Verbraucherreport 2021: Was Verbraucher am meisten ärgert
Nichts macht den Bundesbürgern mehr zu schaffen als Probleme mit dem Internet, zeigt eine repräsentative Umfrage der Verbraucherschützer.
Dass es auf dem Land schwierig werden kann, ins Internet zu kommen, ist bekannt. Doch auch in der Hauptstadt scheint es noch immer weiße Flecken zu geben. „Ich war gestern in Berlin-Mitte unterwegs und hatte keine Internetverbindung“, ärgert sich Deutschlands oberster Verbraucherschützer, Klaus Müller.
Einen Trost gibt es immerhin: Mit diesem Problem ist der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV) nicht allein. Schwierigkeiten mit dem Internet und allem, was dranhängt, machen 56 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher zu schaffen. Kein Thema beschäftigt die Bürger mehr als fehlendes oder langsames Netz, am Telefon untergeschobene Verträge oder Ärger mit Online-Käufen, zeigt der am Donnerstag vorgestellte Verbraucherreport.
Seit sechs Jahren lässt der VZBV Bürger zu verbraucherpolitischen Themen befragen, ergänzt werden die Antworten durch die Erfahrungen der Verbraucherzentralen aus ihrer Beratungspraxis. Auch hier liegt der Bereich Internet und Digitales vorn. Von den 260.000 Anfragen und Beschwerden, die im ersten Halbjahr bei den Verbraucherzentralen eingingen, entfielen ein Drittel auf den digitalen Bereich. Allerdings muss man wissen, dass die Befragungen im Juli und August durchgeführt wurden, als die steigenden Energiepreise noch kein so großes Thema waren. Möglicherweise sähen die Ergebnisse heute anders aus.
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Müller befürchtet, dass steigende Gaspreise und Heizkosten erst dann so richtig auf die Bundesbürger zukommen, wenn der Wunsch nach Wärme am größten ist: im Winter. Zwar hat sich der Gaspreis an den Spotmärkten bereits verdreifacht, doch wegen der langfristigen Einkaufspolitik vieler Versorger kommen die Erhöhungen bei den Kunden mit Verzögerung an.
Müller warnt: Im Winter wird es richtig teuer
„Im Dezember, Januar und Februar droht ein signifikanter Anstieg der Gaspreise“, warnt der Verbraucherschützer. Die Politik müsse sich wappnen und Menschen mit geringen Einkommen helfen: Das Wohngeld müsse erhöht, Strom- und Gassperren, die säumigen Zahlern drohen, müssten ausgesetzt werden, und Mieter und Vermieter sollten sich die Kosten der neuen CO2-Bepreisung teilen, fordert Müller. Derzeit trifft diese Belastung die Mieter allein.
Glaubt man dem Verbraucherreport, sind 83 Prozent der Verbraucher der Ansicht, dass die Politik durch klare Regeln und Standards den Klimaschutz vorantreiben muss. 77 Prozent sehen aber auch sich und ihre Konsumentscheidungen in der Pflicht, 72 Prozent meinen jedoch, dass steigende Preise durch die CO2-Steuer für einkommensschwache Verbraucher abgefedert werden müssten. Der VZBV-Chef geht darüber hinaus: Müller fordert, dass alle Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Verbraucher zurückgegeben werden. „Heute fließt das Geld eher nach Russland, Norwegen oder die arabischen Staaten“, sagt der Verbraucherschützer mit Blick auf die steigenden Energiepreise.
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Was sich Verbraucher von der neuen Regierung wünschen
Wichtigstes Thema für die Koalitionsverhandlungen ist nach Meinung der Verbraucher der Bereich Pflege und Gesundheit, gefolgt von Verbraucherbildung, Klimaschutz, der privaten Altersvorsorge und dem Schutz vor Kostenfallen bei Verträgen für Handy, Fitnessstudio oder Strom.
In der vergangenen Legislaturperiode hatte sich die große Koalition unter Mühen auf ein Gesetz für faire Verträge geeinigt, das unter anderem kurze Kündigungsfristen bei der automatischen Vertragsverlängerung festlegt und vorschreibt, dass am Telefon geschlossene Strom- und Gasverträge vom Verbraucher schriftlich bestätigt werden müssen, um wirksam zu werden.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte weitergehende Pläne nicht gegen die Union durchsetzen können. Nun hofft Müller auf die neue Regierung und eine Reform der Reform, die Verträge mit zweijähriger Laufzeit verbietet und für alle telefonisch angebahnten Abschlüsse die schriftliche Bestätigung durch die Kunden zur Pflicht macht.
Langsames Internet: Bald kommt Hilfe
Auch im Internetbereich hofft Müller auf Verbesserungen. Drei Millionen Menschen sind in Deutschland noch immer ohne Internetanschluss. Viele weitere Bundesbürger bezahlen für Leistungen, die ihnen zwar versprochen sind, die sie aber nicht erhalten.
Ab Dezember können Betroffene, deren Breitband weniger Geschwindigkeit bietet als vertraglich vereinbart, die Zahlungen an den Provider kürzen oder kündigen. Das Tool, um die Leistungen zu messen, gibt es gratis von der Bundesnetzagentur.
Für Müller ist das ein Fortschritt, doch der reicht ihm nicht: „Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass ihr Internet funktioniert“, sagt er. So wie eben auch der Strom aus der Steckdose oder das Wasser aus dem Hahn kommt.