Kläger, Zeuge, Angeklagter: Wie Thomas Middelhoff die Gerichte beschäftigt
Der Middelhoff-Marathon: Der Ex-Arcandor-Manager Thomas Middelhoff beschäftigt seit Jahren mehrere Gerichte. Eine Übersicht.
Es dürfte ein willkommener Rollenwechsel für ihn gewesen sein: Am Donnerstag war Thomas Middelhoff in Köln als Zeuge geladen. Der Ex-Arcandor-Chef hat selber reichlich Ärger mit der Justiz, nicht weniger als fünf Verfahren laufen gegen ihn. Quasi gleichzeitig tritt er in anderen Verhandlungen als Kläger auf. Diesmal aber war er nur Nebenfigur, wenn auch die prominenteste: Das Interesse der Richter galt Josef Esch, Immobilienunternehmer und einst Duzfreund von Middelhoff. Der Prozess soll ergründen, welche Rolle Esch bei der Privatbank Sal. Oppenheim gespielt hat, die vormals die größte in Europa war. Mit dem Aus für Arcandor geriet auch Sal. Oppenheim in Nöte, musste von der Deutschen Bank aufgefangen werden. Offiziell hatte Esch keine Funktion in dem Geldhaus. Aber war er eine Art „graue Eminenz“? Bis das geklärt ist, sitzen auch die vier eigentlichen Geschäftsführer von damals auf der Anklagebank. Seit nun anderthalb Jahren dauert der Prozess an. Middelhoff trat unerwartet offensiv auf: „Meine Wahrnehmung ist, dass Herr Esch wesentlichen Einfluss auf die Bank hatte“, gab er zu Protokoll.
Esch arrangierte den Arcandor-Deal
Details lieferte Middelhoff bereitwillig. Am 24. September 2008 habe er Esch in seinem Heimatort Troisdorf besucht und gefragt, ob Sal. Oppenheim einen „Finanzierungsbeitrag“ für den problembehafteten Konzern um Karstadt leisten könne. Die Finanzmittel von Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz seien damals schon ausgeschöpft gewesen. Drei Tage später habe Esch nach einem Mittagessen mit der Bankspitze die Nachricht überbracht, dass das Institut sich tatsächlich finanziell „engagieren“ könne – „für mich war klar: Da spricht die Bank“, sagt Middelhoff.
Falsche Spesen
Dass Middelhoff Esch dermaßen deutlich belastet, ist schon deshalb brisant, weil die beiden zurzeit in diversen Prozessen aufeinandertreffen. Unlängst erst hatte Esch in einem Prozess gegen Middelhoff die Aussage verweigert. Middelhoff wird in diesem Fall Untreue zulasten des Handelskonzerns vorgeworfen. Laut Anklage hat Middelhoff Arcandor mit betriebsfremden Kosten in Höhe von insgesamt 1,1 Millionen Euro belastet. Dabei geht es hauptsächlich um Charterflüge, die privat veranlasst waren, so der Verdacht. So soll Middelhoff regelmäßig mit dem Hubschrauber von seinem Wohnort Bielefeld zur Arcandor-Zentrale in Essen geflogen sein. Er bestreitet das, Esch schwieg bislang. Dabei hätte er mutmaßlich Erhellendes beizutragen: Middelhoff hatte auch Eschs private Charterfluggesellschaft „Challenge Air“ genutzt.
Luxusyacht
Die beiden Männer prozessieren daneben auch unmittelbar gegeneinander: Rein privat hatte Middelhoff Esch seinerzeit eine Luxusyacht abgekauft, aber offenbar nie bezahlt. Middelhoff stimmte zu, 2,5 Millionen Euro zu überweisen. Doch die Frist verstrich. Middelhoff nutzte diese Zeit freilich anderweitig: Er verklagte Esch auf 33 Millionen Euro wegen falscher Vermögensberatung. Die sah zum Beispiel so aus, dass Middelhoff zusammen mit seiner Frau über einen Fonds von Esch an den Karstadt-Immobilien beteiligt war – als Investor profitierte er also von den hohen Mieten, die die Kaufhauskette zahlen musste, auf deren Senkung er als Firmenchef aber hätte dringen müssen.
Privatkredite
Die Schulden für die Yacht konnte Middelhoff – wie auch 7,5 Millionen Euro Schulden bei Roland Berger – eigenen Angaben zufolge deshalb nicht zahlen, weil Sal. Oppenheim seine Konten eingefroren hat. Middelhoff hat deshalb die Bank verklagt. Die war allerdings schneller: Sie verklagte Middelhoff und seine Frau, weil sie Kredite in Höhe von 78 Millionen längst hätten ablösen müssen.
Bonuszahlung
Vor dem Oberlandesgericht Hamm geht es derweil in zweiter Instanz um eine umstrittene Bonuszahlung, die Middelhoff kurz vor seinem Abschied bei Arcandor erhalten hat. Der Insolvenzverwalter sieht sie als unrechtmäßig an. Das Landgericht Essen gab ihm recht. Middelhoff soll 3,4 Millionen Euro zurückzahlen. Er ging in Berufung.
Missmanagement
Das dicke Ende kommt aber womöglich noch. 175 Millionen Euro wollen die Insolvenzverwalter von Middelhoff und anderen Arcandor-Managern zurück, weil sie an der Konzernspitze „verantwortungslose Entscheidungen“ getroffen hätten. Middelhoff kontert auf seine Art: Er verklagt die Insolvenzverwalter auf 120 Millionen Schadenersatz wegen Rufmords.