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Flugangebote: Wenn billig teuer wird

Erst klingen sie so verlockend: die Billigflieger-Schnäppchen. Versteckte Zusatzkosten treiben den Preis aber in die Höhe.

Die Billigflieger haben Konjunktur. Die Geschäfte laufen gut. So gut, dass Ryanair jüngst verkündete, seine Basis in Berlin auszubauen. A und O des Erfolgs: die niedrigen Preise der Low-cost-carrier. Von Berlin nach Rom für 20 Euro, nach London nur für zehn – Fliegen im Februar kann so günstig sein. Aber Vorsicht: Soll es ein Platz am Fenster sein, wird mit Kreditkarte bezahlt oder reist man mit einem größeren Koffer an? Dann wird aus dem Billig- schnell ein Teuerflug. Der Fluggast-Entschädigungsdienstleister refund.me hat die Gebühren von verschiedenen Fluggesellschaften ausgerechnet und miteinander verglichen.

GEPÄCK

In der Regel können Passagiere ein Handgepäckstück kostenlos mitnehmen. Allerdings sind Größe und Gewicht begrenzt: Bei Air Berlin und Eurowings müssen die Maße von 55x40x23 Zentimeter und ein Maximalgewicht von acht Kilogramm eingehalten werden. Ryanair und die spanische Billigfluglinie Vueling erlauben zehn Kilo, bei Easyjet gibt es hier keine Vorgabe. Möchten Kunden aber mehr Gepäck als den kleinen Trolley mitnehmen, zahlen sie drauf: Bei Vueling kostet ein aufgegebenes Gepäckstück im Schnitt 21 Euro und darf maximal 23 Kilo schwer sein; bei Air Berlin sind es 35 Euro. Eurowings nimmt 15 Euro bei einer Onlinebuchung und 30 Euro am Flughafen. Bei Easyjet beträgt die Extrasumme 16 Euro, bei Ryanair sind es 25 Euro. Die beiden Gesellschaften haben ein Höchstgewicht von 20 Kilo festgelegt.

Das Vergleichsportal Check24.de rät Reisenden dazu, die Koffer im Voraus und nicht erst am Flughafen anzumelden. Das könnte um ein Achtfaches teurer werden. Verbraucher sollten außerdem Angebote miteinander vergleichen und einen Gepäckgebühren-Rechner nutzen: Obwohl Urlauber für die Aufgabe von Gepäck teilweise hohe Extragebühren zahlen müssen, kann die Einzelbuchung der Leistungen in einigen Fällen günstiger sein als ein besonderer Tarif inklusive Freigepäck.

ÜBERGEWICHT

Ist der Koffer beim Check-in plötzlich schwerer als gedacht, kommen weitere Gebühren hinzu: Easyjet nimmt pro zusätzlichem Kilo vier Euro, Ryanair zehn, Vueling zwölf. Kunden von Air Berlin und Eurowings müssen mit einem Pauschalbetrag von 50 Euro rechnen, egal wie schwer die Koffer sind. Das Gewicht darf 32 Kilo aber nicht überschreiten.

Nimmt eine dreiköpfige Familie, mit der refund.me die Zusatzkosten fiktiv veranschaulicht, drei Koffer mit – 15, 21 und 28 Kilo schwer –, beträgt die zusätzliche Gebühr allein wegen des Gepäcks bei Eurowings 80 Euro, bei Easyjet 84, bei Air Berlin und Ryanair 155 Euro und bei Vueling 159 Euro. Was refund.me außerdem berechnet hat, sind die Kosten für Sperrgepäck. Pro Snowboard oder Skier berechnet Ryanair 40 Euro, Vueling 45 Euro, Easyjet 49 Euro und Air Berlin 50 Euro. Eurowings nimmt keinen Aufschlag. Die Ausrüstung muss aber leichter als 30 Kilo sein.

SITZPLATZ

Möchte ein Paar nebeneinandersitzen oder braucht jemand mehr Beinfreiheit, können sich Kunden bei der Buchung spezielle Plätze aussuchen. Eine Reservierung kostet bei Easyjet 2,99 Euro und Ryanair 5,99 Euro. Eurowings erhebt eine Gebühr von acht Euro. Vueling verlangt 11,97 Euro und Air Berlin 13 Euro. Was kostet, ist in vielen Fällen auch das Menü an Board.

Ryanair hatte außerdem mal über eine Toilettengebühr nachgedacht. Und 2009 gefordert: „Dicke Menschen sollen mehr bezahlen.“ Wie hoch die Gebühr ausfalle, sei vom Body-Mass-Index abhängig. Umgesetzt wurde die Idee nicht. Wohl auch deswegen, weil Ryanair-Chef Michael O'Leary eingeräumt hatte, seiner Billig-Fluglinie mit nicht ganz ernst gemeinten Vorschlägen zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen. Vorstöße wie Stehplätze in Flugzeugen oder Gebühren für die Toiletten-Benutzung seien "großartige PR" gewesen, sagte O'Leary in einem Zeitungsinterview.

BEZAHLEN

In vielen Fällen zahlen Flugreisende ihr Ticket mit der Kreditkarte, wodurch sich meist weitere Kosten ergeben. Manche Fluggesellschaften berechnen eine Pauschale, andere erheben die Gebühr prozentual zur Höhe der Preise. Bei Air Berlin beträgt die Zusatzgebühr zehn Euro. Bei Easyjet, Ryanair und Eurowings sind es jeweils zwei Prozent vom Ticketpreis, bei Vueling drei Prozent. Verbraucherschützer fordern, dass mindestens eine gängige Bezahlform gebührenfrei ist. Verbraucher sollten sich bei ihrer Bank informieren, welche Höhe wirklich angemessen ist.

ÄNDERUNGEN

Bei einem beruflichen Termin oder einem persönlichen Notfall können sich die Reisepläne kurzfristig ändern. Die meisten Airlines bieten ihren Kunden in dem Fall eine Umbuchung an. Allerdings nur eingeschränkt: Bei Vueling ist eine Umbuchung bis zu zwei Stunden vor Abflug möglich und kostet 45 Euro. Bei Easyjet können Kunden bis zu 59 Tage vor Abreise ihren Flug ändern und zahlen dafür 65 Euro. Eurowings erlaubt für den gleichen Betrag die Änderung des Datums bis 30 Minuten vor Abflug. Ryanair erlaubt die Änderung der Flugdaten nur in der Nebensaison vom 5. Januar bis 19. März. Bei Air Berlin ist keine Umbuchung möglich.

Noch teurer ist eine Namensänderung bei den Fluggesellschaften. Diese Zusatzleistung bietet Air Berlin am gleichen Tag kostenlos an. Danach ist eine neue Buchung notwendig. Bei Vueling kostet sie 50 Euro und ist nur am Flughafen, nicht online möglich. Der spanische Billigflieger bietet seit Kurzem allerdings ein Ticket für Fluggäste an, die noch nicht wissen, wer die Mitreisenden sein werden. Bei der Option „Pending Passenger“ hat der Kunde 72 Stunden Zeit, um die Angaben seines Begleiters oder seiner Begleiterin einzutragen. Passiert das nicht, muss er alleine reisen und bleibt auf den Kosten der weiteren Tickets sitzen. Der Service wird für den Kauf von bis zu neun Tickets angeboten und kostet zwei Euro extra pro Mitreisendem. So kann ein Fluggast einen Überraschungstrip für seinen Partner buchen – und einen Freund mitnehmen, falls das Geschenk ausgeschlagen wird, erklärt die Airline. Easyjet und Eurowings verlangen für eine Namensänderung 65 Euro, Ryanair nimmt 110 Euro.

DIE BILANZ

Bei der fiktiven Familie Bergmann, die refund.me als Beispiel nennt, würden die Gesamtkosten letztlich so aussehen: Bei Air Berlin würden sie 354 Euro mehr zahlen, als das Schnäppchenangebot anfangs versprach. Wobei nicht alle Services möglich waren. Bei Eurowings betragen die Kosten für sämtliche Zusatzleistungen 367,60 Euro, bei Ryanair 495,57 Euro und bei Vueling 496,37 Euro. Easyjet würde in Summe 503,57 Euro verlangen. Damit wäre Eurowings die günstigste und Easyjet die teuerste Airline.

WAS KUNDEN TUN KÖNNEN

Für Verbraucherschützer sind die Extrakosten bei Billigfliegern schon lange ein Thema. „Wir sind immer noch dabei, diesen Dschungel zu lichten“, sagt Eva Klaar von der Verbraucherzentrale Berlin. Schon zu Anfang der Buchung müssten Kunden wissen, dass Zusatzkosten auf sie zukommen könnten. „Die Angebote sind sonst irreführende Werbung“, sagt Klaar.

Oft seien die Verbraucher wegen der Gepäckkosten irritiert oder wegen Servicegebühren, die Flugvermittler im Nachhinein vom Konto abbuchen würden. Sie empfiehlt, am Ende der Buchung einen Screenshot zu machen, um vorzuweisen, welchen Endbetrag man bestätigt habe. Außerdem sollten Kunden die Preisanpassungen im Auge behalten, da die Ticketpreise manchmal noch während der Buchung geändert würden.

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