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Die Umsätze bei McDonald's gehen zurück.
© dpa

Nach 60 Jahren Image-Probleme: Wie McDonald's sich ändern will

Vor 60 Jahren hat McDonald’s in den USA seine erste Filiale eröffnet. Heute steckt der Konzern in der Krise, Industrie-Fastfood kommt bei den Kunden nicht mehr gut an. Wie McDonald's sich ändern will.

Zum 60. Firmenjubiläum wirbt McDonald’s mit dem weltberühmten Clown Oleg Popov. Der ist inzwischen 84 Jahre alt und zeigt sich in einem eigens produzierten Kinoclip Seite an Seite mit dem Maskottchen des US-Konzerns, Ronald McDonald. Ihre Botschaft: „Wer andere Menschen glücklich macht, wird niemals alt.“ Der Werbefilm ist ein nostalgischen Rückblick auf goldene Zeiten. Der dürfte auch den Managern in der Unternehmenszentrale lieber sein als die Aussicht in eine unsichere Zukunft.

Zum runden Geburtstag steckt der Konzern in der Sinnkrise. McDonald’s hat ein massives Imageproblem und verzeichnete zuletzt rückläufige Umsätze. Da darf man dem Jubilar aus der Generation der Babyboomer durchaus die Frage stellen: Ist die Rente, pardon: Rendite, in Gefahr? Oder: Macht McDonald’s noch glücklich genug, um nicht alt auszusehen?

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McDonald's betreibt heute 36.300 Filialen

Vor 60 Jahren eröffnete der Unternehmer Ray Kroc im amerikanischen Des Plaines das erste Restaurant unter dem „M“. Heute umfasst der Konzern rund 36 300 Filialen in 119 Ländern. Täglich haben im vergangenen Jahr im Schnitt zwei neue Filialen auf einem der fünf Kontinente eröffnet. Weltweit über 420 000 Mitarbeiter erwirtschafteten 2014 einen Umsatz von 27,4 Milliarden Dollar, von denen unterm Strich 4,8 Milliarden Dollar blieben. Doch die Idee – billige Burger, immer gleich, überall – entspricht nicht mehr dem Zeitgeist.

Im Vergleich zum Vorjahr sank der Erlös um eine halbe Milliarde Dollar. In den Kernmärkten Nordamerika und Europa bleiben die Kunden weg, hier ging der Umsatz am stärksten zurück. In den USA demonstrierten Mitarbeiter im März mit Erfolg gegen Niedriglöhne und schlechte Arbeitsbedingungen. In China ruinierte jüngst ein Gammelfleischskandal das Geschäft. Und auf dem russischen Markt trübt politischer Druck das Burgerglück – immerhin steht McDonald’s nicht bloß für Fastfood sondern für westlich-kapitalistischen Heißhunger. Unlängst hatten dort zwei bekannte russische Regisseure, die Brüder Nikita Michalkow-Kontschalowski und Andrej Kontschalowski, angekündigt, eine heimische Fastfoodkette als Konkurrenz zum US-Konzern gründen zu wollen. Russland sei die Burger aus Amerika leid, hieß es.

Auch in Deutschland sind die Zahlen schlecht

Auch in Deutschland kriselt es. Nachdem im Rekordjahr 2011 noch über eine Milliarde Gäste die deutschen Restaurants besuchten, gehen die Zahlen seitdem rapide zurück. Ausgerechnet bei McDonald’s wesentlicher Zielgruppe – Menschen unter 30 – kommen Big Macs nicht mehr an. Sie essen heute vermehrt „bewusst“, bio, regional, fleischlos. Dabei ist nicht das Gericht ist das Problem. Der Burger boomt – doch immer mehr kleine Szenelokale laufen McDonald’s den Rang ab. Niklas Reinecke, Analyst beim Handelsforschungsunternehmen Planet Retail, fasst zusammen: „McDonald’s kämpft mit zwei Faktoren: einer neuen Wettbewerbssituation und verändertem Konsumentenverhalten.“

Mit der Misere steht McDonald’s nicht alleine da. „Wir beobachten einen ganz starken Trend weg von Industrie-Fastfood hin zu Streetfood, also Snacks von kleineren Anbietern mit mehr regionalen Zutaten“, erklärt Elisabeth Meyer- Renschhausen, Kultursoziologin an der FU Berlin. Auch Konkurrenten wie Burger King verzeichnen Rückgänge. Gleichzeitig locken neue Ketten mit innovativen, oft gesünderen Angeboten oder aber billigere Anbieter die Kunden aus den McDonald’s-Filialen. Eine Umfrage unter deutschen Konsumenten von 2014 ergab, dass auch McDonald’s-Kunden Wert auf gutes Essen legen, allerdings weniger dafür ausgeben wollen, als die Masse der Bevölkerung.

Der Konzern hat das Problem erkannt und ist sichtlich bemüht, mit dem Trend zu gehen. McDonald’s hat sein Corporate Design verändert, das McCafé eingeführt und serviert heute neben Pommes auch Salat. Doch zeigte die Strategie in den letzten Jahren offensichtlich nicht den gewünschten Erfolg. Nun musste der erst seit 2012 amtierende Unternehmenschef Don Thompson gehen, seit 1. März 2015 versucht es nun Steve Easterbrook – mit neuen Edel-Burgern, besseren Zutaten und höherem Preis. Ob das hilft, lässt sich noch nicht sagen. Doch dass etwas passieren muss, zeigen die aktuellen Zahlen deutlich.

Innovationen wie ein Lieferservice sollen helfen

Auch in Deutschland soll Qualität die Marke erneuern. Im März eröffnete der hiesige Vorstandschef Holger Beeck ein neues „Flagship-Restaurant“ am Frankfurter Flughafen, das die Innovationen vereint. Kunden können künftig an Terminals ordern und sich am Tisch bedienen lassen, McDonald’s bietet einen neuen Lieferservice, und ein neues Bestellsystem erfasst Sonderwünsche aller Art. Zwiebeln raus, Gurke rein – der Kunde von heute ist noch mehr König. Beeck spricht von einem „Paradigmenwechsel“ und postuliert: „Wir wollen wieder das Lebensgefühl der Junggebliebenen jeden Alters bestimmen.“ Wer junge Kunden heute glücklich machen wolle, müsse individueller denken. Und grüner: Der Konzern verkauft in Deutschland jetzt Burger von regionalem Rind, bald soll es auch einen neuen Veggie-Burger geben. Dass das Futter für die Masttiere aus Kostengründen künftig wieder genmanipuliert ist, passt da nicht ins Bild – und offenbart das Dilemma. Qualität hat ihren Preis und mit dem will man nicht allzu sehr experimentieren.

„McDonald’s hat schon einiges an Veränderungen angestoßen, das zeigt auch die Farbwahl: weg vom Klassik-Rot hin zu Grün“, meint Analyst Reinecke. „Doch in Sachen Wandel ist McDonald’s sicher noch nicht so weit, wie es gern wäre.“ Der Multi als Individualist mit grünem Anstrich – ist das zukunftsweisend? „Vielleicht muss man im Konzern langsam akzeptieren, dass der Zenit überschritten ist“, sagt Reinecke. McDonald’s müsse Stammkunden mit einem Faible für das Billige halten und trotzdem neue Gäste hinzugewinnen. „Sollte der Konzern diesen Spagat nicht hinbekommen, muss McDonald’s den Umschwung vom reinen Wachstums-Modell hin zu Konsolidierung durchdenken.“ Die Anleger jedenfalls scheinen der Innovationsstrategie zu vertrauen, die Aktie bleibt gefragt. Auch hier ist der Kunde König: Seit 38 Jahren schüttet das Unternehmen jedes Jahr höhere Dividenden aus. Die Börse zumindest macht Masse noch glücklich.

Lea Frehse

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