet. Und er ist derjenige, der den Zuschlag vom Land bekommen hat, den Berliner Fintech-Hub aufzubauen. Neben Finleap hatten sich darum vier weitere Firmen beworben. Dass sich die Senatsverwaltung für Niroumand und sein Team entschieden hat, überrascht nicht. Schon lange setzt Finleap sich auch gegenüber der Politik für die Belange der Berliner Fintechs ein, organisiert Stammtische und Diskussionsrunden.
Noch dazu ist die Firma darauf spezialisiert, schnell Neues aufzubauen. In den letzten zweieinhalb Jahren hat Finleap zwölf Start-ups aus dem Finanzbereich gegründet. Junge Firmen, die das Geld der Anleger per Mausklick im Ausland anlegen. Die Versicherungen übers Internet vermitteln. Oder die beim Kontowechsel helfen. Auch eine Start-up-Bank ist dabei. 450 Angestellte arbeiten inzwischen für Finleap und die gegründeten Fintechs. Auch zukünftig sollen jährlich etwa vier neue Start-ups entstehen.
Für den Fintech-Hub hat Niroumand große Pläne. Sieben der insgesamt neun Stockwerke hat er in dem früheren Berliner-Bank-Gebäude gerade angemietet. Selbst beziehen wird die Start-up-Schmiede mit den eigenen Fintechs davon vorerst nur zwei. Auf den übrigen Flächen sollen Co-Working-Büros entstehen, in denen Gründer Räume oder einzelne Schreibtische anmieten können. Auch sollen Fintech-Start-ups einziehen, die unabhängig von Finleap entstanden sind. „Wir sind bereits mit einigen im Gespräch“, sagt Niroumand.
Wie in der Gründerszene üblich, soll es schnell gehen
Die Idee: Durch die räumliche Nähe soll die Konkurrenz sich gegenseitig unterstützen. Wer beispielsweise eine App entwickelt, hat mit den anderen Gründern im Haus gleich eine große Gruppe zusammen, um die neue Anwendung zu testen und Feedback einzuholen. Auch Banken, die die Nähe zu Gründern suchen, sind in dem neuen Hub-Gebäude willkommen. Niroumand wünscht sich „ein offenes Haus zum Netzwerken und für neue Kooperationen“. Im Idealfall könnte selbst die Finanzaufsicht Bafin mit einem Büro vor Ort vertreten sein – bislang ist das aber reines Wunschdenken. „Am Ende sollen hier bis zu 800 Fintech-Enthusiasten zusammenarbeiten“, sagt Niroumand.
Und: Wie in der Gründerszene üblich, soll es schnell gehen. Bereits bis zum Jahresende sollen die insgesamt 11000 Quadratmeter renoviert sein. Ideen für den Umbau gibt es mehr als genug. So soll im obersten Stock, den die Gründer bereits jetzt ihr Penthouse nennen, ein offener Raum für Veranstaltungen entstehen. Auch eine gemeinsame Kantine, eine Kaffeebar und ein Fitnesscenter soll es im Gebäude geben. Eine eigene Haus-App soll dabei helfen, über die einzelnen Stockwerke hinweg zu kommunizieren und zum Beispiel Meeting-Räume zu reservieren. Schon jetzt lassen sich viele Türen im Haus per App statt mit Schlüssel öffnen.
Das nötige Geld für den Umzug kommt zum Teil von Investoren, bei denen Finleap gerade 39 Millionen Euro eingesammelt hat. Wie die Start-up-Schmiede an diesem Montag offiziell verkünden will, sind darunter namhafte Namen wie die Signal Iduna und die Hannover Rück. Auch die SBI Gruppe aus Japan und die niederländische NIBC Bank geben den Berlinern frisches Kapital. Für den Aufbau des Hubs soll es zusätzlich eine finanzielle Unterstützung vom Land geben. Verhandelt wird dem Vernehmen nach derzeit jährlich über eine sechsstellige Summe, die sich die Fintech-Start-ups allerdings mit den Gründern aus dem Bereich Internet der Dinge teilen müssen.