Katar: "Wir glauben an Made in Germany"
Scheich Saoud bin Abdulrahman Al Thani über die Zeit nach dem Öl und die Beziehung zu Deutschland
Scheich Saoud, wie abhängig ist Katar noch immer vom Öl?
Wir haben natürliche Ressourcen wie Gas und Erdöl. Wir investieren aber auch in Bildung und damit in die Zukunft unserer nächsten Generation. Wir sind wirtschaftlich stark und kümmern uns um die Bildung unserer Bürger. Die Wirtschaft in unserem Land wächst immer noch. In diesem Jahr rechnen wir mit einem Wachstum von drei Prozent. Zuletzt sind unsere Einnahmen aus Nicht-Öl-Ressourcen gestiegen.
Was sind das für Ressourcen?
Bereits 1996 hat unser Emirat das "Katar Investments Programm" aufgesetzt. Ziel ist, dass unsere Wirtschaft durch ausländische Investitionen dynamischer wird. Zugleich möchten wir Katar der nächsten Generation als Wirtschaftsmacht übergeben. Und zwar mindestens auf dem Niveau, das wir heute haben – aber nicht erwirtschaftet mit Öl und Gas, sondern durch Industrie, Landwirtschaft, Digitalisierung, Bildung und große Unternehmen. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir unsere Investitionen in vielen Ländern, darunter Deutschland, beibehalten.
Deshalb der Kauf von 49 Prozent der deutschen Solarworld Energie?
Ja, Deutschland hat das Ziel, bis 2020 ohne Kernenergie auszukommen. Katar hat auch geplant, dass in den nächsten Jahren 30 Prozent der Gesamtenergie aus Windkraft und Sonne stammen soll.
Wie wichtig ist Deutschland für Katar?
Deutschland ist die viertstärkste Wirtschaftsmacht der Welt, und die deutsche Wirtschaft hat 2017 viel Erfolg gehabt und wird voraussichtlich 2018 ähnliche Erfolge erzielen. Katar vertraut auf die deutsche Wirtschaft, daher möchten wir jetzt unsere Investitionen in diesem Land verstärken.
Katar investiert 25 Milliarden Euro in Deutschland. Zum Beispiel bei der Deutschen Bank, VW, Hochtief und Siemens.
Ja, Katar investiert derzeit in große Unternehmen und möchte in den kommenden Jahren Geld in kleine und mittelständische Unternehmen investieren, da diese 85 Prozent der deutschen Wirtschaft ausmachen. Eines der Hauptziele von Katar ist es, seine Position als strategischer logistischer Knotenpunkt hervorzuheben und die Länder durch ihre Investitionen in Katar zu ermutigen, ihre Aktivitäten in Asien und im Nahen Osten auszuweiten.
Wie viele deutsche Unternehmen sind zurzeit in Katar tätig?
Rund 300 Firmen sind aktiv und wir gehen davon aus, dass wir diese Zahl in den nächsten Monaten verdoppeln werden. Weil wir an das Gütesiegel "Made in Germany" glauben und die Arbeit internationaler, insbesondere deutscher Unternehmen, einfacher gemacht haben. Zurzeit sind viele von diesen Firmen in den Bereichen Bau und Infrastruktur tätig. Aber wir haben auch neue Projekte, um mehr Unternehmen zu gewinnen. Der Hafen von Scheich Hamad beispielsweise ist einer der größten Häfen in der Region. Zusätzlich werden wir bald eine Freizone öffnen. Diese Maßnahme könnte Arbeit für die Unternehmen in der ganzen Region bringen.
Was ist "Katar National Vision 2030"?
Starke Wirtschaft, gesellschaftliche Entwicklung, Umwelt und Bildung. Ziel ist, bis 2030 die Bezeichnung "Entwicklungsland" hinter uns zu lassen. Wir wollen ein Erfolgsbeispiel für andere Länder in der Region sein. Weil die ganze Region viele kluge und kreative Köpfe hat und sie ein Beispiel brauchen, um sich zu motivieren, und wir möchten das Beispiel sein. Vor 20 Jahren war die Fifa-WM noch ein Traum für Katar und die gesamte arabische Bevölkerung, Nun werden wir diesen Traum erfüllen.
Sie hatten schon Panasiatische Spiele 2006, Fußball-Asienmeisterschaft 2011, Handball-WM 2015. Wie passt Sport in Katars Plan für Geschäftsinvestoren?
Sport ist wie ein Motor für Wirtschaft, Infrastruktur, Bildung und Gesundheit. Zum Beispiel ist die WM 2022 eine Möglichkeit, unsere Vision für 2030 zu erreichen. Jedes Land strebt danach, seine Entwicklung durch die Ausrichtung von internationalen Großveranstaltungen zu beschleunigen und behauptet damit die Position als eines der modernsten Länder.
Was erwarten Sie vom Business und Investment Forum in Berlin?
Wir haben bereits einen wirtschaftlichen Austausch mit Deutschland von drei Milliarden Euro pro Jahr erreicht. Unsere Erwartung ist, unsere Investition in Deutschland erhöhen zu können und den Weg für deutsche Unternehmen zu ebnen, um im Nahen Osten zu expandieren. Wir möchten diese Firmen auch durch die Freihandelszone motivieren.
Was meinen Sie mit der Freihandelszone?
Sie gibt internationalen Unternehmen die Möglichkeit, Filialen steuerfrei zu eröffnen. Derzeit schaffen wir neue Möglichkeiten für Freihandelszonen in Katar. Wir freuen uns, das Konzept der Qatari Free Zone am 7. September erstmals in Deutschland vorstellen zu können.
Seit über einem Jahr blockieren Saudi-Arabien und einige Nachbarländer Katar. Wie will sich Katar aus der Klemme befreien?
Wir suchen nach Möglichkeiten, von dieser Krise zu profitieren. Katar gründet jetzt neue Märkte durch Investitionen und verstärkte Im- und Exporte sowie durch das Auflegen eigener Projekte wie den freien Markt und den Hafen Hamad Port. Katar hat in dieser Krise Chancen gesehen und Investitionsziele geschaffen, um in der Zukunft zu profitieren.
Das Gespräch führte Muhamad Abdi.
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