VW-Chef Müller in den USA: „Wir haben nicht gelogen“
Volkswagen-Chef Matthias Müller irritiert in den USA mit einem Radio-Interview, das der Konzern neu aufzeichnen lässt. Ein ehemaliger FBI-Chef soll im Rechtsstreit des Herstellers schlichten.
Das Englisch von Matthias Müller hat eine unüberhörbar bayerische Färbung – und gerät im Gespräch mit anglo- amerikanischen Analysten manchmal ins Stolpern. Auch während seines Besuchs in den USA werden die Sprachkenntnisse des VW-Chefs derzeit auf eine harte Probe gestellt. In einem Interview mit dem Radiosender NPR irritierte Müller am Dienstag die Zuhörer mit der Auskunft, beim Abgas-Skandal handele es sich um ein „technisches Problem“. Bei der Aufklärung auf Zeit gespielt oder gar gelogen habe der deutsche Autokonzern keineswegs.
Anschließend wollte VW das Interview noch einmal neu aufzeichnen. Ein VW-Sprecher sagte, Müller habe eine Frage falsch zugeordnet. Bei der Aufzeichnung des Interviews in einem Restaurant in Detroit am Sonntagabend habe es „eine sehr besondere Gesprächssituation“ gegeben. „Es war sehr eng, die Fragen wurden laut auf Englisch und Deutsch hereingerufen und dann ist eine Frage missverstanden und falsch zugeordnet worden und daraus resultierte dann diese missverständliche Aussage.“
Sprachverwirrung oder Absicht? Alles nur Technik, keine Absicht, kein Betrug an Kunden und Behörden?
Müller sagte zunächst: Wir haben nicht gelogen
In der ursprünglichen Version des Gesprächs hatte Müller zu den Abgas-Manipulationen gesagt: „Bei uns gab es ein Versäumnis, wir hatten nicht die richtige Auslegung der amerikanischen Gesetze.“ Er verwahrte sich gegen den Vorwurf, der Konzern habe bei der Aufklärung auf Zeit gespielt. „Wir haben nicht gelogen. Wir haben die Frage anfangs nicht verstanden und dann haben wir seit 2014 daran gearbeitet, das Problem zu lösen. Und es war ein Fehler von VW, dass es so lange gedauert hat.“
In der vom Konzern gewünschten zweiten Version versuchte Müller dann, den Schaden zu begrenzen: „Ich muss mich für gestern Abend entschuldigen, weil die Situation ein bisschen schwierig für mich war vor all Ihren vielen Kollegen und jeder hat hineingerufen.“ Dann ruderte Müller von der anfänglichen Aussage zurück, es handele sich im Ursprung bei den Abgas-Manipulationen lediglich um ein technisches Problem. VW lege großen Wert auf die Feststellung, dass der Konzern die Verstöße einräume. „Daran gibt es keinen Zweifel.“
Müller war am Montag weiter in Richtung Washington gereist, wo er sich unter anderem mit der Chefin der US-Umweltbehörde und Kongressabgeordneten trifft. In diesen Gesprächen will er Lösungen zur Beseitigung der Manipulationen bei fast 600 000 Dieselautos in den USA präsentieren. Als Schlichter in den Rechtsstreitigkeiten rund um den Abgasskandal soll in den USA ein früherer FBI-Chef vermitteln. Der kalifornische Bezirksrichter Charles Breyer erklärte am Montag, er wolle Robert S. Mueller mit der Aufgabe betrauen, in mehr als 500 eingereichten Klagen eine Einigung herbeizuführen. Zu den zahlreichen Klägeranwälten gehört auch der frühere US-Senator und Präsidentschaftsbewerber aufseiten der Demokraten, John Edwards. Der ehemalige Politiker will eine führende Rolle in dem Rechtsstreit einnehmen.
Neuer Katalysator und Rückkauf
Volkswagen drohen in den USA milliardenschwere Zahlungen. Der Konzern hatte im September 2015 auf Druck der US-Umweltbehörde EPA zugegeben, Stickstoffwerte bei Diesel-Autos mit einer Software geschönt zu haben. Allein in den USA sind hunderttausende Fahrzeuge betroffen, weltweit sind es bis zu elf Millionen. Zu dem Paket, das Müller der EPA präsentieren will, gehört ein neu entwickelter Katalysator, der bei 430 000 Fahrzeugen eingebaut werden soll. Bei weiteren Fahrzeugen erwägt VW einen Rückkauf.
Der Konzern hatte bereits angekündigt, das Gutschein-Programm auszuweiten: Auch Besitzer des Geländewagens VW Touareg sollen 500 Dollar Bargeld und 500 Dollar Guthaben beim Händler bekommen. Müller sagte auf der Automesse in Detroit, er rechne nicht mit weiteren Rückstellungen. „Wir haben 6,7 Milliarden Euro für den Reparaturprozess von weltweit allen betroffenen Fahrzeugen zur Seite gelegt. Wir vermuten, dass das genug sein sollte.“ mit dpa,rtr