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Geld nach Balkonien. Konzerne machen Geschäfte mit Wohnimmobilien. An diesen Firmen kann man sich beteiligen.
© Jan Woitas / dpa

Niedrige Zinsen, knapper Wohnraum: Wie Anleger vom Immobilienboom profitieren können

Immobilien sind in Großstädten so begehrt wie nie. Nicht nur für Konzerne ist das ein lukratives Geschäft. Verbraucherschützer warnen aber davor, alles auf eine Karte zu setzen.

Niedrige Zinsen, steigende Mieten, knapper Wohnraum: Immobilien sind in deutschen Großstädten derzeit so begehrt wie nie. Für Konzerne, die die Immobilien im großen Stil kaufen und vermieten, ist das ein lukratives Geschäft. Auch Privatanleger können an dem Boom teilhaben – und zwar ohne gleich selbst eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen. Sie haben die Wahl zwischen Immobilienaktien oder -fonds. Allerdings warnen Verbraucherschützer davor, alles auf eine Karte zu setzen.

IMMOBILIENAKTIEN

Wer in den letzten Jahren Aktien großer Immobilienkonzerne gekauft hat, hat daran gut verdient. So hat sich der Wert der 18 deutschen Immobilien-Aktiengesellschaften im „Real Estate Kursindex“ der Commerzbank in den vergangenen fünf Jahren nahezu verdoppelt.

Dass es den Konzernen so gut geht, hängt mit der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zusammen: Sie hält die Zinsen niedrig, was Immobilienkredite günstig macht. Die Konzerne können sich deshalb leichter verschulden, um neue Mietwohnungen, Bürogebäude oder Einkaufszentren zu kaufen. Gleichzeitig steigen die Immobilienpreise, wovon die Konzerne profitieren, weil der Wert ihrer Wohnkomplexe steigt. Und dann kommt auch noch hinzu, dass in Ballungszentren wie Berlin die Wohnungen knapp werden, was die Mieten steigen lässt und den Immobilienfirmen höhere Einnahmen beschert. Die Konzerne wollen das nutzen, um zu wachsen. Deshalb gibt es derzeit viele Fusionen und Übernahmeversuche in der Branche – was die Aktienkurse weiter nach oben treibt.

So wollte die Deutsche Wohnen zum Beispiel kürzlich den Konkurrenten LEG übernehmen. Stattdessen könnte sie nun aber selbst von Vonovia (früher Deutsche Annington) gekauft werden. Beide Unternehmen sind in der Vergangenheit bereits durch Übernahmen gewachsen: Vonovia hat die Gagfah geschluckt, die Deutsche Wohnen die GSW.

Auch aufgrund dieser Fusionswelle sind Immobilienaktien derzeit beliebt. Vor allem ausländische Anleger kaufen zu. Sie sehen darin ein Investment in einen „dreifach sicheren Hafen: Deutschland, Immobilie, Wohnen“, sagt Peter Barkow, Verfasser der jährlichen Studie über Immobilien-Aktiengesellschaften vom Zentralen Immobilien Ausschuss. Steigende Mieten und niedrige Zinsen hätten den „Cash-flow“ der Immobilienaktien aufgebessert, sagt Barkow.

Davon profitieren vor allem die Aktiengesellschaften, die in Wohnimmobilien investieren: In erster Linie sind das Vonovia, Deutsche Wohnen und LEG, in Teilen aber auch Patrizia und TAG. Die letzten beiden haben zusätzlich auch Gewerbeimmobilien in ihren Portfolios. Bürohäuser waren lange Jahre das Hauptinvestment von Immobilien-Aktiengesellschaften. Den Boom ausgelöst hat aber der Wohnungssektor. Mittlerweile vereinen die Wohnungs-AGs heute rund drei Viertel des Immobilienvermögens aller deutschen Immobilien-AGs auf sich.

Doch ist jetzt noch der richtige Zeitpunkt, um als Anleger einzusteigen? Aus Sicht der Privatbank Ellwanger & Geiger sind die Wohnimmobilienaktien nach diesem steilen Aufstieg „hoch bewertet“. Fondsmanager Helmut Kurz ist trotzdem noch „vorsichtig optimistisch“ – jedenfalls so lange die Zinsen niedrig bleiben und die Wirtschaft moderat wächst: „Gefährlich wird es erst, wenn die Erträge sinken“, zum Beispiel weil die Mieten sinken oder die Kosten durch höhere Zinsen steigen. Noch bieten die ImmobilienAktiengesellschaften Dividendenrenditen von „rund vier Prozent“ – auch das bilde einen Anreiz für Anleger.

Allerdings: Verbraucherschützer raten vom Erwerb einzelner Aktien aufgrund des zu hohen Risikos ab. Kleinanleger sollten eher zu Fonds greifen, die die Gelder gleich in verschiedene Immobilienaktien stecken. Angeboten werden dabei sowohl aktiv gemanagte Immobilienaktienfonds und passive Indexfonds. Bei einem aktiven Fonds entscheidet ein Fondsmanager darüber, in welche Aktien das Geld der Anleger fließt. Ein Indexfonds bildet dagegen einen Branchenindex – in diesem Fall für den Immobiliensektor – ab. Auch wenn Banken gerne aktiv gemanagte Fonds verkaufen, sind Indexfonds in der Regel günstiger. Laut einer Studie der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) können Anleger mit Immobilienaktien langfristig „eine höhere Rendite erzielen als mit offenen Immobilienfonds“. Dafür müssen sie aber mit stärkeren Schwankungen leben.

OFFENE IMMOBILIENFONDS

Offene Immobilienfonds sammeln Gelder bei Anlegern ein, um damit Gebäudekomplexe zu kaufen, die sie dann vermieten. In der Regel investieren sie in Gewerbeimmobilien: Büros, Hotels, Industriehallen. Dass das nicht ganz unriskant ist, hat sich in der Finanzkrise 2008 gezeigt. Damals sind etliche Fonds in Schwierigkeiten geraten: Zu viele Anleger wollten sich plötzlich von ihren  Fondsanteilen trennen und die Anbieter konnten ihre Immobilien nicht schnell genug verkaufen, um sie auszubezahlen. In der Folge wurden etliche Fonds erst geschlossen, später komplett abgewickelt.

Um so etwas in Zukunft zu verhindern, gibt es mittlerweile strengere Vorgaben für Immobilienfonds. So dürfen die Anbieter sich nicht übermäßig verschulden. Außerdem müssen Anleger ihre Fondsanteile nun mindestens zwei Jahre lang halten und können sich nur mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr von ihnen trennen. Was einer erneuten Krise vorbeugen soll, macht die Fonds aus Anlegersicht allerdings auch weniger flexibel.

„Offene Immobilienfonds sind eine Langfristanlage“, sagt deshalb Yann Stoffel von der Stiftung Warentest. Für Verbraucher, die jederzeit auf ihr Geld zugreifen wollen, sind die Fonds nicht geeignet. Auch empfehlen Verbraucherschützer, sie allenfalls als Beimischung zu nutzen und auf keinen Fall mehr als zehn Prozent des Vermögens in diese Anlageprodukte zu investieren.

Wer einen Immobilienfonds aussucht, sollte neben der Rendite einen Blick auf die Investitionsquote werfen. Die gibt an, wie viel des eingesammelten Kapitals der Fonds tatsächlich in Immobilien investiert. Denn viele Anbieter stecken einen Teil des Geldes auch in kurzfristige Anlagen wie Anleihen. Weil die derzeit jedoch kaum etwas abwerfen, rät die Stiftung Warentest, bei der Wahl des Immobilienfonds auf eine hohe Investitionsquote zu achten.

GESCHLOSSENE FONDS

Alternativ zu offenen werben Anbieter immer wieder für geschlossene Immobilienfonds als „krisensichere Anlage mit Inflationsschutz“. Von denen raten Verbraucherschützer jedoch ab. Anders als offene Fonds, die in eine Vielzahl von Immobilien investieren, konzentrieren sich geschlossene Fonds meist auf ein paar wenige Objekte wie einzelne Hotels oder Einkaufszentren. Das macht die Anlage riskant.

Als geschlossen bezeichnet man diese Fonds, weil die Anlagesumme gedeckelt wird. Es kann sich also nur eine begrenzte Zahl an Anlegern an ihnen beteiligen. Ist das festgelegte Volumen erreicht, wird der Fonds geschlossen – neue Anleger werden dann nicht mehr aufgenommen. Der Nachteil: Viele geschlossene Immobilienfonds verlangen hohe Mindestanlagesummen und haben Laufzeiten von zehn Jahren oder mehr. Riskant sind sie aber noch aus einem anderen Grund: Anleger, die Anteile eines geschlossenen Fonds kaufen, werden damit automatisch Miteigentümer der Immobilien – und tragen daher auch die finanziellen Risiken. Im schlimmsten Fall kann nicht nur ihr eingezahltes Geld komplett weg sein, sondern sie müssen auch noch für Verluste des Fonds aufkommen.

REAL ESTATE INVESTMENT TRUSTS

Eine für deutsche Verbraucher noch vergleichsweise unbekannte Möglichkeit in Immobilien zu investieren, sind sogenannte Real Estate Investment Trusts (REITs). Diese Kapitalgesellschaften arbeiten ähnlich wie offene Immobilienfonds, spezialisieren sich aber in der Regel stärker. Anders als Fonds, die Immobilien langfristig halten und vermieten, kaufen und verkaufen REITs Objekte eher. „Ihre Entwicklung hängt daher stärker vom Markt ab, als das bei offenen Immobilienfonds der Fall ist“, sagt Verbraucherschützer Stoffel. Geben die Preise für Immobilien nach, wirkt sich das schnell auf die Erträge der REITs aus. Immobilienfonds können einen Preisrückgang dagegen etwas abfedern, da sie langfristige Verträge mit ihren Mietern abgeschlossen haben. Hinzu kommt, dass REITs an der Börse gehandelt werden und ihre Kurse von der Entwicklung des Aktienmarktes abhängen.

Um das Risiko zu streuen, können Anleger in Fonds investieren, die die Gelder wiederum in diverse REITs stecken. Dabei gibt es REITs für spezielle Regionen, aber auch solche, die weltweit investieren. Wer auf Auslandsmärkte setzt, muss allerdings an Währungsrisiken denken: Fällt zum Beispiel bei einer Anlage in den USA der Dollar im Vergleich zum Euro, kann das Verluste bedeuten – auch wenn die Aktienkurse an sich steigen. Deshalb raten Verbraucherschützer, auch diese Produkte nur als Beimischung zu nutzen – also nicht zu viel Geld zu investieren.

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