Von Facebook bis VW: Welche Unternehmen noch wie lang Homeoffice planen
Eines Umfrage des Tagesspiegels zeigt: Viele große Unternehmen sehen noch kein Ende der Homeoffice-Zeit. Doch die Vorbereitungen dafür laufen.
Auf den Gängen in den beiden Hochhäusern der Deutschen Bank ist es derzeit gespenstisch leer. Üblicherweise arbeiten hier rund 2500 Personen, derzeit sind es nur etwa 650. Die übrigen Mitarbeiter sind zuhause. Homeoffice ist auch in der Taunusanlage in Frankfurt am Main das Motto der Stunde.
„Derzeit arbeiten rund 60.000 unserer Mitarbeiter weltweit von zuhause aus“, sagt eine Sprecherin der Bank. Denn in der Coronakrise habe das Management angeordnet, „dass wo immer möglich, unsere Kolleginnen und Kollegen bevorzugt von zuhause aus arbeiten“.
Die Devise lautet auch jetzt noch: Wer auch auswärts effizient arbeiten kann und das weiterhin tun möchte, soll das so machen. Daran wird sich so bald auch nichts ändern. „Es gibt keinen Grund, zu schnell wieder ins Büro zurückzukehren“, teilt die Bank mit.
Mobiles Arbeiten ist Normalität
Damit steht die Deutsche Bank exemplarisch für viele Unternehmen. Das zeigt eine Umfrage des Tagesspiegels unter großen Arbeitgebern in Deutschland. Mit den Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus ist das mobile Arbeiten für viele Arbeitnehmer mit Bürojobs zur Normalität geworden. Trotz der jüngsten Lockerungen sind noch immer Zehntausende Arbeitnehmer nicht an ihre Schreibtische zurückgekehrt. Doch wie lange wird das so bleiben?
Eine genaue Antwort auf diese Frage geben nur wenige Arbeitgeber. Bei Siemens etwa heißt es, die Empfehlung zum Homeoffice gelte „bis auf Weiteres, wobei momentan Voraussetzungen für eine sukzessive Rückholung von Mitarbeitern geschaffen werden“.
Bei Volkswagen arbeiten derzeit knapp 30 Prozent aller Mitarbeiter von zuhause aus. Ob sich das ändert, „hängt von vielen Faktoren wie zum Beispiel Verlauf von Infektionszahlen, staatliche Maßnahmen, Öffnung von Schulen und Kitas“, teilt ein Sprecher mit.
Der Autobauer BMW gibt sich da offensiver. „Seit Anfang Mai sind wieder mindestens 30 Prozent der Mitarbeiter in den Büros physisch anwesend“, sagt ein Konzernsprecher. „In den kommenden Wochen wird stufenweise die Anwesenheitsquote im Betrieb weiter erhöht.“
Software-Unternehmen haben es leicht
Natürlich haben es Industrieunternehmen, bei denen ein Großteil der Arbeit an einen Ort gebunden ist, schwerer Homeoffice für viele ihrer Mitarbeiter umzusetzen als etwa Softwarefirmen. Doch auch hier besteht zumindest der eindeutige Wille, wieder in Büros zusammenzukommen. So kündigt etwa SAP an: „In Deutschland wollen wir aber ab Mitte Juni den Betrieb in den Büros schrittweise und behutsam wieder hochfahren.“
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Einen Schritt weiter geht Facebook und plant mit einem konkreten Datum. Hier hat Vorstandschef Mark Zuckerberg für den Konzern weltweit Homeoffice bis zum voraussichtlich 6. Juli empfohlen. Doch auch darüber hinaus darf jeder Mitarbeiter, der seiner Arbeit von zu Hause nachgehen kann, bis Ende des Jahres von zu Hause arbeiten.
Bei Twitter bleiben die Büros nach Unternehmensangaben noch bis September weitestgehend geschlossen. Und auch dann werde es nicht „auf einen Schlag sein wie davor“. Man werde vorsichtig Büro für Büro öffnen.
Unternehmensberatungen zu 90 Prozent mobil
Ohnehin betonen die meisten Arbeitgeber, dass Homeoffice bei ihnen längst zur Arbeitskultur gehört und auch weiterhin möglich sein wird. So gehört etwa bei Unternehmensberatungen das mobile Arbeiten zum Berufsalltag. Während des Shutdowns arbeiteten hier häufig 90 Prozent der Mitarbeiter zuhause.
So macht etwa EY seinen Mitarbeitern gar keine Angaben zum etwaigen Ende der Homeoffice-Zeit, auch bei Deloitte gilt Remote Working bis auf weiteres als die bevorzugte Lösung. Doch auch in dieser Branche wollen viele zurück an ihren Arbeitsplatz. Seit Mitte Mai ist das etwa bei KPMG wieder möglich. Rund 25 Prozent der Mitarbeiter sind dem Angebot gleich in den ersten Tagen gefolgt.
Millionen Arbeitsplätze zuhause
Tatsächlich hat das Arbeiten in den eigenen vier Wänden etliche Auswirkungen – nicht nur auf den Arbeitnehmer selbst. Nach Schätzungen der Unternehmensberatung Bain & Company in der „Welt am Sonntag“ könnten künftig 20 bis 30 Prozent der Büroarbeitsplätze in Deutschland überflüssig werden.
Demnach dürften in den nächsten fünf bis sieben Jahren zwischen drei und fünf Millionen Angestellte ihren Arbeitsplatz nach Hause verlegen. Die Coronakrise habe auch vielen Konzernlenkern vor Augen geführt, dass mobiles Arbeiten effektiv möglich ist. Zudem könnten Firmen darauf spekulieren auf diesem Wege Bürofläche und damit Mietkosten einzusparen.
Diese Rechnung zeigt bereits, dass Homeoffice auch eine Verlagerung von Kosten bedeutet – zu Lasten der Arbeitnehmer. Schließlich muss er die Strom- und Wasserkosten dort selbst tragen; auch die privat bezahlte Internetverbindung wird nun meist dienstlich genutzt.
50 Euro pro Monat für Homeoffice
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine haben deshalb in einem Schreiben an Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) Erstattungen für die Arbeit im Homeoffice vorgeschlagen. So sollen Arbeitgeber ihren Beschäftigten demnach rückwirkend seit März einen von der Einkommensteuer befreiten Betrag in Höhe von 50 Euro pro Monat gewähren. Alternativ sei auch ein Freibetrag von 50 Euro als Werbungskosten bei der Einkommensteuererklärung denkbar, falls der Arbeitnehmer kein Arbeitszimmer hat, das er von der Steuer absetzen kann.
Doch auch andere Branchen spüren die Auswirkungen des Homeoffice. Denn wer zuhause arbeitet, braucht weniger öffentliche Verkehrsmittel. Auch das Mittagessen im Restaurant mit Kollegen fällt derzeit häufig aus. Und so hängt an den Entscheidungen der großen Firmen mehr als ein neu Einzelnen.
Bei der Deutschen Bank heißt es, ein Fünftel der Mitarbeiter könne sich vorstellen, weiter vorzugsweise von zuhause aus zu arbeiten. Die anderen vier Fünftel brauchen wohl noch etwas Geduld, bevor sie wieder ins Büro zurückkehren dürfen.
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