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Eine Blüte der Spanischen Minze liefert einer Honigbiene Nektar.
© imago/M.Zettler

Bienenschutz: Wie Hobbygärtner die Bienen retten

Verbraucher kaufen insektenfreundliche Pflanzen, viele wollen Imker werden. Kann das die Bienen retten?

Salvia farinacea ist eine Salbeipflanze, sie blüht in intensiven Blautönen vom Frühsommer bis zum ersten Frost. Sie verkauft sich sehr gut als Pflanze für das Beet oder den Balkon, aber nicht nur, weil sie hübsch aussieht – sie gilt als besonders insektenfreundlich. Und dass eine Pflanze Bienen und andere Insekten ernähren kann, wird Hobbygärtnern immer wichtiger. „Die Kunden fragen bei uns in der Gärtnerei direkt danach“, sagt Olaf Beier.

Beier betreibt in Siek, nordöstlich von Hamburg, eine Landschaftsgärtnerei. Er ist zudem Vorsitzender des Bundesverbands Einzelhandelsgärtner. Am Dienstag meldete der Verband, der kalte Frühlingsbeginn sei nicht gut fürs Geschäft gewesen, mit den wärmeren Temperaturen nach Ostern sei der Absatz aber deutlich gestiegen. Und besonders hoch sei die Nachfrage nach Insektenpflanzen. „Das ist erst dieses Jahr ein wirkliches Thema“, sagt Beier.

Im vergangenen Jahr ging das massenhafte Insektensterben durch die Medien; wie gefährdet Honigbienen sind, sorgt schon länger für Aufregung. Und auch den Kunden in der Gärtnerei gehe es vor allem um Bienen. „Bienen sind Sympathieträger“, sagt Beier. Die Westliche Honigbiene – Apis mellifera – holt sich Nektar und Pollen aus Blütenpflanzen, das gilt aber genauso für Hummeln, Wildbienen, Schwebfliegen und Schmetterlinge. Und für die Hobbygärtner, sagt Beier, müssten die Pflanzen auch gut aussehen. Sie kaufen also den blau blühenden Salbei, aber auch Vanilleblumen, Goldmarie und Schopf-Lavendel. „Und Snow Princess“, sagt Beier, „eine Balkonpflanze mit vielen weißen Blüten, die nach Honig duftet.“ Weniger hilfreich seien gefüllte dekorative Blüten wie Begonien, Geranien oder Petunien.

Bienen sind "systemrelevant"

Wie sehr Bienen und andere bestäubende Insekten gefährdet sind, ist in der Bundespolitik und auf EU-Ebene zunehmend präsent. In ihrer Antrittsrede als Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft bezeichnete Julia Klöckner (CDU) Bienen als „systemrelevant“. Bei der EU-Abstimmung votierte Klöckner für ein Freilandverbot von Pflanzenschutzmitteln mit drei Neonicotinoiden, die das Nervensystem von Bienen angreifen sollen.
Vor einer Woche legte die neue Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) dem Kabinett die Eckpunkte ihres „Aktionsprogramms Insektenschutz“ vor. Das Verbot der drei Neonicotinoide sei nur ein Baustein für einen besseren Insektenschutz, kündigte Schulze gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland an.

Während die Politik versucht, zu regulieren, wollen viele Menschen persönlich etwas beitragen zum Schutz der Bienen. Manche von ihnen kommen auf die Idee, selber Bienenvölker zu halten und sich als Imker zu versuchen. Gerade in großen Städten wie Berlin ist das schon seit einigen Jahren ein Trend. „Die Lawine ebbt nicht ab“, sagt Andreas Schwiede, es gebe nach wie vor sehr viele Neuimker. Schwiede ist beim Imkerverband Berlin Obmann für Bienengesundheit. Und teilweise sieht er die Begeisterung kritisch. „Man rettet nicht zwangsläufig Bienen“, sagt Schwiede zu der Hobbyimkerei. Denn um Bienenvölker zu halten, braucht man genügend theoretisches und praktisches Wissen. Nicht genug zu wissen über die Bienen könne sogar schädlich sein. „Wenn man nichts gegen eine Bienenseuche tut, kann sie das Volk hinraffen und auch für andere Völker gefährlich werden“, erklärt Schwiede. Zu den Bienenseuchen gehört zum Beispiel die amerikanische Faulbrut; gefährlich, gerade während des Winters, ist auch die Milbe Varroa destructor.

Bienen sind nicht gut durch den Winter gekommen

Und wie sind die Berliner Bienen durch den Winter gekommen? „Tendenziell schlecht“, sagt Schwiede. Der Winter sei lange zu warm gewesen, deswegen seien einige Bienen rausgeflogen, obwohl es kein Futter gab. Durch den Wärmereiz seien sie auch in die Brut gegangen, die dann aber nicht ausreichend mit eiweißreicher Nahrung habe versorgt werden können. „Die Bienen müssen auch das Brutnest warmhalten, bei etwa 35 Grad“, sagt Schwiede. Wenn es dann wieder kalt wird, verbrauchen sie zu viel Energie. „Wenn der Imker nicht genug einfüttert, verhungern die Bienen“, sagt der Fachmann. Wer etwas für Bienen – und Hummeln und Wildbienen – tun wolle, könne bienenfreundliche Pflanzen anbauen. Wildbienen brauchen außerdem Lebensräume. „In meinem Garten lebt die Blauschwarze Holzbiene in einem abgestorbenen Baum“, erzählt Schwiede. Um die Bienen und die anderen Bestäuber zu schützen, müsse eine andere Agrarpolitik gemacht werden. Aufgrund der Monokulturen und dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gehe es den Bienen in der Stadt mittlerweile besser als auf dem Land.

Ohne Bestäubung wächst nur wenig

Nicht nur Neonicotinoide schaden Bienen und anderen Insekten, auch das Pestizid Glyphosat ist heftig in die Kritik geraten. Der Industrieverband Agrar (IVA) meldete am Dienstag, dass der Absatz von Glyphosat seit 2012 um 43 Prozent gesunken ist. Insgesamt sei das Geschäft der Agrarchemiebranche seit ein paar Jahren rückläufig. Den industriell hergestellten Mineraldünger und die Pestizide und Herbizide fragen vor allem Landwirte nach. Dem IVA zufolge ist der Erlös der Pflanzenschutzindustrie 2017 das dritte Jahr in Folge geschrumpft – auf zuletzt 1,38 Milliarden Euro. Verbandspräsident Helmut Schramm sagte, die Nachfrage hänge von Witterung, Schädlingsbefall und den Preisen ab. Was ist mit dem Insektenschutz? „Auch in Folge der öffentlichen Diskussion wird mit Pflanzenschutzmitteln viel sorgsamer umgegangen“, sagte Martin May, IVA-Geschäftsführer für Pflanzenschutz, auf Anfrage.

Die Bauern selber wissen, wie wichtig die Bienen für sie sind. „Bauern sind essentiell auf die Bestäubungsleistung von Bienen und Insekten angewiesen“, sagt Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands. Die Landwirte seien bestrebt, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu verringern und diese umweltschonender auszubringen. Durch die Bestäubungsleistung haben Bienen eine große wirtschaftliche Bedeutung, sie gelten als das wichtigste Nutztier nach Rind und Schwein. Mehr als drei Viertel der Hauptnahrungspflanzen sind von der Bestäubung abhängig.

Alexandra Duong

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